Akteneinsicht in 13m² Keller-Raum unzumutbar!

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Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. hat entschieden, dass es unzumutbar ist, für die Akteneinsicht lediglich einen 13m² großen, mit Kartons zugestellten, Kellerraum zur Verfügung zu stellen. Anwält:innen überall in der Republik atmen auf!

Dem Vorfall liegt ein Urteil zu Grunde, in dem eine GmbH verurteilt worden war, einer Gesellschafterin sowie zwei von ihr Bevollmächtigten Einsicht in die Handelsbücher und Geschäftsunterlagen für die Jahre 2008 bis 2019 zu gewähren. Als die Gesellschafterin sowie ihre Bevollmächtigten zur Tat schritten, fanden sie die Akten und Bücher jedoch in einem winzigen Kellerraum vor. Der nur 13 m² große Raum war außerdem mit Möbeln und Kartons zugestellt. Daraufhin brach man den Termin ohne Einsichtnahme ab.

Doch die ehemalige Klägerin wollte die Sache nicht auf sich beruhen lassen. Sie zog vor das Landgericht Frankfurt a.M. Dieses verurteilte die GmbH zur Zahlung eines Zwangsgeldes in Höhe von 5.000 € (Beschl. v. 27.7.2020, Az. 2-22 O 7/19). Dagegen legte die GmbH Beschwerde ein und das Verfahren landete vor dem OLG Frankfurt a.M.

Gesundheitsgefahr wegen Corona!

Aber auch nach Auffassung des OLG hat die GmbH ihre Verpflichtung zur Einsichtsgewährung nicht erfüllt. “Denn es war von der Antragstellerin und ihren Verfahrensbevollmächtigten nicht zu erwarten, dass sie die Einsichtnahme im Rahmen der seitens der Antragsgegnerin bereitgestellten äußeren Bedingungen vornehmen würden. Insbesondere war es der Antragstellerin und ihren gleichzeitig hierfür vom Landgericht zur Einsichtnahme berechtigten beiden Verfahrensbevollmächtigten in Anbetracht der damaligen Pandemiesituation nicht zumutbar, die umfangreichen, in diversen Kartons gelagerten Geschäftsbücher in dem einzig zur Verfügung gestellten Kellerraum der Gesellschaft vorzunehmen.”

Zwar habe die Einsichtnahme grundsätzlich in den Geschäftsräumen der Gesellschaft zu erfolgen. Hier habe aber wegen der möglichen Gesundheitsgefährdung der Einsichtnehmenden ein anderer, geeigneterer Ort bestimmt werden müssen. Nur in externen Räumen hätte der nach den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts einzuhaltende Mindestabstand von 1,5 m eingehalten werden können. Die im Keller eingeschränkten Lüftungsmöglichkeiten oder das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung seien auch keine Alternative gewesen, da von einer längeren Zeit für die Einsichtnahme auszugehen gewesen sei. Die Unterlagen hätten sich in deutlich mehr als 10 Umzugskartons sowie einem Aktenschrank befunden, ohne dass eine Ordnung der zahlreichen Aktenordner nach Jahren oder Inhalt erkennbar gewesen wäre.

Angesichts der im Raum stehenden gesundheitlichen Folgen einer Ansteckung sei der GmbH die Bereitstellung eines externen Raumes unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten zumutbar gewesen.


Fundstelle: OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 1.12.2020, Az. 21 W 137/20
Pressemitteilung: https://ordentliche-gerichtsbarkeit.hessen.de/
Fundstelle: https://www.lto.de/

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Redaktion
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