Erstes und Zweites juristisches Staatsexamen bundesweit für 2021 abgesagt! (April, April)

Die Justizminister:innen der Länder haben sich einstimmig darauf geeinigt, die Prüfungen des Ersten und Zweiten juristischen Staatsexamens bundesweit für das Jahr 2021 auszusetzen. Damit reagiert die Justizminister-Konferenz auf die steigenden Corona-Infektionszahlen.

Bereits am Dienstag wurde überraschend eine Justizminister-Konferenz in Berlin einberufen, bei der sich – ähnlich der Ministerpräsidentenkonferenz – die 16 Justizminister:innen der Länder trafen. Gemeinsam wollte man Lösungswege in Bezug auf die anhaltende Corona-Pandemie finden. Dabei wurden nicht nur Strategien im Umgang mit dem Coronavirus bei Gericht, den Staatsanwaltschaften und in den Justizvollzugsanstalten erörtert, sondern auch über die Ablegung der juristischen Staatsexamina diskutiert.

Hygienekonzepte bei Examina nicht ausreichend

Auf Grund der hohen Absolventenzahlen war es im vergangenen Jahr häufig so, dass trotz des Pandemiegeschehen viele Examenskandidat:innen in größeren Gruppen zum Staatsexamen antreten mussten. Die Justizprüfungsämter der Länder bemühten sich zwar, Hygienekonzepte zu erarbeiten, dies gelang jedoch nicht immer. Probleme bestanden oft bereits schon darin, geeignet große Räumlichkeiten für die Prüfungen zu finden. Auch war man sich darüber einig, dass es nicht zumutbar sei, die Studierenden jeweils für fünf Stunden zum Tragen von FFP2-Masken zu verpflichten. Häufig bestanden die Hygienekonzepte deswegen lediglich aus einem größeren Abstand zwischen den Tischen, vermehrtem Lüften sowie dem Bereitstellen von Desinfektionsmittel.

Auch die mündlichen Prüfungen stellten die Justizprüfungsämter vor große Herausforderungen. Trotz steigender Infektionszahlen fand der direkte Kontakt zwischen Prüfer:innen und Prüflingen in allen 16 Bundesländern statt. Teils jedoch mit größeren Abständen. Einige ältere Jurist:innen, die bereits seit Jahrzehnten als Prüfer:innen tätig waren, sagten ihre Teilnahme an den mündlichen Prüfungen ab. Daraufhin mussten Ersatz-Prüfer:innen gefunden werden.

Ersatzlose Absage der Prüfungen unverhältnismäßig!

Der bisherige Konsens bestand bundesweit darin, dass das Ablegen der Ersten und Zweiten juristischen Staatsprüfung den angehenden Jurist:innen auf jeden Fall ermöglicht werden müsse. Es sei nicht vertretbar, einen ganzen Jahrgang von jungen Akademiker:innen daran zu hindern, ihre Abschlussprüfung abzulegen. Auch ein Verschieben der Staatsexamina auf einen späteren Zeitpunkt hielten die Justizminister:innen für nicht sinnvoll. Schließlich sei nicht abzusehen, wie lange die Pandemie den Alltag aller noch diktiere.

Peter Strobel (CDU) äußerte sich deswegen gleich zu Beginn der Konferenz besorgt. Der Justizminister des Saarlandes meint: „Wir müssen jungen Menschen eine Perspektive bieten. Sie ihrer Abschlussprüfung zu berauben, halte ich deswegen für gefährlich. Das gilt für das Abitur genauso wie für alle anderen Studiengänge.“

Die Hamburger Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne) hält eine Abwägung ebenfalls für schwierig. Sie betont jedoch, dass es Fälle gäbe, in denen Einzelinteressen hinter der Gesundheit der Bevölkerung zurücktreten müssten. „Es ist nicht mehr vertretbar, Friseure und Restaurants zum Schließen zu zwingen, gleichzeitig aber 50 oder mehr Examenskandidat:innen über mehrmals fünf Stunden in einem geschlossenen Raum unterzubringen.“ Dies stelle nicht nur für die betroffenen Kandidat:innen ein erhöhtes Gesundheitsrisiko dar, sondern auch für deren Familien und alle anderen Kontaktpersonen.

