In Deutschland ist die Verwendung des Hitlergrußes – im Gegensatz zur Rechtslage in den meisten anderen Ländern – strafbar. Das regelt § 86a StGB (Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) sowie § 130 StGB (Volksverhetzung). Kein Wunder also, dass es gerade zum Hitlergruß herrlich kuriose Entscheidungen gibt.
Dazu gehört unter anderem die immer wieder auftretende Frage, ob es sich beim Heben des rechten Armes um ein bloßes Winken oder das Zeigen des Hitlergrußes gehandelt hat. So auch in einem aktuellen Fall vor dem Amtsgericht München. Ein 58-jähriger Schmuckdesigner hatte sich im Mai 2020 im alkoholisierten Zustand am Viktualienmarkt in München aufgehalten. Als der Platz auf Grund der Corona-Maßnahmen geräumt wurde, hob der Mann nahe einer Polizistin seinen rechten Arm. Diese sah darin eindeutig einen Hitlergruß: “Der gestreckte Arm nach oben im 45 Grad-Winkel.” Der Mann behauptete vor Gericht jedoch, er habe den Polizisten lediglich nachgewunken. Eine Geste wie der Hitlergruß würde ihm völlig widerstreben.
Handyvideo zeigt die Armbewegung
Das Gericht nahm daraufhin ein Handyvideo der Tat in Augenschein und kam zu dem Schluss, dass der Schmuckdesigner genau gewusst habe, was er tat. Der Mann habe erkannt, dass es sich beim Heben des rechten Armes um eine Grußform der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft handele. Jedes Gebrauchen einer derartigen Grußform sei in der Öffentlichkeit verboten, um jeden Anschein einer Wiederbelebung derartiger verfassungswidriger Bestrebungen in Deutschland zu vermeiden. Auf eine nationalsozialistische Absicht komme es dabei nicht an. Das AG München verurteilte ihn deswegen zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 30 Euro. (AG München, Urt. v. 22.06.2021, Az. 842 Cs 117 JS 188865/20)
Manchmal fallen die Strafen – vor dem gleichen Gericht – aber auch deutlich happiger aus. Ebenfalls das Amtsgericht München schickte einen vorbestraften 30-jährigen Altenpfleger wegen Beleidigung einer Burka-Trägerin und anschließendem Hitlergruß für sieben Monate in Haft. Ohne Strafaussetzung zur Bewährung. Denn: Ohne Vollzug würde ihm die Strafe nicht ausreichend zur Warnung dienen. Der arbeitslose Altenpfleger hatte im Oktober 2019 im alkoholisierten Zustand in der Münchener U-Bahn eine Burka tragende Frau mit den Worten “Da ist eine Bombe drunter” angesprochen. Als er an der nächsten Station die U-Bahn verließ, streckte er zur Verabschiedung den rechten Arm zum Hitlergruß aus und rief nach diversen Zeugenaussagen „Sieg Heil“ und/oder „Heil Hitler“. Der Strafrichter sah dadurch den Tatbestand des § 86a StGB und des § 130 StGB als erfüllt an. (AG München, Urteil v. 4.3.2021, Az. 844 Ds 116 Js 198348/20).
Soldat ruft “Allahu Akbar” und zeigt Hitlergruß
Beide Urteile zeigen, dass der Hitlergruß schon im zivilen Bereich keine Bagatelle ist. Umso verwerflicher, wenn man als Polizist:in oder Soldat:in damit in Berührung kommt. In der Silvesternacht 2015/2016 gab ein Koblenzer Soldat im Dienstgrad eines Oberbootsmanns im Sanitätsdienst während einer Silvesterfeier mehrere Schreckschüsse aus einer Schreckschusswaffe mit den Worten “Allahu Akbar” ab. Im August 2016 zeigte der Mann in einer Diskothek den Hitlergruß. Zwischenzeitlich erschien der Soldat außerdem im angetrunkenen Zustand und mit einer Bomberjacke mit dem Symbol der Reichskriegsflagge bekleidet in der Notaufnahme des Bundeswehrzentralkrankenhauses.
Das alles reicht, um einen Soldaten fristlos aus dem Dienst zu entlassen, so das Verwaltungsgericht Koblenz. Der Mann habe seine Dienstpflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen und dem Ansehen der Bundeswehr gerecht werdenden Verhalten im Dienst verletzt. Es bestehe hier sowohl Wiederholungsgefahr als auch Nachahmungsgefahr in der Truppe (VG Koblenz, Urt. v. 19.12.2018, Az. 2 K 135/18.KO).
Tattoo mit Runenzeichen, Hakenkreuzflagge, rechtsextreme Musik
Ein ganz ähnlicher Fall schaffte es sogar bis vor das Bundesverwaltungsgericht. Einem Berliner Polizeikommissar wurde vorgeworfen, an der Erstellung von CDs und Booklets mit volksverhetzenden Liedtexten beteiligt gewesen zu sein, Tätowierungen mit Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zu tragen und in der Öffentlichkeit den Hitlergruß gezeigt zu haben. Das BVerwG urteilte deswegen 2017, dass der Beamte dadurch seine Treuepflicht verletzt habe.
“Da der Beklagte nicht nur Tätowierungen von Runenzeichen und Emblemen rechtsextremistischer, rassistischer Musikgruppen trägt, sondern wiederholt den Hitlergruß gezeigt, mit einer Hakenkreuzflagge posiert und nationalsozialistische Devotionalien in seiner Wohnung verwahrt hat, ist sein durch die Tätowierungen dokumentiertes Bekenntnis als grundsätzliche und dauerhafte Abkehr von den Prinzipien der Verfassungsordnung zu werten, die zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führt.” (BVerwG, Urt. v. 17.11.2017, Az. BVerwG 2 C 25.17).
Und die Moral von der Geschicht’? Den Hitlergruß zeigt man in Deutschland lieber nicht!