Verkaufte Examensklausuren: Komplize soll Anwalt und Repetitor aus Hamburg sein

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Bereits 2017 wurde in Niedersachsen ein heute 54-Jähriger Richter verurteilt, der juristische Examensklausurlösungen verkauft hatte. Jetzt muss sich ein Anwalt und Repetitor aus Hamburg als möglicher Komplize vor dem Oberlandesgericht Hamburg verantworten.

Der Fall liest sich wie ein (schlechter?) Krimi. Bereits 2013 klagte die Staatsanwaltschaft im niedersächsischen Verden den Richter Jörg L. an. Der Vorwurf: Er soll Klausurlösungen an mindestens 13 Referendar:innen verkauft und hierfür jeweils bis zu 20.000 Euro verlangt haben. Nachdem die Staatsanwaltschaft das Büro des leitenden Beamten im niedersächsischen Justizprüfungsamt durchsucht hatte, floh er zunächst nach Mailand. Dort wurde er in Begleitung einer damals 26-jährigen Rumänin aufgegriffen. In seinem Hotelzimmer fanden die italienischen Behörden außerdem eine geladene Pistole sowie 30.000 Euro in bar. Sie setzten den Richter fest und er wurde nach Deutschland ausgeliefert.

Klausuren auffällig nahe an Musterlösungen

Aufgeflogen war der seit 2011 im Justizprüfungsamt tätige Richter nur deswegen, weil einige Klausuren eine auffällige Nähe zu den Musterlösungen aufgewiesen hatten, welche ausschließlich den Korrektor:innen ausgehändigt worden waren. Auch seien die Noten einiger Referendar:innen deutlich besser ausgefallen als in vormaligen Prüfungen. Die Staatsanwaltschaft erhob deswegen Anklage wegen Bestechlichkeit in sechs besonders schweren Fällen, einmal in Verbindung mit dem Verrat von Dienstgeheimnissen sowie einer Reihe von Fällen der versuchter Nötigung. Der Angeklagte habe Referendar:innen mit Anzeigen wegen übler Nachrede und Verleumdung gedroht.

Das Landgericht Lüneburg verurteilte den Richter im Februar 2015 dann zu fünf Jahren Haft (Urt. v. 26.02.2015, Az. 33 KLs 20/14). Der Richter hatte zuvor ein volles Geständnis abgelegt. “Ich möchte die Verantwortung für mein Handeln übernehmen. Ich bin mir bewusst, wie groß der Schaden ist, den ich der Justiz zugefügt habe.” Die Kammer ging letztlich von sechs besonders schweren Fällen der Bestechlichkeit aus, viermal in Verbindung mit versuchter Nötigung und einmal in Verbindung mit dem Verrat von Dienstgeheimnissen. Dazu kamen sechs weitere Einzelfälle von Geheimnisverrat. “Das kriminelle Verhalten des Angeklagten ist in hohem Maße geeignet, den Rechtsfrieden zu stören”, beurteilte die Vorsitzende Richterin den Fall. Seit 2017 ist der ehemalige Richter wieder auf freiem Fuß.

Staatsexamen teils nachträglich aberkannt

Die Schummelaffäre führte außerdem dazu, dass rund 200 Sonderprüfer:innen des Justizministeriums die Abschlüsse von 2.000 Jurist:innen untersucht hatten. Einigen Nachwuchsjurist:innen wurde in diesem Zuge das Zweite Staatsexamen nachträglich aberkannt. Doch der seit 2013 andauernde Krimi ist noch lange nicht zu Ende. 2019 wurde Anklage gegen einen mutmaßlichen Komplizen des Richters erhoben.

Ab 21. Oktober diesen Jahres muss sich nun ein Anwalt und Repetitor vor dem Amtsgericht Hamburg. Der Tatvorwurf lautet Bestechung im besonders schweren Fall und Anstiftung zur Verletzung des Dienstgeheimnisses. Dies bestätigte das Oberlandesgericht Hamburg. Der Jurist soll von Jörg L. Klausurlösungen aus dem niedersächsischen Staatsexamen erhalten haben. Da die Bundesländer Examensklausuren untereinander austauschen, soll der Repetitor die Examensklausuren aus Niedersachsen gegen Geld an seine Hamburger Rechtsreferendar:innen weitergegeben haben. Den Erlös wollte man sich teilen. Die beiden Männer sollen sich nach einem Bericht der “Hannoverschen Allgemeinen Zeitung” aus ihrer gemeinsamen Zeiten kennen, als sie in Hamburg Studierende aufs Examen vorbereiteten.


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