Mann darf nicht Gleichstellungsbeauftragte sein

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Ein Mann als Gleichstellungsbeauftragte? Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein musste sich Ende 2017 genau mit dieser Frage beschäftigen und entschied: Gleichstellungsbeauftragte können in Schleswig-Holstein nur Frauen werden. Das LAG verwehrte einem männlichen Bewerber gleichzeitig auch eine Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG).

Die Gleichstellung der Geschlechter zu unterstützen, ist dem Gesetzgeber ein zentrales Anliegen und auch in unserem Grundgesetz in Art. 3 Abs. 2 GG geregelt. Wer im Berufsleben wegen seines Geschlechts (oder anderer Merkmale) diskriminiert wird, dem steht unter Umständen ein Schadenersatzanspruch aus § 15 AGG zu. Im vorliegenden Fall musste sich das LAG Schleswig-Holstein mit der Klage eines Mannes befassen, der mit einer Bewerbung als Gleichstellungsbeauftragte gescheitert war.

Strukturelle Benachteiligung von Frauen

Die Stelle war von einer Kommune ausgeschrieben worden. Der Mann hatte sich daraufhin mit folgender Motivation beworben: “Die Gleichstellung von Frau und Mann, Mann und Frau, Behinderten, Ausländern, Menschen mit Migrationshintergrund, ist mir eine Passion. Die Gleichstellungsarbeit, Projektarbeit und Öffentlichkeitsarbeit ist mir aus meiner ehrenamtlichen 6-jährigen Tätigkeit bei der Aids-Hilfe vertieft bekannt. Ich habe stark vertiefte Kenntnisse im Recht der Gleichstellung. Innerhalb der Wahlstation beim Arbeitsgericht habe ich die rechtlichen Fragen zur Gleichstellung vertieft bearbeitet.”

Die Kommune lehnte den Bewerber mit der Begründung ab, dass nur Frauen die Funktion einer Gleichstellungsbeauftragten im öffentlichen Dienst ausüben könnten. Dabei verwies man auf eine Auskunft des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Wissenschaft und Gleichstellung. Der Mann fühlte sich ungerecht behandelt und klagte zunächst vor dem Arbeitsgericht Lübeck auf eine Entschädigung in Höhe des dreifachen Monatsverdienstes wegen geschlechtsspezifischer Diskriminierung. Das ArbG wies die Klage in erster Instanz ab. Der Mann legte daraufhin Berufung ein und scheiterte auch in zweiter Instanz. Das LAG entschied, dass die Berufung unbegründet sei, weil das Arbeitsgericht die Klage zu Recht abgewiesen habe.

Das LAG urteilte, dass der Mann zwar im Sinne von § 7 Abs. 1 AGG wegen seines Geschlechts benachteiligt worden sei. Dies sei allerdings gesetzlich so vorgesehen und wäre nicht zu beanstanden. Zur Begründung führte das LAG aus: “Die Benachteiligung des Klägers wegen seines Geschlechts ist bereits deshalb nach § 8 I AGG zulässig, weil die gesetzliche Grundlage in Schleswig-Holstein für kommunale Gleichstellungsbeauftragte nur weibliche Gleichstellungsbeauftragte vorsieht. Das weibliche Geschlecht stellt daher eine zwingende berufliche Anforderung an die Tätigkeit der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten dar.” Der Mann hatte vor Gericht argumentiert, dass das weibliche Geschlecht keine wesentliche berufliche Anforderung für die Stelle einer Gleichstellungsbeauftragten sei. Das gesellschaftliche Rollenverständnis habe sich inzwischen geändert.

Kreisordnung sieht nur Gleichstellungsbeauftragte vor

§ 2 Abs. 3 S. 1 der Kreisordnung von Schleswig-Holstein lautet:

Zur Verwirklichung des Grundrechts der Gleichberechtigung von Mann und Frau haben die Kreise Gleichstellungsbeauftragte zu bestellen. Die Gleichstellungsbeauftragte ist vollzeitig und nur ausnahmsweise teilzeitig tätig, wenn und soweit die ordnungsgemäße Erledigung der anfallenden Gleichstellungsaufgaben eine Teilzeittätigkeit zulässt.

Dies hält das LAG auch für legitim. Zwar behandele § 2 III KrO-SH Männer und Frauen ungleich und verwehre Männern den Zugang zu dem öffentlichen Amt der Gleichstellungsbeauftragten. Dies sei aber durch das Gleichberechtigungsgebot des Art. 3 II GG legitimiert, “weil die Beschränkung des Zugangs zu der Position einer Gleichstellungsbeauftragten auf Frauen in verhältnismäßiger Weise darauf abzielt, die Situation der Frauen im öffentlichen Dienst mit Hilfe der Gleichstellungsbeauftragten so zu verbessern, dass künftig insbesondere auch bezogen auf höhere Vergütungs- und Besoldungsgruppen bzw. Führungspositionen die verfassungsrechtlich geforderte Chancengleichheit erreicht wird.” Dieser Gesetzeszweck komme auch in § 1 S. 2 Nr. 3 GstG-SH zum Ausdruck. Danach fördere das Gesetz die Gleichstellung der Frauen im öffentlichen Dienst insbesondere durch die gerechte Beteiligung von Frauen an allen Lohn-, Vergütungs- und Besoldungsgruppen sowie in Gremien.

Dies verstoße laut LAG aber nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot, da es der Beseitigung “nach wie vor vorhandener struktureller Nachteile von Frauen” diene. Hinzu käme, dass das weibliche Geschlecht für einen wesentlichen Teil der Tätigkeiten einer Gleichstellungsbeauftragten unverzichtbare Voraussetzung sei. Die Klage des Mannes hatte deswegen auch vor dem LAG keinen Erfolg.


Urteil: LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 02.11.2017, Az. 2 Sa 262 d/17
Fundstelle: https://www.lto.de/

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