JURios – Das kurioseste Urteil Deutschlands: Finale!

Parallel zur Fußball-Europameisterschaft hat JURios die erste juriose Deutschlandmeisterschaft veranstaltet! Mit der Hilfe unserer Leser:innen haben wir das kurioseste Urteil der deutschen Nachkriegsgeschichte gesucht. Im Finale traten die so gefundenen 16 kuriosen Entscheidungen aus den 16 Bundesländern gegeneinander an! Ihr habt Eure Stimme abgegeben und so einen Sieger ermittelt. Das Ergebnis der JURiosen Deutschlandmeisterschaft um das kurioseste Urteil findet Ihr am Ende dieser Seite!

Baden-Württemberg

Für Baden-Württemberg hat es das Amtsgericht Ehingen im Südosten des “Ländle” ins Finale geschafft! Eingereicht wurde eine Entscheidung, die genau zeigt, welche Mentalität unter den Schwaben vorherrscht. Der Leitsatz der Entscheidung lautet folgendermaßen: “Im schwäbischen Sprachraum wird “Leck mich am Arsch” alltäglich verwendet. Es handelt sich zwar um einen derben Ausspruch. Eine Herabwertung der Ehre des Gesprächspartners ist damit aber noch nicht verbunden.” 

AG Ehingen, Beschl. v. 24. 6. 2009, Az. 2 Cs 36 Js 7167/09

Bayern

Wahrlich magisch wird es in Bayern. In dem so christlichen Bundesland musste sich das Amtsgericht München mit einer (echten?) Hexe auseinandersetzen. Es urteilte: “Eine Hexe hat keinen Anspruch auf die Vergütung für die Ausführung eines Liebeszaubers und einer Beratung auf Grundlage von Kartenlegen und Kabbala.”

AG München, Urt. v. 05.04.2006, Az. 212 C 25151/05

Berlin

Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin! Und treffen dort eine ganz besondere Finanzbeamtin. Die ließ sich nämlich in recht eindeutigen Posen als Domina fotografieren. Die Oberfinanzdirektion Berlin warf ihr deswegen vor, einer ungenehmigten Nebentätigkeit nachzugehen. Man sah sich vor dem Verwaltunsgericht Berlin wieder. Dieses urteilte, die Fotos würden nicht so schwer wiegen, “dass das für eine weitere Zusammenarbeit erforderliche Vertrauen des Dienstherrn wie auch der Allgemeinheit in die Integrität der Beamtin endgültig zerstört, ihre Entfernung aus dem Dienst unabweisbar ist“.

Verwaltungsgerichts Berlin, Urt. v. 11.06.2008, Az. 80 A 17/07

Brandenburg

Das OLG Brandenburg durfte sich mit dem Ende eines jeden Menschen befassen. Dem Tod. Und der ist juristisch höchst interessant, wie folgende Entscheidung zeigt: “Der hier von dem Beklagten unstreitig mit dem „Bestattungshaus R…“, welche ein „handwerksähnliches Gewerbe“ betreibt – vereinbarte Bestattungsvertrag stellt einen Werkvertrag mit einzelnen, andersartigen Nebenleistungen aus dem Bereich des Dienstvertragsrechts, der Geschäftsbesorgung und auch des Kaufrechts dar.”

OLG Brandenburg, Urt. v. 22.06.2020, Az. 34 C 76/19

Bremen

Das AG Bremen hat das 21. Jahrhundert eingeläutet. Es musste sich im Jahr 2020 mit einer negativen Google-Rezension für einen Anwalt befassen und stellte fest: “Ein Rechtsanwalt muss die Behauptung zur fehlenden Kenntnis der deutschen Sprache sowie der Nichteinhaltung deutscher Gesetze nicht dulden.”

AG Bremen, Urt. v. 24.04.2020, Az. 9 C 410/19

Hamburg

Hamburg ist bekannt für seine Reeperbahn. Und für schlüpfrige Urteile. Das Landgericht Hamburg hat die Suchmaschine Google verurteilt, es zu unterlassen, weiterhin Bilder von einer Sexparty des früheren FIA-Präsidenten Max Mosley über seine Bildersuche zu verbreiten. Angedroht wurde ein Ordnungsgeld in Höhe von 250.000€. Für Google eher Peanuts.

LG Hamburg, Urt. v. 24.01.2014, Az. 324 O 264/11

Hessen

Die im Jahre 1911 geborene Klägerin wehrte sich seit einigen Jahren dagegen, dass in den Wetterberichten die Schönwetterperioden als „Altweibersommer” bezeichnet werden. Dies sei Frauenfeindlich. Die Klage wurde am 02.02.1989, also an „Altweiberfastnacht” durch das LG Darmstadt abgewiesen.

LG Darmstadt, Urt. v. 02.02.1989, Az.: 3 O 535/88

Mecklenburg-Vorpommern

Für MeckPom liegt uns eine höchst unstetige Entscheidung des Landgerichts Rostock vor. Es geht um die Pflichten der Besatzung auf einem Kreuzfahrtschiff. “Ist der Schiffsführung bekannt, dass trotz unauffälligen Seegangs zum Beispiel durch eine besonders hohe Welle sich das Kreuzfahrtschiff unerwartet bewegt, so müssen die Reisenden darauf hingewiesen werden. Fehlt es an einem solchen Hinweis und stürzt ein Reisender, so kann dafür der Kapitän des Schiffes sowie die Reiseveranstalterin haften.”

