StA Gera: „Fickt Euch“ ist keine Beleidigung!

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Zum Beleidigungstatbestand des § 185 StGB gibt es gefühlt so viele Entscheidungen wie Sand am Meer. Einigkeit herrschte bisher zumindest darüber, dass sogenannte Formalbeleidigungen („Du Arschloch!“) den Tatbestand der Beleidigung grundsätzlich erfüllen. Etwas anders sah das jetzt die Staatsanwaltschaft Gera, die „Fickt Euch“ nicht als Beleidigung einstufte. Paragraph 185 des Strafgesetzbuches lautet:

Die Beleidigung wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Beleidigung mittels einer Tätlichkeit begangen wird, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Was war im konkreten Fall passiert? Auf Facebook hatte ein Mann dem Allgemeinen Studierendenausschuss (AstA) der Uni Köln „Fickt Euch“ an die Timeline geschrieben. Die Studentenvertretung hatte erfahren, dass auf dem Gelände der Uni Handwerker beschäftigt werden, die der rechtsradikalen Szene zuzuordnen seien. Daraufhin veröffentlichte man auf Facebook einen Aufruf, solche Vorkommnisse der Universitätsverwaltung zu melden. Im Kommentarbereich der Seite wurde der Beitrag daraufhin kontrovers diskutiert. Ein Mann aus Thüringen meldete sich zu Wort und schrieb: “Da sag ich doch mal glatt: Fickt euch!”

Der Kommentar lautete weiter: “…und beschmeiße euch mit bösen bösen Symbolen. Achtung … in Deckung gehen: … ’88’ … ‘HH’ …”. Die Vorsitzende des AstA zeigte den Nutzer deswegen an. Die zuständige Staatsanwaltschaft Gera lehnte die Ermittlungen jedoch ab.

Kundgabe der Missachtung oder Nichtachtung

Zur Begründung führte der zuständige Staatsanwalt folgende Überlegungen an: Es läge kein Anlass für Ermittlungen vor. Der Inhalt des Kommentars – speziell die Formulierung “Fickt euch!” sei nicht zwingend als Beleidigung zu werten. Juristen verstehen unter einer Beleidigung die „Kundgabe eigener Missachtung, Geringschätzung oder Nichtachtung“. Im Gesamtzusammenhang sei die Äußerung “Fickt euch!” aber nicht unbedingt als ehrverletzend zu werten, meint der Thüringer Staatsanwalt. Vielmehr handele es sich um eine Meinungskundgabe, da ihr “das Gepräge einer Bewertung politischen Geschehens” zukomme. Der Mann habe in seinem Kommentar den Umgang mit rechter Symbolik seitens des AStA ins Lächerliche ziehen wollen und als Einleitung dazu schlicht “Fickt euch!” geschrieben.

Der konkrete Sinngehalt sei “schon nach dem allgemeinen Verständnis mehrdeutig”. Zwar werde das Wort “ficken” überwiegend geschlechtsbezogen verwendet, es könne aber auch im eigentlichen Wortsinne gemeint sein. Dieser meine bspw. ein Reiben, Schleifen oder schnelles Bewegen.

Fickt Euch keine Beleidigung

Dabei kann sich die Staatsanwaltschaft richtigerweise tatsächlich auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu § 185 StGB stützen. Die Richter in Karlsruhe legen die Meinungsfreiheit aus Art. 5 GG nämlich sehr weit aus. Oft muss deswegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen aus Art. 2 GG hinter der Meinungsfreiheit innerhalb einer hitzigen, politischen Debatte zurücktreten.

Trotzdem ist die Entscheidung der StA Gera nicht nur im Internet, sondern auch unter Juristen hoch umstritten. Die AStA-Vorsitzende sagte im Beitrag dazu, sie habe gedacht “Hier veräppelt mich gerade einer”. Inzwischen ist der Fall auch Gegenstand eines satirischen Beitrags im ARD-Format extra3.


Fundstelle: https://www.lto.de/

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