Strafbarkeit wegen Betrugs durch entgeltliche „Teufelsaustreibung“

Das Landgericht Mannheim hat bereits im Jahre 1992 messerscharf geschlossen: „Ein Vertrag, der auf die Vornahme einer Teufelsaustreibung gerichtet ist, ist wegen offenkundiger Unmöglichkeit der Leistung nichtig.“ Dem Urteil vorangegangen war ein Betrugs-Prozess gegen eine Polin, die mit allerlei Hokuspokus ihren Lebensunterhalt bestritt.

Die 1962 in Polen geborene Angeklagte ist ledig und staatenlos. Sie ist Analphabetin und hat keinen Beruf erlernt. Ihren Lebensunterhalt bestreitet sie durch Handlesen und Kartenlegen. Außerdem bezieht sie Sozialhilfe und Kindergeld für ihre damals 13, 12 und 6 Jahre alten Kinder. Am zweiten Weihnachtsfeiertag 1990 sprach die Angeklagte Frau A an und erbot sich, ihr für 30 DM die Karten zu legen. Frau A, die regelmäßig zur Wahrsagerin ging, weil sie “in ihren Problemen klarer in die Zukunft sehen möchte”, nahm das Angebot an. Die Angeklagte legte ihr daraufhin die Karten und las ihr auch aus der Hand, wofür sie 50 DM erhielt.

Teufelsaustreibung gegen 5000 DM oder Naturalien

Sie behauptete dabei, über Frau A läge ein Fluch. Zum Beweis zerbrach sie ein Ei und zeigte der Frau die schwärzliche Stelle im Dotter. Das sei der Teufel, der nachts kommen könne und deshalb unbedingt ausgetrieben werden müsse. Die Angeklagte überzeugte die leichtgläubige A davon, dass sie von ihr für die Teufelsaustreibung 5.000 DM oder benötige. Alternativ Geschirr, Bettwäsche oder Schmuck, um dies zusammen mit dem “Wesen im Ei” um Mitternacht zu begraben. Frau A hatte diese Summe nicht zur Verfügung und leistete eine Anzahlung in Höhe von 150 DM. Am 28.12.1990 versuchte die Angeklagte erneut, der Frau das restliche Geld abzuluchsen. Diese bekam es jedoch mit der Angst zu tun und rief die Polizei. Dies Beamten verhafteten die gewitzte Wahrsagerin an Ort und Stelle.

Das Amtsgericht Gießen hatte die Angeklagte in erster Instanz vom Vorwurf des versuchten Betruges nach §§ 263, 22, 23 StGB freigesprochen. Die hiergegen erhobene Berufung der Staatsanwaltschaft führte zur Verurteilung. Die Angeklagte hatte die Vorfälle abgestritten. Frau A sei wohl “nicht richtig im Kopf”. Das Gericht hielt die Angaben der Frau A jedoch für äußert glaubwürdig. Sie habe in sehr spontaner Art ihre Erlebnisse mit der Angeklagten geschildert und sich ihrer Leichtgläubigkeit nicht geschämt. Die Kammer schätze sie als zwar einfache, aber psychisch völlig gesunde Frau ein, „die wie viele andere als Alleinstehende mit einem behinderten Kind an entsprechenden Problemen trägt, sich aber dennoch ihre Lebenstüchtigkeit bewahrt hat und auch im Zeugenstand ersichtlich nicht nur aussagetüchtig, sondern auch vom Streben nach Wahrhaftigkeit geprägt erschien.“

Angaben des Opfers detailliert und glaubwürdig

Frau A betonte vor Gericht auch immer wieder, wie nett die Angeklagte zu ihr gewesen sei. Sie sei mit den Weissagungen aus Hand und Karten zufrieden gewesen sei. Die Angeklagte hat laut dem Urteil des LG Mannheim den objektiven und subjektiven Tatbestand des versuchten Betrugs erfüllt. Die Wahrsagerin habe in der Absicht, sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, versucht, das Vermögen einer anderen dadurch zu beschädigen, dass sie durch Vorspiegelung falscher Tatsachen einen Irrtum erregte.

Insbesondere habe die Angeklagte auf das geforderte Geld keinen Anspruch gehabt. Der Einwand der Verteidigung, in einer freien Marktwirtschaft müsse auch eine Vereinbarung über eine Teufelsaustreibung erlaubt sein, geht fehl. Ein Vertragsverhältnis konnte im vorliegenden Fall von vornherein gar nicht zustande kommen. Die von der Angeklagten versprochene Leistung sei bereits objektiv unmöglich. Es ist nämlich offenkundig, d. h. es wird von keinem verständigen Menschen bezweifelt, dass niemand den “Teufel austreiben” könne. Okkulte Behauptungen dieser Art bewegen sich “außerhalb der allgemein geltenden Erfahrungssätze und wissenschaftlichen Erkenntnisse und damit auch außerhalb der auf den Naturgesetzen beruhenden Regeln menschlichen Zusammenlebens”.


Urteil: LG Mannheim, Urt. v. 30.04.1992, Az. (12) 4 Ns 80/91  

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