Am Amtsgericht Viechtach (Bayern) findet momentan ein höchst kurioser Strafprozess wegen einer Beleidigung statt. Der AfD-Kreisrat Thomas Seidl sieht sich durch Plakate der Satire-Partei “Die PARTEI” verunglimpft, auf denen er als “Kasperl” dargestellt wird.
Im Vorfeld der Bürgermeisterwahl 2020 in der Gemeinde Regen hängte der Kreisverband der Satire-Partei “Die PARTEI” ganz besondere Plakate auf. Unter die Wahlplakate des AfD-Kreisrats Thomas Seidl montierten sie eigene Plakate mit der Aufschrift “Der Kasperl kommt”. Das gefiel dem AFDler natürlich überhaupt nicht. Er beschwerte sich bei der Stadtverwaltung mit dem Hinweis, Plakate dürften nur am Wahlkampf beteiligte Parteien aufhängen. Die Kasperl-Plakate wurden daraufhin umgehängt, damit zumindest kein Bezug mehr zu Seidl hergestellt werden konnte.
Hat die provokante Äußerung Sachbezug zum Wahlkampf?
Doch damit nicht genug. Der Kreisverband der PARTEI veröffentlichte auch noch einen Facebook-Post, in dem zu einer Veranstaltung am Wahlabend eingeladen wurde. Darin hieß es wörtlich “Treiben wir dem Kasperl gemeinsam das AfDerjucken aus”. Daraufhin zeigte Seidl die PARTEI wegen Beleidigung an. Er wolle zeigen, “dass man sich nicht alles gefallen lassen muss.” Die Staatsanwaltschaft Deggendorf gab Seidl Recht und beantragte einen Strafbefehl (§ 407 StPO) gegen den Kreisvorsitzenden der PARTEI, in dem er zu einer Geldstrafe von 2.250 Euro verurteilt werden sollte. Den vom Amtsgericht Viechtach erlassenen Strafbefehl wollte der Kreisvorsitzende jedoch nicht akzeptieren und legte dagegen Einspruch (§ 410 StPO) ein. In der nun anberaumten Hauptverhandlung will die zuständige Richterin unter anderem Zeugen zur Sache anhören.
Der Anwalt des Kreisvorsitzenden sieht den Tatbestand der Beleidigung als nicht erfüllt. Die Bezeichnung als Kasperl stünde in einem “Sachbezug zu den provokanten Facebook-Veröffentlichungen des Herrn Seidl und dem Kommunalwahlkampf”, erklärte der Anwalt gegenüber dem Bayerischen Rundfunk (BR). Der AfD-Politiker habe auf Facebook unter anderem über die Abschiebung eines Asylbewerber geäußert: “Was ist aus meinem Land geworden? Ein Saustall!”. Zum Motto “Der Kasperl kommt” meint der Anwalt deswegen außerdem: “Im´Räuber Hotzenplotz` ist der Kasperl der Schlaue. Soweit würde ich hier nicht gehen”.
Thomas Seidl scheiterte übrigens bei der Bürgermeisterwahl 2020 im Ort Regen. Er erhielt lediglich 367 Stimmen (6,82 %). Bürgermeister der 10.000 Einwohner Gemeinde wurde Andreas Kroner (SPD).
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