Penisverkrümmung kein Fall für die Krankenkasse

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Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat entschieden, dass eine Krankenkasse nicht verpflichtet ist, die Kosten der Behandlung einer Penisverkrümmung zu übernehmen.

Wenn es für eine Krankheit keine zugelassene Behandlungsmethode mehr gibt, kann die Gesetzliche Krankenversicherung in extremen Ausnahmefällen auch unkonventionelle Methoden übernehmen. Eine Penisverkrümmung (induratio penis plastica) ist jedoch nicht lebensbedrohlich und damit kein solcher Ausnahmefall, so das LSG Niedersachsen-Bremen.

Geklagt hatte ein 59-Jähriger aus Niedersachsen, der an einer angeborenen Penisverkrümmung leidet. Weil sein krummer Penis bei ihm zu einem erheblichen psychischen Leidensdruck führt, wollte er sich operieren lassen. Eine bei Kassenärzten zugelassene Behandlungsmethode gibt es für krumme Penisse aber nicht. Eine sog. Grafting-Operation bei einem Privatarzt würde rund 14.000 Euro kosten. Der Mann wollte, dass seine Krankenkasse diese Kosten übernimmt.

Die Induratio Penis Plastica ist eine gutartige Bindegewebserkrankung des Penis. Durch die Erkrankung kommt es zu einer „unnatürlich“ starken Biegung des Penis bei der Erektion, die teilweise mit Schmerzen verbunden sein kann. Darunter kann die Sexualität des Betroffenen leiden und dieser kann psychische Probleme bekommen. Eine nicht-operative Therapie der Erkrankung gestaltet sich schwierig.

Penisverkrümmung nicht lebensbedrohlich

Die Krankenkasse lehnte die Kostenübernahme jedoch ab. Eine Grafting Operation sei keine abrechnungsfähige Leistung. Es handele sich vielmehr um eine unkonventionelle Behandlungsmethode, die nach § 135 SGB V nur dann erbracht werden dürfe, wenn dies nach § 92 SGB V empfohlen werde. Dies sei vorliegend jedoch nicht der Fall. Es komme auch keine Ausnahmesituation nach § 2 Ia SGB V in Betracht, weil keine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich oder hiermit wertungsmäßig zumindest vergleichbare Erkrankung vorliege.

Dagegen legte der Mann zunächst erfolglos Widerspruch ein und zog dann vor Gericht. Er argumentierte, dass eine solche Erkrankung bei ihm vorliege. Ohne eine Grafting-Operation drohten in mehr als der Hälfte der Fälle dauerhafte Erektionsstörungen. Damit sei der Verlust einer herausgehobenen Körperfunktion zu befürchten. Mit Gerichtsbescheid aus dem März 2020 hatte das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Ein Kostenerstattungsanspruch aus § 13 III SGB V sei aus den genannten Gründen nicht gegeben. Dagegen legte der Mann Berufung ein.

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen bestätigte in seinem Urteil jetzt jedoch die Ansicht der Krankenkasse und des SG. Dem Mann stünde kein Kostenerstattung aus § 13 III SGB V zu. Es läge gerade kein Ausnahmefall vor. Eine nur leichte Beeinträchtigungen der Erektion eines 59-jährigen Mannes sei “weder lebensbedrohlich noch wertungsmäßig damit vergleichbar”. Außerdem sei ein Penis “schon kein Sinnesorgan” und die Erektionsfähigkeit sei “keine herausgehobenen Körperfunktionen”. Und weiter: “Zwar kann der Verlust der Kohabitationsfähigkeit sehr wohl die Lebensqualität nachhaltig beeinträchtigen, jedoch sind insoweit keine vitalen Funktionen betroffen.” Eine Einschränkung der Lebensqualität durch den psychischen Leidensdruck reiche nicht aus.

Umgekehrt hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte jedoch in einem anderen Fall entschieden, dass Sex auch für Frauen über 50 wichtig sei. Geklagt hatte eine Frau, die wegen eines Arztfehlers keinen Geschlechtsverkehr mehr haben konnte und von einem Gericht auf Grund ihres Alters nur ein gekürztes Schmerzensgeld erhaltet hatte (JURios berichtet hier).


Entscheidung: LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 17.11.2020, Az. L 16 KR 143/20
Pressemitteilung: https://landessozialgericht.niedersachsen.de/

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