Kein Cannabis für Berliner Strafverteidiger

Ein Berliner Rechtsanwalt darf seinen verdienten Ruhestand nicht mit Cannabis versüßen. So hat zumindest das Verwaltungsgericht Berlin entschieden.

Der 69-Jährige hatte geklagt, weil er seinen Ruhestand mit dem bisher in Deutschland noch illegalem Anbau, Verkauf und Konsum von Cannabis verbringen wollte. Um dies zu ermöglichen, hatte er vor Gericht von der Bundesregierung den Erlass einer Rechtsverordnung gefordert, mit der Cannabis aus dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) gestrichen und damit von dessen Anwendungsbereich ausgenommen werde. Dies hätte zur Folge, dass die „weiche“ Droge ordnungs- und strafrechtlich legal wäre.

Laut seinem Prozessvertreter Volker Gerloff habe Thomas H. “in seinem Berufsleben viele zerstörte Lebensläufe von Cannabis-Konsumenten aufgrund der Kriminalisierung von Cannabis miterleben” müssen. Der 69-Jährige sei daher bereits früh ein Anhänger der sogenannten Legalisierungsbewegung geworden.

Keine Änderung des § 1 BtMG

In § 1 BtMG ist geregelt, welche Betäubungsmittel in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen und damit in Deutschland verboten sind. Dazu zählt neben Heroin, Kokain, Amphetamin, Ecstasy und Co. auch Cannabis. Der Paragraph ermächtigt die Bundesregierung aber auch ausdrücklich, nach Anhörung von Sachverständigen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates den Anwendungsbereich des Gesetzes zu ändern oder zu ergänzen. Nämlich dann, wenn dies:

  1. nach wissenschaftlicher Erkenntnis wegen der Wirkungsweise eines Stoffes, vor allem im Hinblick auf das Hervorrufen einer Abhängigkeit,
  2. wegen der Möglichkeit, aus einem Stoff oder unter Verwendung eines Stoffes Betäubungsmittel herstellen zu können, oder
  3. zur Sicherheit oder zur Kontrolle des Verkehrs mit Betäubungsmitteln oder anderen Stoffen oder Zubereitungen wegen des Ausmaßes der mißbräuchlichen Verwendung und wegen der unmittelbaren oder mittelbaren Gefährdung der Gesundheit

erforderlich ist.

Das Verwaltungsgericht Berlin wies die Klage des Anwalts jedoch bereits als unzulässig ab. Der Kläger muss sich für die Leistungsanträge und für den Feststellungsantrag auf eine Klagebefugnis stützen können, denn nach § 42 II VwGO ist eine Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein. Eine Klagebefugnis des Anwalts sei hier bereits abzulehnen.

Denn: Einzelne Bürger könnten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Erlass einer entsprechenden Rechtsverordnung oder einen Anspruch auf Vorbereitung einer Rechtsverordnung durch die Bundesregierung herleiten. Ebenso wenig sahen die Richter sich in der Lage, insoweit eine durch die “Untätigkeit” der Bundesregierung verursachte Rechtsverletzung festzustellen.

122 Professoren fordern Legalisierung

Bereits im Jahr 1994 hatte das Bundesverfassungsgericht nämlich entschieden, dass das Cannabis-Verbot verfassungskonform sei. Das BVerfG hat der Bundesregierung angesichts der dünnen Basis an wissenschaftlichen Erkenntnissen damals aber aufgegeben, das Verbot gegebenenfalls zu überdenken. Aber selbst bei unterstellter Verfassungswidrigkeit des BtMG obliege es allein dem parlamentarischen Gesetzgeber, diesen Zustand zu beseitigen, entschied das Verwaltungsgericht.

Und die Politik habe sich erst kürzlich wieder gegen eine Legalisierung ausgesprochen: “Der parlamentarische Gesetzgeber, dem in dieser Situation die erforderliche komplexe gesundheits-, gesellschafts- und kriminalpolitische Bewertung obliegt, hat sich überdies jüngst (vorerst) erneut explizit gegen eine auch nur teilweise Freigabe von Cannabis entschieden und am 2. Juni 2017 den entsprechenden Entwurf eines Cannabiskontrollgesetzes von Abgeordneten und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 4. März 2015 (BT-Drs 18/4204) nach kontroverser Debatte mehrheitlich abgelehnt”, so das Verwaltunsgericht.

Die Legalisierung von Cannabis gehört zu einem der Themen, die von der Politik in den letzten Jahren vermehrt gefordert wurden. Insbesondere nachdem 9 der 50 amerikanischen Bundesstaaten Cannabis als Rauschmittel für Erwachsene ab 21 Jahren erlaubt haben und auch Kanada die Droge im Jahr 2018 legalisiert hat. Thomas H. steht aber auch unter deutschen Juristen mit seiner Meinung nicht alleine da. Bereits 122 Professoren für Strafrecht („Schildower Kreis“) haben ein Manifest  unterschrieben, in der sie die Legalisierung der Droge fordern. Sie halten die strafrechtliche Drogenprohibition für gescheitert und verlangen diesbezüglich insgesamt eine umfassende Neuorientierung.


Entscheidung: VG Berlin, Urt. v. 28.11.2018, Az. 14 K 106.15
Fundstelle: https://www.lto.de/
Schildower Kreis: http://schildower-kreis.de/
Cannabis-Entscheidung: BVerfG, Beschl. v. 09. März 1994, Az. 2 BvL 43/92

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