Prädikatsexamen gefälscht – AG München verurteilt Hochstapler

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Das Amtsgericht München verurteilte einen angeblichen Anwalt zu einer Bewährungsstrafe, weil dieser sein Prädikatsexamen gefälscht und jahrelang als Jurist gearbeitet hatte.

In München ist ein 35-Jähriger aufgeflogen, der jahrelang als Anwalt praktiziert hatte, ohne jemals sein Jurastudium abgeschlossen zu haben. Nach dem Abbruch seines Jurastudiums im sechsten Semester, hatte der Mann eine Ausbildung in einem Notariat gemacht und bei seinem Arbeitgeber 2015 Beglaubigungen juristischer Staatsexamina gefälscht. In den Fälschungen bestätigte er sich selbst für das Erste Examen – angeblich abgelegt 2012 – herausragende 12,48 Punkte und für das Zweite Examen – datiert auf 2015 – ebenfalls beeindruckende 11,64 Punkte.

Nach Vorlage der gefälschten Zeugnisse erteilte ihm die Anwaltskammer die Zulassung zur Anwaltsschaft und der Mann arbeitete mehr als drei Jahre unentdeckt als Rechtsanwalt. Bei seiner ersten Anstellung in einer Großkanzlei verdiente der Hochstapler rund 193.000 Euro. Nachdem er zwei Angebote mit 75.000 bzw. 100.000 Euro Anfangsgehalt ausgeschlagen hatte, stieg der Mann als Syndikus in einem großen Versicherungsunternehmen ein. Das Gehalt: 132.600 Euro. Obwohl das Unternehmen mit seiner Leistung sehr zufrieden war, kündigte der Mann auch diesen Job, um sich einen noch besseren Arbeitgeber zu suchen.

Zeugnis auf Pfingstmontag datiert

Bei seinem nächsten Arbeitgeber hatte der angebliche Jurist jedoch Pech: Der Personalabteilung fiel auf, dass das Zeugnis auf den Pfingstmontag 2015 ausgestellt war. Die Kanzlei holte deswegen beim Justizprüfungsamt Erkundigungen ein und deckte so die Fälschungen auf. Der Mann wurde angeklagt.

Vor dem AG München räumte der angebliche Jurist seine Taten ein. “Das Geld war es nicht, das war es nie. Es war die Unfassbarkeit, dass ich trotz meiner fehlenden juristischen Ausbildung so gut vorankam”, äußerte er sich im Prozess laut LTO. Der Angeklagte beschrieb sich dabei selbst als arrogant und hochnäsig. Mit seinen Kollegen habe er sich aber gut verstanden. Nur gegenüber Vorgesetzten sei er immer auf Abwehrhaltung gegangen.

Das Gericht verurteilte den Jura-Hochstapler letztendlich wegen (zum Teil nur versuchten) Betruges in sechs und Urkundenfälschung in 22 Fällen gem. §§ 267 I, 263 I, II, III 2 Nr. 2, 22, 23 I, 53 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung. Damit hatte der Mann Glück im Unglück. Eine höhere Freiheitsstrafe hätte nicht mehr zur Bewährung (§ 56 StGB) ausgesetzt werden können. Außerdem muss der verurteilte Betrüger über 300.000€ Wertersatz (§§ 73c StGB, 459g II StPO) leisten.

Zum Tatbestand der Urkundenfälschung führte das Gericht aus: “Das Erstellen der beglaubigten Abschriften der Examenszeugnisse stellte jeweils ein Herstellen einer falschen Urkunde und die Vorlage der beglaubigten Abschriften der Gesamtzeugnisse einen gebrauchen einer falschen Urkunde im Sinne des § 267 I StGB dar.”

Hochstapler muss Geld zurückzahlen

Das Gericht sah außerdem den Tatbestand des Betrugs als erfüllt an. “Die Bewerbungen bei den jeweiligen Kanzleien bzw. Unternehmen unter Vorlage der gefälschten beglaubigten Abschriften der Examenszeugnisse im Rahmen der Taten Ziff. 2. bis Ziff. 7. stellen Betrugstaten im Sinne des § 263 I StGB dar.” Spannend ist, wie die Richter das Vorliegen eines Vermögensschadens bzw. einer schadensgleichen Vermögensgefährdung im Rahmen des sogenannten Anstellungsbetruges begründeten. Demnach seien die für Beamte entwickelten Grundsätze auch auf die Anstellung von Rechtsanwälten übertragbar. Der Mann habe über eine zwingend notwendige fachliche Qualifikation gelogen. “Es kommt hier somit auch nicht darauf an, ob er zufriedenstellende Leistungen tatsächlich erbracht hat”, so der Vorsitzende Richter laut LTO.

Sein umfassendes Geständnis werteten die Richter strafmildernd. Den hohen Schaden verbuchten sie strafschärfend. Es sei zu Folgeschäden in Höhe von mindestens 495.000 Euro gekommen. Diese Summe ist von der geschädigten Kanzlei an Mandanten, für die der Hochstapler tätig war, bereits zurückgezahlt worden. Die Richter ließen laut LTO auch den Stellenwert des Anwaltsberufs in ihre Beurteilung einfließen: “Der Beruf des Rechtsanwalts hat in der Gesellschaft einen besonderen Stellenwert und genießt besonders hohes Vertrauen, welches durch die Tat erschüttert wurde. Daher ist auch die Verteidigung der Rechtsordnung zu beachten.”

Das letzte Wort des Angeklagten endete laut LTO mit der Aussage: “Ich werde mein Leben lang Buße tun.” Beide Seiten legten gegen das Urteil Berufung ein. Inzwischen macht der Mann eine Ausbildung im Handwerk. Hoffentlich ohne seine Meisterprüfugn am Ende zu fälschen!


Entscheidung: AG München, Urt. v. 23.11.2020, Az. 823 Ls 231 Js 185686/19
Fundstelle: https://www.lto.de/

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