LG Rostock, Urt. v. 12.07.2019, Az. 1 O 11/18

Niedersachsen

Ein Urteil des Landgerichts Lüneburg schaffte es bis vor den Bundesgerichtshof. Und worum ging es? Um die Wegnahme von Dirnenlohn! “Nach § 1 ProstG erwirbt eine Prostituierte nur dann eine rechtswirksame Forderung, wenn die sexuellen Handlungen tatsächlich bereits gegen ein vorher vereinbartes Entgelt vorgenommen wurden. Nicht, wenn der Freier es sich vorher anders überlegt.”

BGH, Beschl. v. 21. Juli 2015, Az. 3 StR 104/15

Nordrhein-Westfalen

Achtung! Fäkalien-Alarm bei dieser Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf: “Ein Verkehrsverstoß kann im Einzelfall durch einen Notstand (§ 16 OWiG) gerechtfertigt sein, wenn der oder die Betroffene ihn begangen hat, um einem plötzlich aufgetretenen und unabweisbaren Stuhldrang (Durchfall) nachzukommen.”

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 06.12.2007, Az. IV-5 Ss-OWi 218/07 – (OWi) 150/07 I 

Rheinland-Pfalz

Vor dem Amtsgericht Trier wird es recht schlüpfrig! Die Entscheidung sollte in unserer Meisterschaft jedoch gute Karten haben. Schließlich gilt der Grundsatz “sex sells!”. Und das war geschehen: “Nach Beendigung der nicht ehelichen Lebensgemeinschaft hat der Partner, der alleine die Kosten für eine Empfängnisverhütung getragen hat, grundsätzlich keinen Anspruch auf Erstattung dieser Kosten. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn ein Partner während der Zeitdauer der vom anderen finanzierten Empfängnisverhütung mit einem Dritten geschlechtlich verkehrt.”

AG Trier, Urt. v. 6. 4. 2001, Az. 32 C 61/01

Saarland

Auch im Saarland hält der Sommer Einzug. Doch die Saarländer fragen sich: Darf man sich nackt im Garten sonnen? Das Amtsgericht Merzig kennt die Antwort: “Die Tatsache, dass sich eine Mieterin im Garten nackt sonnt, berührt nicht den Hausfrieden. Es sei die freie Entscheidung der Mieterin, ob und wie sie sich sonnt.”

AG Merzig, Urt. v. 05.08.2005, Az. 23 C 1282/04

Sachsen

Die Menschen in Sachsen mögen es deftig! Deswegen zieht auch der Sauerbraten-Fall des AG Auerbach in unsere Liste der kuriosesten Urteile ein. “Weigert sich ein Gast eine Speise zu bezahlen (hier: Sauerbraten), muss der Wirt beweisen, dass die Speise ordnungs- und vertragsgemäß zubereitet und dargereicht wurde.”

AG Auerbach, Urt. v. 31.05.2002, Az. 3 C 883/01

Sachsen-Anhalt

In der Werbung ist alles erlaubt, was gefällt? Mitnichten! Gerade die Werbung für Alkohol und Zigaretten ist streng reglementiert. Deswegen urteilte das Landgericht Magdeburg auch: “Die Werbeaussage “E-Zigaretten retten Leben”  auf der Webseite eines E-Zigaretten-Verkäufers stellt eine Wettbewerbsverletzung dar.”

LG Magdeburg, Urt. v. 30.09.2020, Az. 36 O 12/20

Schleswig-Holstein

Aus Deutschlands nördlichster Landeshauptstadt erreicht uns ein echtes Skandal-Urteil! Eine Kieler Staatsanwältin soll hunderte Rinder, Pferde, Hunde und Katzen beschlagnahmt und notveräußert haben, ohne das gesetzliche Recht der Tierhalter:innen zum Widerspruch zu beachten.

LG Kiel, Urt. v. 14.08.2020, Az. 7 KLs 6/17315 Js 18711/14

Thüringen

In Thüringen fließen Flüsse aus Alkohol! Den Eindruck kann man zumindest gewinnen, wenn man sich das Urteil des Landessozialgerichts Thüringen ansieht. „Die Rechtsprechung hat Tätigkeiten als Barmixer, Spirituosenvertreter und Weinprüfer angeführt und darauf abgestellt, dass in diesen Beispielsfällen die Betriebstätigkeit Alkoholgenuss notwendig mit sich bringe oder doch der Alkoholgenuss im Rahmen der Betriebstätigkeit unvermeidbar sei.”

Landessozialgericht Thüringen, Urt. v. 22.11.2000, Az. L 1 U 681/98


Ergebnis – Das kurioseste Urteil Deutschlands

Zwei Bundesländer lieferten sich am Ende ein spannendes Duell. Aus diesem ging das OLG Düsseldorf (NRW) als Sieger hervor. Der Fäkalien-Alarm aus dem Jahr 2007 hat 41 % der Stimmen erhalten. Auf Platz zwei landete das kleine Amtsgericht Ehingen (BW). Der „Leck-mich-am-Arsch“ Entscheidung haben 21% Ihre Stimme gegeben. Dritter wurde das “recht schlüpfrige” Urteil des LG Lüneburg (Niedersachsen)

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Redaktion
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JURios. Kuriose Rechtsnachrichten. Kontakt: redaktion@jurios.de

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