Kindesunterhalt trotz gefälschter Unterschrift bei künstlicher Befruchtung

Das Landgericht München I hat entschieden, dass ein Mann nach einer künstlichen Befruchtung Kindesunterhalt für seinen ungewollten Sohn zahlen muss. Seine Ex-Frau hatte sich nach der Trennung ohne seine Zustimmung befruchtete Eizellen einsetzen lassen.

Das damalige Ehepaar war bereits 2012 in einer Arztpraxis wegen eines Kinderwunsches vorstellig geworden. Der Mann hatte der Kinderwunsch-Behandlung in der Praxis damals schriftlich zugestimmt. Noch im gleichen Jahr kam es zu zwei erfolglose Inseminationen. 2013 unterzeichnetedas Ehepaar einen Vertrag über die Lagerung der befruchteten und kryo-konservierten Eizellen. Eine In-Vitro-Fertilisation (Zusammenführen von Eizelle und Samenzellen im Reagenzglas – IVF) blieb erfolglos. Kurz darauf trennten sich das Paar wegen Unstimmigkeiten. Die Frau fälschte daraufhin im Jahr 2014 zweimal die Unterschrift ihres Ex-Partners und ließ sich die befruchteten Eizellen einpflanzen. Im zweiten Anlauf wurde die Frau schwanger und gebar einen gesunden Jungen.

Als sie ihren ehemaligen Partner über dessen ungewollten Sohn informierte, weigerte sich dieser, Unterhalt zu zahlen. Der Anwalt des Mannes wollte stattdessen die Arztpraxis, die den Eingriff trotz gefälschter Unterschrift vorgenommen hatte, zu den Zahlungen verpflichten. Die Arzthaftungskammer des LG München I hat nun entschieden, dass der Mann für das ungewollte Kind trotzdem Kindesunterhalt zahlen muss. Seine Klage, in der er sich von allen Zahlungen freistellen lassen wollte, wurde abgewiesen.

Kein wirksamer Widerruf der künstlichen Befruchtung

Das Gericht urteilte: Der Kläger habe gegen die Arztpraxis keinen Anspruch auf Schadenersatz in Höhe der Unterhaltsleistungen. Dieser ergebe sich weder wegen einer Verletzung der vertraglichen Pflichten aus dem Behandlungsvertrag (§§ 630 a, 280 BGB) noch wegen einer Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeits- und/oder Selbstbestimmungsrechts gem. § 823 I BGB i.V.m. Art. 1 I, Art. 2 I GG bzw. §§ 823 II BGB i.V.m. § 4 I ESchG.

Die Richter in München waren der Ansicht, dass der Mann seine in der Vergangenheit wirksam erteilte Einwilligung nicht ordnungsgemäß widerrufen habe. Die ausführende Praxis habe keinen Anlass gehabt, an der Echtheit der Unterschrift zu zweifeln. Insbesondere da die anfängliche schriftliche Zustimmung des Mannes noch immer vorgelegen habe. Der Mann hatte im Prozess zwar vorgetragen, er habe die Arztpraxis angerufen, das Telefonat sei aber nicht eindeutig gewesen. Zudem habe er sein Einverständnis auch in der folgenden Zeit, also mehrere Monate lang bis zum zweiten Versuch, kein weiteres Mal schriftlich oder mündlich widerrufen.

Das Urteil des LG München I ist deswegen wegweisend, weil es davon ausgeht, dass eine einmal erteilte Zustimmung in den Transfer von Eizellen grundsätzlich widerrufen werden kann. Die Entscheidung ist aber noch nicht rechtskräftig.


Urteil: LG München I, Urt. v. 02.05.2018, Az. 9 O 7697/17
Pressemitteilung: https://www.justiz.bayern.de/

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