Prüfling bei Staatsexamen in Bonn zusammengebrochen – Klausur lief weiter

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Bei einer Klausur im Ersten Staatsexamen in Bonn ist einer der Prüflinge bewusstlos zusammengebrochen. Obwohl der Jurastudent notfallmedizinisch versorgt werden musste, wurde die Klausur nicht abgebrochen.

Am gestrigen Montag, dem 21. Juni 2021, fand der Prüfungsauftakt der Ersten Juristischen Staatsprüfung im Bezirk des Oberlandesgerichts Köln statt. In der Campusmensa in Bonn kam es jedoch während der fünfstündigen Klausur im Öffentlichen Recht zu einem Zwischenfall. Nur etwa eine Stunde nach Beginn der Prüfung – gegen 10 Uhr – brach einer der Kandidaten bewusstlos zusammen. Andere Prüflinge leisteten erste Hilfe bis die, durch die Klausuraufsicht alamierten Notfallsanitäter, eintrafen und den Betroffenen auf einer Trage aus dem Raum brachten.

Obwohl der medizinische Zwischenfall für alle 120 Personen im Prüfungssaal ein großer Schock war, wurde die Klausur nicht abgebrochen. Die Studierenden wurden angewiesen, an ihren Plätzen zu bleiben und weiterzuschreiben. Trotz des schrecklichen Ereignisses wurde ihnen lediglich eine Schreibverlängerung von 20 Minuten gewährt. Auch die Kandidat:innen, die Hilfe geleistet hatten, bekamen keine weitere Schreibverlängerung.

Kurze Schreibverlängerung trotz Hilfeleistens

Betroffene Jurastudent:innen berichteten uns, sie seien geschockt und wüssten nicht, wie es ihrem Kollegen inzwischen gehe. Eine Examenskandidatin zeigt sich entsetzt über die Teilnahmslosigkeit der Klausuraufsicht. Dem Kollegen hätte besser geholfen und die Klausur abgebrochen werden müssen. Die psychische Belastung für die verbleibenden Kandidat:innen sei zu groß. “Es ist völlig irrsinnig, unter welchen Bedingungen dieses Studium und diese Prüfung stattfindet. Kann doch nicht sein, dass wir es als normal hinnehmen, dass da jemand von uns zusammenbricht und wir schreiben als wäre nichts passiert. Das sollte eigentlich ein mehr als ernst zu nehmender Anstoß sein, diese Ausbildung grundlegend zu ändern.”

Auf Anfrage von JURios bestätigte das Justizprüfungsamt Köln am Dienstag den Vorfall und betonte, dass selbstverständlich auch von den Aufsichtspersonen Hilfe geleistet worden sei. Der Examenskandidat sei gegen 10.20 Uhr zur weiteren Behandlung in ein Krankenhaus gebracht worden. Dem Prüfling geht es inzwischen besser! Zur Frage, wieso die Klausur nicht abgebrochen worden sei, antwortete das Dr. Matthias Nordmeyer (RiOLG): “Um die mit diesem medizinischen Notfall für die übrigen Prüflinge verbundenen Störungen angemessen auszugleichen, ist ihnen eine Schreibzeitverlängerung von 20 Minuten gewährt worden. Ein Abbruch der Klausur, der dazu geführt hätte, dass von sämtlichen Prüflingen am Schreibort Campusmensa Poppelsdorf zu einem späteren Zeitpunkt eine neue Klausur hätte angefertigt werden müssen, erschien – auch im Interesse der Prüflinge – nicht geboten.”

Medizinischer Notfall ist kein Einzelfall!

Auch aus Heidelberg berichtet eine ehemalige Examenskandidatin, dass es dort beim Staatsexamen im März 2020 zu einem ähnlichen Vorfall gekommen sei. Noch während die Person bewusstlos im Saal gelegen habe, habe die Aufsicht “Weiterschreiben!” gerufen. Eine Schreibverlängerung habe es im Gegensatz zum Vorfall in Bonn keine gegeben. Hier stellt sich also erneut die Frage der Chancengleichhheit, die jedenfalls zwischen den Bundesländern und den einzelnen Examensdurchläufen nicht gewahrt wird.

Die Vorfälle werfen erneut ein düsteres Licht auf die Umstände, unter denen angehende Jurist:innen in ganz Deutschland ihr Staatsexamen ablegen müssen. Erst letzte Woche berichteten wir darüber, dass in Mannheim eine Klausur des Zweiten Staatsexamens aus organisatorischen Mängeln abgebrochen werden musste. Wo soll das noch hinführen?


Fundstelle: E-Mail von Dr. Matthias Nordmeyer, Richter am Oberlandesgericht

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