Juristin schreibt Promotion im generischen Femininum

Eine Juristin hat ihre gesamte Dissertation im generischen Femininum verfasst. Das online Magazin JETZT hat mit ihr darüber gesprochen und sie auch zum umstrittenen Gesetzesentwurf des Justizministeriums in weiblicher Form interviewt.

Corinna Ujkasevic hat ihre Promotion im generischen Femininum geschrieben. Die Arbeit der Juristin trägt den Titel: „Die Kompensation von Verfahrensrechtsverstößen in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte“. Bereits während ihrer Promotionszeit hat sich die heute 31-Jährige mit geschlechtergerechter Sprache auseinandergesetzt. Deswegen wollte sie auch in ihre Dissertation gendern. In der benoteten Version für die Universität hat sie sich das laut JETZT aber noch nicht getraut. “Ich hatte Angst, dass meine Bewertung dadurch negativ beeinflusst werden könnte.

Verlag lehnte Veröffentlichung im generischen Femininum ab

Für die Veröffentlichung ihrer Dissertation wollte die Juristin aber gerne mit einem Sternchen oder einem Doppelpunkt gendern. Dafür holte sie sich zunächst das Einverständnis ihres Doktorvaters. Die Herausgeber einer Schriftenreihe, welche ihr die Veröffentlichung eigentlich bereits zugesichert hatten, wollten die Arbeit in diesem Stil aber nicht veröffentlichen. Als Kompromiss boten sie der Juristin an, dass sie am Anfang ein Sternchen machen und schreiben könnte, dass Frauen im generischen Maskulinum mitgemeint seien.

Das genügte der 31-Jährgen jedoch nicht. Sie schlug vor, dass sie nur die weibliche Form verwenden könne und umgekehrt ein Sternchen machen würde, dass Männer mitgemeint seien. Auch davon wollte der Verlag nichts hören. “Am Ende stellten sie mich vor die Wahl, das generische Maskulinum zu verwenden oder die Arbeit nicht zu veröffentlich”, so die Juristin gegenüber JETZT.

Als Argument führte der Verlag an, dass ein gegenderter Text schwerer lesbar wäre. Corinna Ujkasevic hält die weiteren Argumente des Verlags jedoch für absurd. “Ich wurde zum Beispiel gefragt, ob ich denn dann „das Opferin“ schreiben würde statt „das Opfer” – dabei ist Opfer ja ein Neutrum-Wort. Warum sollte ich das gendern?” Also suchte sie sich für die Veröffentlichung ihrer Dissertation einen anderen Verlag. Und hatte Erfolg.

Gesetzesentwurf im generischen Femininum

Auf die Frage, was sie von einem Gesetzentwurf im generischen Femininum meint, antwortet die Juristin JETZT: “Ich finde das gut. Warum denn nicht? Allein die Aufregung zeigt schon, dass Sprache nicht egal ist. Offensichtlich fühlen Menschen sich bedroht oder angegriffen. Was soll denn die Problematik sein? Ich habe den Eindruck, dass viele der Menschen, die sich daran stören, Angst davor haben, ihre Privilegien zu verlieren. Sie glauben, dass im Anschluss an das generische Maskulinum noch ganz andere Sachen in Frage gestellt werden, die auch mit ihren Privilegien zusammenhängen.”

Das Bundesjustizministerium hat diese Woche einen ungewöhnlichen Gesetzentwurf vorgelegt, der im Internet kontrovers diskutiert wird. Statt wie üblich in der männlichen Form etwa “Geschäftsführer”, “Verbraucher” oder “Schuldner” zu schreiben, heißt es in dem Gesetz zum Insolvenzrecht durchweg “Geschäftsführerin”, “Verbraucherin” und “Schuldnerin”. Befürworter argumentieren damit, dass Frauen bei ausschließlich in männlicher Form verfassten Gesetzes ebenso mitgemeint seien, wie Männer bei ausschließlich in weiblicher Form verfassten Gesetzen.

Das Innenministerium hat jedoch bereits gekontert und hält den Entwurf für “höchstwahrscheinlich verfassungswidrig”. Horst Seehofer (CSU) fordert eine sprachliche Überarbeitung des Gesetzentwurfes. Nach Ansicht seines Ministeriums muss der Entwurf “den gängigen Regeln angepasst werden”. Dies gelte “unabhängig davon, ob ein bestimmter gesellschaftlicher Zustand gewünscht ist”. Das generische Femininum sei zur Verwendung für weibliche und männliche Personen im Gegensatz zum generischen Maskulinum bislang “sprachwissenschaftlich nicht anerkannt”.

Wir hoffen: Was noch nicht ist, kann ja noch werden! Es wird Zeit, dass Frauen auch sprachlich Beachtung finden und sich nicht länger mit dem Status “mitgemeint” abfinden müssen.


Fundstelle: https://www.jetzt.de/
Fundstelle: https://www.zeit.de/

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