E-Klausuren bei Staatsexamen kein gangbarer Weg

Erörtert wurde unter anderem auch, ob es möglich wäre, die Klausuren online abzulegen. In dieser Hinsicht weit fortgeschritten, ist die FernUniversität Hagen. Diese ermöglicht ihren Studierenden in vielen Fächern bereits sogenannte “open book” Klausuren, die am Computer zu Hause geschrieben werden. In Kritik geriet die FernUniversität jedoch, weil sie ihre Studierenden beim Ablegen der Prüfungen teils streng mittels Webcam und Raum-Scan sowie dauerhaft aktiviertem Mikrofon überwacht (wir berichteten). Eine lückenlose Überwachung der Examenskandidat:innen halten Expert:innen für fast unmöglich. Betrugs-Versuche von Seiten der Studierenden seien deswegen vorprogrammiert. Die Justizminister-Konferenz kam – vor allem in Hinblick auf den Stand der Digitalisiserung in Deutschland – deswegen zu dem Ergebnis, dass ein online Staatsexamen mit den zur Verfügung stehenden Resscoucen momentan noch nicht möglich sei.

Letztendlich einigte man sich bei der Justizminister-Konferenz auf einen Kompromiss. Alle Beteiligten hielten eine ersatzlose Streichung der beiden Examina auch im Hinblick auf die Bedeutung von Art. 12 GG für nicht vertretbar. Stattdessen wurden andere Lösungswege gesucht. Herbert Mertin (FPD) brachte für das Land Rheinland-Pfalz erstmals die Idee einer “Notenanrechnung” auf den Tisch. “Die Studierenden benötigen ein Abschlusszeugnis. Ohne wären sie in der Wirtschaft verloren. Ich plädiere deswegen dafür, den Studierenden ein Zeugnis auszustellen, das aus ihren bisherigen Noten nach Ablegen der Zwischenprüfung besteht.”

Abschlusszeugnis setzt sich aus Durchschnittsnoten zusammen

Der Vorschlag wurde mit großer Zustimmung angenommen. Die Erste und Zweite Juristische Staatsprüfung fallen damit im gesamten Jahr 2021 in allen 16 Bundesländern aus. Den betroffenen Studierenden wird statt dem Zeugnis über das Bestehen der Erstenn juristische Staatsprüfung ein Ersatz-Abschlusszeugnis ausgestellt. Dieses setzt sich aus dem Schnitt der Noten seit dem Ablegen der Zwischenprüfung zusammen. Statt einem Notenzeugnis über das Bestehen des Zweiten juristischen Staatsexamens erhalten Referendar:innen bundesweit einen Nachweis, dass sie die zweijährige Referendariatszeit erfolgreich abgelegt hätten.

Ein zeitweise ins Spiel gebrachtes “Wahlrecht” der Studierenden lehnten die Justizminister:innen aus Gründen der Chancengleichheit ab. Es ist den Betroffenen damit nicht möglich, einfach ein Jahr zu warten und die Abschlussprüfung erst im Jahr 2022 unter regulären Bedingungen abzulegen.

Der Beschluss der Justizminister-Konfernz stieß bei Betroffenen teils auf heftige Kritik. Der Bundesverband rechtswissenschaftlicher Fachschaften kündigte für den kommenden Samstag eine großangelegte Demonstration vor dem Justizministerium in Berlin und Bonn an. Gleichzeitig werde man “rechtliche Schritte” gegen den Beschluss prüfen.


Fundstelle: https://www.lto.de/
Fundstelle: https://www.bmjv.de/

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