Die Bezeichnung eines Internetangebots zur Dokumentenbeschaffung als “Standesamt Online” ist irreführend

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Das Landgericht Berlin hat dem Betreiber der Internetadresse “Standesamt24.de” untersagt, ihren Service als “Standesamt Online” zu bezeichnen und die Domain für ihr kostenpflichtiges Online-Angebot zur Beschaffung von Dokumenten und Urkunden zu verwenden. Darin läge eine Täuschung der Verbraucher:innen.

Eigentlich sollte man meinen, jedem sei klar, dass man sich nicht im Internet scheiden lassen kann. Denn auch die Hochzeit hat schließlich vor einem realen Standesamt stattgefunden. Trotzdem klagte der Bundesverband der Verbraucherzentrale gegen das Angebot “Standesamt Online” unter der Adresse “Standesamt24.de”. Und bekam vor dem Landgericht Berlin Recht.

Irreführung der Verbraucher:innen

Das beklagte Unternehmen hatte auf seiner Internetseite einen kostenpflichtigen Service zur Beschaffung von offiziellen Dokumenten, beglaubigten Abschriften und Urkunden von den Standesämtern an. Über den Dienst der Beklagten konnten Verbraucher:innen die Unterlagen online anfordern, indem sie ein Formular ausfüllen, mit dem diese dann wiederum bei den tatsächlichen Standesämtern die Unterlagen für die Verbraucher:innen anfordert. Für den Service wurden aber Gebühren fällig, die über die üblichen Gebühren der Standesämtern hinausgingen.

Der klagende Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hielt dies für wettbewerbswidrig. Der Anbieter erwecke den falschen Eindruck, seine kostenpflichtige Dokumentenbeschaffung sei ein offizieller Service der Standesämter. Damit würden Verbraucher:innen in die Irre geführt.

Das beklagte Unternehmen argumentierte dagegen. Ihr lnternetauftritt sei nicht irreführend. Es sei für die “angesprochenen Verkehrskreise klar ersichtlich”, dass es sich nicht um einen Dienst einer öffentlichen Einrichtung, sonden um den eines privaten Dienstleisters handele. Das Wort Standesamt sei notwendiger und zugleich auch zulässiger Bestandteil der Beschreibung der von der Beklagten erbrachten Dienstleistungen. Auch im Übrigen liege keine Irreführung vor. So böten nach ihrer Einschätzung “mehr als 50 % der Standesämter in Deutschland gar keinen Service an”, über den online Urkunden abgerufen werden könnten.

Name der Firma und Zusatz “24” unerheblich

Das Landgericht Berlin schloss sich dieser Argumentation jedoch nicht an. Es läge eine Irreführung iSd. § 5 I UWG vor. Sowohl die Webadresse “Standesamt24.de” als auch die auf der Webseite verwendeten Schlagworte wie „Standesamt Online“ und „Standesamt24“ suggerierten einen Bezug zu den Standesämtern, der in Wirklichkeit nicht bestehe. Der offizielle Anstrich werde zudem durch die Verwendung der Bundesfarben und die auf eine Behörde hindeutende Wortwahl unterstützt. Der Kläger habe deswegen gegen den Beklagten einen Unterlassungsanspruch aus § 8 UWG. Die Richter:innen argumentierten:

“Dass die Firma der Beklagten tatsächlich das Wort „Standesamt” nicht enthält, viel­mehr im Impressum eine GmbH als Verantwortliche genannt wird, nimmt nur der sehr aufmerksame Nutzer wahr, der sich die Mühe macht, das Impressum einzusehen, was nur auf einen Bruchteilder Nutzer zutreffen wird. Entgegen der Auffassung der Beklagten gibt der Zusatz “24” keinerlei Hinweis dar­auf, dass die Webseite kommerziell ist. Wenn überhaupt, wird der durchschnittlich aufmerksame Nutzer dies allenfalls als Hinweis darauf verstehen, dass dieser Dienst 24 Stunden am Tag verfügbar ist, was für einen Online-Dienst typisch ist.”

Für den Fall der Zuwiderhandlung setzte das Gericht im Urteil ein Ordnungsgeld von 250.000 Euro fest.


Entscheidung: LG Berlin, Urt. v. 07.01.2021, Az. 52 O 33/20
Fundstelle: https://www.kostenlose-urteile.de/
Fundstelle: https://www.datev-magazin.de/

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