Polnisches Gericht verurteilt die Macher der ZDF-Serie „Unsere Mütter, unsere Väter“

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Ein Berufungsgericht in Krakau hat in seinem Urteil vom 23. März 2021 die Macher der ZDF-Serie “Unsere Mütter, unsere Väter” zu einer Entschuldigung verurteilt. Damit bestätigten die Richter:innen die Entscheidung der Vorinstanz aus dem Jahr 2018 weitgehend.

Inhaltlich geht es um die Darstellung der polnischen Heimatarmee. Die verurteilte Produktionsfirma UFA Fiction und das ZDF sollen sich im polnischen Fernsehen (TVP1) und im deutschen Fernsehen (ZDF, ZDFneo, 3sat) entschuldigen. Darüber hinaus soll die Entschuldigung drei Monate lang auf den Internetseiten der Verurteilten zu lesen sein. Laut Berufungsgericht ist das Urteil rechtskräftig.

Falsche Darstellung der polnischen Heimatarmee?

Bei der Serie “Unsere Mütter, unsere Väter” handelt es sich um ein dreiteiliges Kriegsdrama, das bereits 2013 sowohl im deutschen, als auch im polnischen Fernsehen ausgestrahlt wurde. Darin geht es um mehrere Freund:innen und wie sie den zweiten Weltkrieg erleben. Das Projekt wurde vom deutschen Fernsehproduzenten Nico Hofmann und seiner Filmproduktionsgesellschaft teamWorx verwirklicht. Hofman gibt an, dabei von den Kriegstagebüchern seines Vaters „inspiriert worden“ zu sein. Obwohl die Charaktere und ihre Erlebnisse fiktiv sind, wurden die Fakten und Daten auf denen der Dreiteiler basiert, von Historiker:innen überprüft und dazu auch historische Fotos herangezogen. Insgesamt habe es sechs Jahre bis zur Fertigstellung des Drehbuchs gedauert.

Trotzdem kam es nach der Ausstrahlung zu teils heftiger Kritik. Polnische Zuschauer:innen warfen der Serie eine antisemitische Darstellung von polnischen Partisanen vor. In den USA und in Russland sah man eine „fragwürdige“ bis „verharmlosende“ Darstellung der NS-Verbrechen.

Polnische Staatsanwaltschaft lehnt Anklage ab

Nachdem die polnische Staatsanwaltschaft die Anklage in dem Fall nach einer Prüfung ablehnte, reichten Zbigniew Radłowski, ein 96-jähriger Kriegsveteran der polnischen Heimatarmee (“Armia Krajowa”) sowie ein Verband früherer AK-Mitglieder Zivilklage ein. Sie fühlten sich in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt. Konkret ging es in dem Rechtsstreit um die Darstellung der polnischen Heimatarmee. Die AK war während des zweiten Weltkriegs eine polnische Widerstands- und Militärorganisation im von Deutschland besetzten Polen.

Die Kläger meinen, die AK werde in der 2013 erstmals ausgestrahlten Serie falsch dargestellt und die Serie suggeriere den Zuschauer:innen eine von ihnen ausgehende antisemitische Haltung. Demzufolge enthalte “Unsere Mütter, unsere Väter” Szenen, die der AK Mitschuld an den Verbrechen gegen das jüdische Volk geben würden. Prozessführungsbefugt sei der Veteran aufgrund seines Lebenslaufs, wie das erstinstanzliche Gericht bereits am 18. Dezember 2018 erklärte. Als ehemaliger AK-Kämpfer, der auch während der Okkupationszeit Juden versteckte, könnte er durch die Darstellung in der Serie in seinem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt sein. Dasselbe gelte für den Verband.

(Nicht) ausreichende Beachtung der Kunstfreiheit

In den Stellungnahmen des ZDF und der UFA Fiction ist zu lesen, dass sie nach Vorliegen und Überprüfung der schriftlichen Urteilsgründe gegebenenfalls Rechtsmittel einlegen möchten. Sie bedauern, dass das Gericht „der Kunstfreiheit keine ausreichende Beachtung geschenkt habe“.

Der Kläger Radłowski meint über den Rechtsstreit: „Ich lebe schon lange und habe viel überlebt. Aber keine meiner bisherigen Erfahrungen hat mich auf diese Situation vorbereitet: Den notwendigen Kampf – lange nach Beendigung des zweiten Weltkriegs – vor den Gerichten für die historische Wahrheit.“

Das Berufungsgericht folgte der erstinstanzlichen Verurteilung zu einer Zahlung von Schadensersatz in Höhe von umgerechnet 4.500 € nicht. Die Prozessbevollmächtige der Kläger, Dr. Monika Brzozowska-Pasieka betont, dass es ihnen am meisten auf die Entschuldigung ankam.


Fundstelle: https://www.tagesspiegel.de/


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