AG Kitzingen: Urteil um unerwünschte Sextoys

Das Schöffengericht Kitzingen verurteilte einen Mann 2019 zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe. Der Grund ist mehr als kurios. Er soll seinen Mitarbeiter:innen massenweise Sextoys geschickt haben.

Ein bisschen häufiger als regelmäßig wurden im Jahre 2015 Pakete bei diversen Personen zugestellt. Diese Personen hatten aber gar nichts bestellt! Jurist:innen assoziieren mit unbestellten Leistungen den § 241a BGB. Die Kurzfassung: Nicht bestellte Waren, die ein:e Verbraucher:in von einem:r Unternehmer:in erhält, darf man konsequenzenlos behalten. Traf das auch in diesem Fall zu? Eher nicht!

Reihe von Fake-Bestellungen

Hier war es anders: Die Unternehmen, welche die Pakete versendeten, hatten jeweils eine echte Bestellung vorliegen. In den Paketen befanden sich die unterschiedlichsten Sachen. Insbesondere deckten diese die gesamte Bandbreite an Sextoys ab (Sexpuppe, Dildos, Vibratoren, Sexmaschinen). Aber auch Uhren und Armbänder erhielten die Empfänger:innen, genauso wie Mobilfunkverträge, Zeitschriften-Abos und Lose von Klassenlotterien. Angeblich waren die Bestellungen auch von den jeweiligen Empfangenden aufgegeben worden, denn in der Bestellbestätigung waren ihre Namen angegeben. In Wirklichkeit war dem aber nicht so.

Die Empfänger:innen waren ratlos. Das Mysterium sprach sich in der Nachbarschaft und im Bekanntenkreis herum. Und es kristallisierte sich heraus: Die Empfangenden waren immer unzufrieden ausgeschiedene Mitarbeiter:innen eines einzigen Betriebes. Dem Ausscheiden ging immer ein Zwist mit dem Vorgesetzten voraus, der regelmäßig erst vor dem Würzburger Arbeitsgericht entschieden werden konnte. Der Chef hatte nicht nur ein Motiv, sondern war auch noch im Besitz sämtlicher Daten, um die Bestellungen aufzugeben.

Sextoys vom Chef

Es kam wie es kommen musste. Die Mitarbeiter:innen zeigten ihren ehemaligen Vorgesetzten an und langwierige Ermittlungen wurden eingeleitet. Der 54-Jährige stritt jahrelang alles ab. Es kam dennoch zur Anklage, welche sage und schreibe 41 Vorwürfe enthielt. Dem Mann wurde die Fälschung beweiserheblicher Daten gem. § 269 StGB in 41 Fällen vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft formulierte das Motiv des Mannes wie folgt: „Er wollte sich rächen!“.

Das Verfahren war zunächst auf drei Tage angesetzt. Es sollten Zeug:innen gehört werden und in der Zwischenzeit waren zwei Gutachten angefertigt worden. Schneller als gedacht endete der Strafprozess jedoch durch ein überraschendes Geständnis des Angeklagten. Der Unternehmer gestand, für die unerwünschten Bestellungen verantwortlich zu sein. Die Verteidigung erklärte diesen Sinneswandel damit, dass der Chef „seinen Frieden mit dem Freistaat Bayern haben“ wolle.

Dieses Verfahren war nicht das einzige, das gegen den 54-Jährigen geführt wurde. Außerdem war er noch anderweitig – insbesondere wegen Beleidigung – angeklagt. „Das lastet auf ihm“, so die Verteidigung.

Vorgesetzter nun im Ruhestand

In dem betroffenen Unternehmen ist auch der Chef inzwischen nicht mehr Chef. Er schied 2018 aus der Firma aus. Der Mann erklärte dies mit gesundheitlichen Problemen.

Jetzt befindet er sich im Ruhestand und lebt nach eigenen Angaben von einer Betriebsrente. „Ruhestand“ ist hier jedenfalls aus strafprozessualer Sicht wörtlich zu nehmen. Die restlichen anhängigen Verfahren gegen ihn wurden eingestellt. Ein Geständnis war – so einigten sich die Beteiligten vorab in einem Rechtsgespräch – Voraussetzung dafür. Außerdem freut sich der Kitzinger Tierschutzverein über 5.000 €, die der Mann im Rahmen einer Geldauflage an den Verein zahlen musste.


Fundstelle: https://www.sueddeutsche.de/

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