Im Juni 2021 ergingen gleich zwei spannende Entscheidungen zur Lieblingsbeschäftigung der Deutschen im Sommer: Dem Grillen. Ein Nachbar muss mit seinem Grill keinen Mindestabstand von 10 m zur Grundstücksgrenze einhalten. Das entschied das Amtsgericht Idstein (Hessen). Das Verwaltungsgericht Mainz urteilte fast zeitgleich, dass ein Anwohner das Grillen auf einer öffentlichen Parkfläche nicht unterbinden lassen kann.
Der Fall aus Hessen ist schnell erzählt. Der Kläger ist Eigentümer eines Grundstückes in Idstein und die Beklagten sind Eigentümer:innen des benachbarten Grundstücks. Durch das Grillen der Beklagten fühlte sich der Kläger beeinträchtigt. Er verlangte deswegen, dass seine Nachbar:innen beim Grillen einen Mindestabstand von 10 m zu seiner Grundstücksgrenze einhalten sollen. So nicht! entschieden die Richter:innen. Hierfür gäbe es bereits keine gesetzliche Anspruchsgrundlage. Im Übrigen liefe die Vorstellung des Klägers in der Praxis auf ein “allgemeines Grillverbot im Freien” hinaus. “Bei dem vom Kläger geforderten Mindestabstand könnten erst Grundstückseigentümer im Freien Grillen, deren Grundstück über 20 Meter breit ist. Dass dies abwegig ist, bedarf keiner näheren Begründung.”
Deutsche Gerichte entscheiden grillfreundlich
Und auch die Richter:innen in Mainz entschieden pro Grillen. Was war geschehen? Der Kläger bewohnt eine Wohnung, die an den im Volkspark Mainz ausgewiesenen Grillbereich angrenzt. Er machte geltend, dass durch den beim Grillen und durch offene Lagerfeuer entstehenden Rauch und Grillgeruch die Nutzung seiner Wohnung erheblich eingeschränkt sei. Den Immissionen sei er täglich über das ganze Jahr hinweg ohne zeitliche Beschränkungen ausgesetzt, sodass die Fenster tags und nachts geschlossen gehalten werden müssten und ein Lüften der Wohnräume unmöglich sei. Er verlangte deswegen von der Stadt die Untersagung der Nutzung der dortigen Grillanlage.
Das Verwaltungsgericht Mainz wies die Klage jedoch ab. “Bei der notwendigen Abwägung aller Umstände des Einzelfalls sei nicht festzustellen, dass die Rauch- und Geruchsimmissionen nach Art, Ausmaß und Dauer eine erhebliche Belästigung für den Kläger als Nachbarn darstellten.” Beim Grillen handele es sich um eine seit langem stattfindende, “allgemein akzeptierte Freizeitaktivität”. Diese Vorbelastung habe der Kläger als ortsüblich hinzunehmen. Zur Wohnung des Klägers bestünde ein Abstand von 90 m mit einem 60 m breiten Baum- und Buschgrünstreifen, der ein Abdriften von Rauch und Gerüchen in Richtung der Wohnung des Klägers in weiten Teilen verhindere.
Fundstelle: AG Idstein, Urt. v. 08.06.2020, Az. 3 C 281/19 (10)
Fundstelle: VG Mainz, Urt. v. 23.06.2021, Az. 3 K 427/20.MZ