Luftgewehrschuss auf Katze keine Tierquälerei

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Wird eine Katze mit einem Luftgewehr angeschossen, stellt dies keine strafbare Tierquälerei dar. Das hat das Landgericht Frankfurt a.M. entschieden. Das Urteil aus dem Dezember 2020 sorgte im Internet für einen empörten Aufschrei. Zu Recht?

Die Staatsanwaltschaft klagte einen 52 Jahre alten Mann aus Eppstein (Hessen) an, weil er mit einem Luftgewehr mehrmals auf die Katze seiner Nachbarin geschossen haben soll. Das interessante: Aufgrund psychischer Probleme war der Mann zum Tatzeitpunkt nicht mehr in der Lage, seinen Beruf als Pilot auszuüben. Während das nachbarschaftliche Verhältnis zwischen den Parteien zu Beginn gut war, änderte sich dies nach einiger Zeit. Anlass hierfür war, dass der damalige, bereits sehr alte Hund der Nachbarin früh morgens regelmäßig kurz bellte, wenn die Zeugin ihn in den Garten ließ, damit er sein „Geschäft“ erledigen konnte. Der Angeklagte, der damals als Pilot Langstreckenflüge flog, fühlte sich hierdurch in seinen Ruhephasen gestört. In der Folge kam es zu weiteren Konflikten, unter anderem wegen der Höhe eines Stapels Brennholz.

Bewiesen werden konnte ihm der Schuss auf die Katze, weil ein Tierarzt bei einer Röntgenuntersuchung im Körper der Katze ein Geschoss fand, das aus ebenjenem Luftgewehr des Mannes stammte. Zur Verletzung der Katze wird im Urteil weiter festgehalten: “Die mit dem Eindringen des Geschosses verbundene Perforation der Haut verursachte bei der Katze kurzfristige Schmerzen von geringer bis mittlerer Stärke. Die Verletzung der Haut an der Eintrittsstelle schloss sich durch die natürliche Wundheilung innerhalb kurzer Zeit wieder. In der Folge setzte der sog. sekundäre Wundheilungsprozess in den tieferen Gewebeschichten ein, der in der Anfangsphase mit entzündungsbedingten, geringgradigen Schmerzen für das Tier verbunden war, die ca. ein bis zwei Wochen anhielten. Insgesamt dauerte der sekundäre Wundheilungsprozess etwa vier Wochen. Nach Abschluss der Wundheilung verblieb das Projektil, abgegrenzt in einer fibrösen Kapsel, im Tierkörper.”

Keine “erheblichen Schmerzen”

Das Amtsgericht Frankfurt a.M. hatte den Mann in erster Instanz wegen Tierquälerei zu einer Geldstrafe in Höhe von 16.100 Euro (70 Tagessätze zu je 230 Euro) verurteilt. Die zweite Instanz schloss sich dieser Ansicht jedoch nicht an. Das Langericht Frankfurt a.M. verurteilte den Mann lediglich wegen Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe von 1.950 Euro (30 Tagessätze zu je 65 Euro). Die Richter:innen begründeten dies mit einem Sachverständigengutachten. Laut diesem stellt ein Schuss aus einem Luftgewehr lediglich eine “leichte bis mittelschwere Beeinträchtigung” des Tieres dar.

Zur Begründung, wieso der Tatbestand der Tierquälerei vorliegend nicht erfüllt ist, führte das Gericht aus: “Da die Katze durch den Schuss nicht getötet wurde, ist § 17 Nr. 1 TierschG nicht verwirklicht. Ebenso scheidet eine Strafbarkeit nach § 17 Nr. 2 a und b TierschG aus. Beide Alternativen des § 17 Nr. 2 TierschG erfordern nämlich, dass dem Tier erhebliche Schmerzen zugefügt wurden. Nach den getroffenen Feststellungen hat die Katze allerdings „nur“ Schmerzen von geringer bis mittlerer Stärke erlitten, was zur Verwirklichung des § 17 Nr. 2 TierschG nach der Wertung des Gesetzgebers nicht ausreichend ist.”

Getötete Tierbabys und Kaninchen

Gerichtsentscheidungen zu § 17 TierSchG sind oft genauso brutal wie kurios. Wir haben zwei für Euch herausgesucht:

2008 entschieden der Direktor des Magdeburger Zoos und drei seiner Mitarbeiter, Tigerbabys kurz nach ihrer Geburt zu töten. Die drei Jungtiere waren aus ihrer Sicht für die Zucht nicht geeignet, weil ihr Vater kein reinrassiger sibirischer Tiger ist. Nach Auffassung des AG Magdeburg haben die Männer mit ihrer Entscheidung gegen das Tierschutzgesetz verstoßen. Das Gericht sprach eine Verwarnung aus. Die Richter:innen urteilten: “Bei der Tötung gesunder Nachkommen eines Tieres kann kein triftiger, einsichtiger und von einem schutzwürdigen Interesse getragener Grund für die Tötung bejaht werden, allein weil diese nicht artenrein und damit unerwünscht sind oder wirtschaftliche Hindernisse bestehen. In Zoos hat die Zuchtplanung so zu erfolgen, dass die Unterbringung der Nachkommen in jedem Fall gesichert ist.”

Im Jahr 2006 lud eine Hinterhofgalerie in Berlin zu einer Performance mit dem Titel “Das Ableben des Hasen”, bei der zwei weiße Kaninchen getötet wurden. Mit der Frage, ob dies einen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz darstellt, mussten sich im Folgenden mehrere Instanzen beschäftigen. Das Kammergericht Berlin urteilte: “Das Töten zweier Kaninchen durch Genickbrechen und Abschlagen der Köpfe im Rahmen einer Kunstinszenierung kann bei Vorliegen weiterer Umstände, die den Akt der Tötung in den Vordergrund stellen, indem diese gleichsam zelebriert und dem Publikum die Leichtigkeit der bewussten Tötung von Tieren der betroffenen Art vor Augen geführt wird, zur Bewertung des Vorgangs als sinnlose Tötung im Sinne des § 17 Nr. 1 TierSchG führen.”


Fundstelle: LG Frankfurt a. M., Urt. v. 09.12.2020, Az. 5/33 Ns 8910 Js 205306/18 (2/20)

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