Zahnweh, Sex und Migräne gehören nicht ins Bewerbungsschreiben!

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Auch unter Bewerbungsexpert:innen und Personaler:innen scheiden sich die Geister, wenn es um die Frage geht, ob Hobbys im Lebenslauf Erwähnung finden sollen. Und falls ja: Zeigen Ballsportarten wie Fußball und Handball wirklich Teamfähigkeit? Und was ist mit langweiligen Hobbys wie “lesen” und “kochen”? Das Landessozialgericht Hamburg hat jedenfalls klar gemacht, was nicht in eine Bewerbung gehört. Erholen, Schlafen, Gymnastik, Zahnweh, Grippe, Migräne, Kunst und Sex.

Im vorliegenden Fall erließ ein Jobcenter gegenüber einem Arbeitslosen einen Verwaltungsakt. Dieser verpflichtete den Mann dazu, dass er sich mit Zeugnissen und Lebenslauf auf weitere Arbeitsstellen bewerben sollte. Das Jobcenter betonte aber explizit, dass die Bewerbung ohne eine sogenannte “Mottoliste” erfolgen solle. Eine solche hatte der Leistungsenpfänger seinen vorherigen Bewerbungen nämlich beigefügt. Die Mottoliste enthielt Angaben zu den Themen “Erholen”, “Schlafen”, “Gymnastik”, “Zahnweh”, “Grippe”, “Migräne”, “Sex” und “Kunst”. Das Jobcenter war der Meinung, dass eine solche Liste mutwillig die Einstellung des Mannes verhindern sollte. Gegen das Verbot legte der Betroffene zunächst erfolglos Widerspruch ein und zog dann vor das Landessozialgericht Hamburg. Er meinte, eine Mottoliste sei notwendig, weil eine Bewerbung authentisch abzufassen sei.

Mottoliste bei Bewerbung unüblich

Doch das LSG Hamburg urteilte: So nicht! Die Richter:innen entschieden zu Gunsten des Jobcenters. Die Anweisung, der Bewerbung keine Mottoliste mehr beizufügen, sei rechtmäßig gewesen. Die vom Arbeitssuchenden verwendeten Bewerbungsunterlagen seien nicht geeignet, einen neuen Job zu finden. Sondern hierfür auf Grund der kuriosen Angaben sogar kontraproduktiv. Darüber hinaus liege in der Verwendung solcher Bewerbungsunterlagen eine Pflichtverletzung nach § 31 I 1 Nr. 2 SGB II. Darin heißt es: “Erwerbsfähige Leistungsberechtigte verletzen ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis […] sich weigern, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung, Arbeitsgelegenheit nach § 16d oder ein nach § 16e gefördertes Arbeitsverhältnis aufzunehmen, fortzuführen oder deren Anbahnung durch ihr Verhalten verhindern.”

Manifestation des Desinteresses an der Tätigkeit

Es entspreche nach Ansicht des Landessozialgerichts nicht der Üblichkeit eines Bewerbungsverfahrens, der Bewerbung eine Mottoliste beizufügen. Das ergibt sich „daraus, dass es den Üblichkeiten von Bewerbungsverfahren offensichtlich widerspricht, Darlegungen über die innersten Einstellungen und Anschauungen zu Sexualität und Geistes- bzw. Gefühlswelt vorzulegen. Dem Leser solcher Darlegungen wird sich der Eindruck aufdrängen, dass es dem Bewerber jedenfalls nicht um die angebotene Stelle, sondern eher um das Erforschen und Umkreisen des eigenen Persönlichkeitskerns geht. Die darin liegende Manifestation des Desinteresses an der konkreten Tätigkeit und der Konzentration auf die eigene Persönlichkeit wird potentielle Arbeitgeber nach der Lebenserfahrung abhalten, den Kläger für eine Stelle auszuwählen. Anders als der Kläger meint, gibt seine Mottoliste keinen Aufschluss über seinen Leistungswerdegang; sie hat erkennbar weder beruflichen Bezug noch berufliche Relevanz.“

Das (weitere) Verschicken derartiger Mottolisten müsste daher so aufgefasst werden, dass sich der Mann vor der Aufnahme einer Arbeit drücken wolle. Ihm könnte dann das Arbeitslosengeld II gemindert werden. Ob die weiteren Bewerbungen des Mannes Erfolg hatten, ist leider nicht bekannt.


Fundstelle: LSG Hamburg, Urt. v. 16.06.2011, Az. L 5 AS 357/10
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