OVG Niedersachsen: Raucher hat keinen Anspruch auf Online-Prüfung

Ein Student argumentierte, dass er als Raucher zur Corona-Risikogruppe gehöre. Er wollte seine Abschlussprüfung deswegen nicht in Präsenz, sondern online ablegen. Diesem Ansinnen machte das niedersächsische Oberverwaltungsgericht jetzt einen Strich durch die Rechnung.

Der Antragsteller absolvierte ein Masterstudium an der Leuphana Universität Lüneburg. Auf Grund der Corona-Pandemie gab es zum Prüfungszeitpunkt im Jahr 2020 Einschränkungen bei der Ablegung von universitären Prüfungsleistungen. Unter anderem durften die Prüfer:innen selbst entscheiden, ob eine Klausur in Präsenz oder online stattfand. Von der Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen trotz des Infektionsgeschehens an einer Präsenzprüfung festzuhalten, machten die Prüfer:innen des Antragstellers Gebrauch.

Die Durchführung von Prüfungen an Volkshochschulen und sonstigen öffentlichen und privaten Bildungseinrichtungen im außerschulischen Bereich war nach § 18 Niedersächsische Corona-Verordnung vom 10. Juli 2020 zulässig, wenn das Abstandsgebot nach deren § 1 III sichergestellt sei. Zudem haben die Betreiber:innen Maßnahmen aufgrund eines Hygienekonzepts nach § 3 zu treffen und sind zur Datenerhebung und Dokumentation nach § 4 verpflichtet. Das genügte dem Studenten jedoch nicht. Denn: Der junge Mann gehörte als Raucher zur Risikogruppe und sah eine Gesundheitsgefahr für sich. Deshalb stellte er den Antrag, die Klausur online von zu Hause aus ablegen zu dürfen.

Überschaubare Infektionszahlen in Norddeutschland

Sowohl das Verwaltungsgericht Lüneburg als auch das OVG Niedersachsen lehnten den Antrag jedoch ab. Ob eine Klausur online oder in Präsenz zu erbringen sei, obliege der Entscheidung der Prüfer:innen. Dabei stünde ihnen ein weiter Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum zu. Diesen hätten sie im konkreten Fall auch nicht überschritten. Die überschaubaren Infektionszahlen in Norddeutschland sowie das nach dem Stand der Wissenschaft geringe Risiko einer Ansteckung bei Präsenzklausuren lassen laut Gericht eine gegenteilige Einschätzung nicht zu. Auch dass das Robert-Koch-Institut Raucher als Risikogruppe definiert, ändere an dieser Einschätzung nichts.

“Der Antragsteller hat auch keine übergeordneten Gründe aufgezeigt, die der Durchführung einer Präsenzklausur gleichwohl entgegenstehen könnten. […] Allein der Umstand, dass der Antragsteller als Raucher [..] zu einer Personengruppe gehört, bei der bei einer Infektion mit dem Corona-Virus schwere Krankheitsverläufe häufiger beobachtet werden, rechtfertigt angesichts der derzeitigen überschaubaren Infektionszahlen in Norddeutschland und der für die Präsenzprüfung getroffenen Schutzvorkehrungen ebenfalls keine andere Einschätzung.

Ähnliches Risiko wie restliche Bevölkerung

Der Antragsteller teilt dieses Risiko mit einem erheblichen Teil der Bevölkerung. Dass er sich bei einer Teilnahme an der Prüfung im Vergleich zu dem für ihn allgemein bestehenden Infektionsrisiko einer im nicht mehr hinnehmbaren Maße erhöhten Gefährdung aussetzt, hat er – auch unter Berücksichtigung seiner Erwägungen zur Anreise zu der Klausur und zu der potentiellen Zusammensetzung der Mitprüflinge – nicht dargelegt und ist auch nicht erkennbar. Der Antragsteller verkennt im Übrigen, dass die Antragsgegnerin nach den geltenden rechtlichen Vorgaben gerade nicht gehalten ist, das Risiko einer Ansteckung mit dem Corona-Virus bei Prüfungen generell dadurch „auf Null“ zu reduzieren, dass sie nur noch Online-Prüfungen abhält.

Damit ergeht es dem Masterstudenten wie den meisten Jurastudierenden, die in den Jahren 2020/2021 ihre Staatsexamina ebenfalls in Präsenz ablegen mussten. Und das, trotz hoher Infektionszahlen in Süddeutschland, trotz Zugehörigkeit zu einer Riskogruppe und trotz eher zweifelhafter (bis nicht existenter) Hygienekonzepte vor Ort – teils in kleinen, ungelüfteten Räumen mit über 50 Teilnehmenden.


Fundstelle: OVG Niedersachsen, Beschl. v. 2.9.2020, Az. 6 B 102/20
Fundstelle: https://www.lto.de/

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