Sperma vom falschen Spender – Schadensersatz

Das OLG Hamm hat einer Frau ein Schmerzensgeld von 7.500 € zugesprochen, weil bei einer ihrer zwei künstlichen Befruchtung das falsche Sperma verwendet wurde. Die Frau wollte bei beiden Befruchtungen denselben Vater, die Kinder waren aber nur Halbgeschwister.

Die im Münsterland in gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaft lebende Klägerin schloss bereits im Jahre 2006 mit einer Arztpraxis einen Behandlungsvertrag ab, der eine heterologische Insemination vorsah. Bei der heterologen Insemination stammt der Spendersamen von einem Dritten, also gerade nicht vom Ehemann oder Partner. Der Spender war der Frau unbekannt. Die künstliche Befruchtung hatte Erfolg. Im Jahr 2007 kam ihre erste Tochter auf die Welt, die ihre Lebenspartnerin als gemeinsames Kind annahm.

Kinder sind keine Vollgeschwister

Ende 2007 wandte sich die Klägerin erneut an die Beklagten und wünschte eine erneute heterologe Insemination zur Zeugung eines zweiten Kindes. Das zweite Kind sollte vom selben Vater abstammen. Die Frau wünschte sich explizit, dass ihre beiden Kinder „Vollgeschwister“ sein sollten. Aufgrund dieser heterologischen Insemination gebar die Klägerin im Januar 2009 einen gesunden Junge. Die Klägerin erkundigte sich im November 2010 bei den Beklagten nach dem Vater weil beide Kinder unterschiedliche Blutgruppen hatten. Die Frau erfuhr im August 2011, dass die beiden Kinder nicht von demselben Spender gezeugt worden waren. Entgegen ihres ausdrücklichen Wunsches.

Vor dem Landgericht verlangte die Frau, die sich inzwischen von ihrer Lebenspartnerin getrennt hatte, Schadensersatz und Schmerzensgeld. Die Nachricht, dass ihre Kinder keine Vollgeschwister seien, habe bei ihr eine körperlich-psychische Belastungssituation mit Erschöpfungszuständen, depressiven Episoden und Schuldgefühlen gegenüber beiden Kindern ausgelöst. Die Belastung habe eine psychologische Behandlung notwendig gemacht.

Falsches Sperma ist Pflichtverletzung

Die beklagte Arztpraxis hat die Verwechslung des Spermas nicht bestritten. Das Gericht urteilte, dass die verwendung des falschen Spermas eine Pflichtverletzung des Behandlungsvertrags darstelle. Die Beklagten zweifelten die gesundheitlichen Folgen an und weigerten sich, die Frau zu entschädigen. Das Gericht konnte die Gesundheitsbeeinträchtigungen nach Einsicht in die Krankenakte und Vernehmung des behandelnden Psychotherapeuten aber positiv feststellen. Die gesundheitlichen Folgen gingen laut Gericht auch aus der vertraglichen Pflichtverletzung der Beklagten hervor. Daher sei ein Schmerzensgeld von 7.500 € angemessen.

In dem vor dem OLG Hamm von den Parteien geführten Berufungsverfahren hat der 3. Zivilsenat die erstinstanzliche Verurteilung der Beklagten zur Zahlung des Schmerzensgeldes bestätigt. Im Leitsatz des gerichts heißt es dazu: “Der Anspruch auf Herausgabe von Behandlungsunterlagen gibt kein Recht auf Einsicht in eine Kartei mit Samenspendern. Ein Arzt ist grundsätzlich nicht verpflichtet, einem Patienten gegenüber die Richtigkeit und Vollständigkeit überreichter Behandlungsunterlagen an Eides statt zu versichern. Trägt eine mit “falschem” Sperma, weil nicht vom richtigen Samenspender stammend, durchgeführte heterologe Insemination zu einer körperlichpsychischen Belastung der Mutter bei, kann der Mutter ein Schmerzensgeldanspruch gegen den für die Insemination verantwortlichen Arzt zustehen. Zum Anspruch eines Kindes, von dem für die Insemination verantwortlichen Arzt Auskunft über die Identität seines Vaters zu erhalten.”


Urteil: OLG Hamm, Urt. v. 19.02.2018, Az. I-3 U 66/16, 3 U 66/16
Fundstelle: https://www.lto.de/

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