Wegen des Diebstahls von 250.000 Euro hat das Amtsgericht Hamburg-Barmbek eine angebliche Wunderheilerin zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Das Geld sollte für ein Heilritual unter dem Bett versteckt werden.
Eine 29-Jährige aus Kerpen bei Köln hat sich das Vertrauen einer 54-Jährigen Hamburgerin erschlichen. Die Angeklagte gab vor, sie könne die schwer erkrankte Schwägerin der Frau durch ein Ritual heilen. Die Hamburgerin müsse dafür 300.000 Euro in Plastikfolie umwickelt unter ihrer Matratze verstecken und intensiv beten. Dann würden die bösen Dämonen vertrieben werden.
Doch die 54-Jährige konnte auf die Schnelle nur 250.000 € besorgen. Die angebliche Hellseherin versprach ihr deswegen, selbst 50.000 € zum Geld unter dem Bett beizusteuern. Der Heilungserfolg des Rituals sei davon abhängig, dass die Hamburgerin anschließend keinesfalls unter der Matratze nachschaue. Immerhin drei Monate lang hielt sich die Frau auch an dieses Versprechen. Dann schaute sie doch nach und stellte erschüttert fest, dass unter dem Bett nur noch Spielgeld lag. “Ich habe das Geld wieder eingepackt und habe es wieder unters Bett gelegt, habe gebetet, habe Kerzen angemacht, dann habe ich es wieder rausgeholt, bin in die Küche und habe es nochmal ausgepackt”.
Nur Spielgeld unter dem Bett
Die Frau zeigte die angebliche Hellseherin an und vor dem Amtsgericht spielte sich daraufhin ein kleines Drama ab. “Ich weiß, das klingt alles lächerlich”, gab die Hamburgerin in Tränen vor Gericht an. “Aber meine Hoffnung war so groß.” In Richtung der Angeklagten rief sie: “Ich hab Dich damals wirklich geliebt, jetzt musst Du damit leben, dass Du für mich ein Stück Dreck bist.”
Während der Verhandlung bricht die Frau immer wieder in Tränen aus, sobald sie von der Vergangenheit berichtet. Bis zum Tag der Offenbarung sei die Angeklagte tatsächlich eine sehr gute Freundin für die 54-Jährige gewesen. Das machen auch einige Chat-Verläufe zwischen den beiden Frauen deutlich. Warum sie sich überhaupt auf das Ritual eingelassen habe, erzählte die Frau nochmals vor Gericht: “Es gab medizinischerseits keine Hoffnung mehr für meine Schwägerin und ich wollte jede Chance wahrnehmen, um ihr zu helfen. Ich hätte mir das sonst nie verziehen. Nur wegen dieser Motivation kann ich überhaupt mit diesem Kapitalschaden leben.”
Keine medizinische Hoffnung
Harte Worte. Doch auch Staatsanwaltschaft und Gericht sehen in der Frau nur eine gemeine Diebin. Die Staatsanwältin hatte in der Anklage zwei Jahre und sechs Monate Haft beantragt, der Verteidiger Freispruch gefordert. Das Gericht verurteilte die 29-Jährige letztendlich sogar zu einer Haftstrafe von insgesamt drei Jahren. Die Angeklagte habe sich das Vertrauen der 54-Jährigen erschlichen und mit dem vermeintlichen Heilungsritual die Notlage der Frau ausgenutzt, so das Gericht. Die Darstellung der geschädigten Frau sei glaubwürdig.
Die Richterin begründete das härtere Strafmaß mit fünf einschlägigen Vorstrafen der Angeklagten. Die angebliche Hellseherin muss die 250.000 Euro außerdem zurückzahlen und die Kosten des Verfahrens tragen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Prozess hatte bereits vor einem Jahr stattfinden sollen, wurde dann aber immer wieder kurzfristig verschoben. Die beiden letzten Male hatte sich die Angeklagte krank gemeldet.
Amerkung: Dieser Artikel erschien in Kooperation mit dem DeGryuter Verlag auch in der April-Ausgabe der JURA – Juristische Ausbildung (Klick).
Entscheidung: AG Hamburg-Barmbek, Urt. v. 15.12.2020, Az. 846 Ls 99/19