Urheberrechtsstreit: Harry Potter und der Schulbuchverlag des Schreckens

Das Landgericht Hamburg musste darüber entscheiden, ob ein deutscher Schulbuchverlag Figuren aus Harry Potter benutzen darf.

Harry, Ron und Hermine – die Hauptcharaktere aus den Harry Potter Büchern von J.K. Rowling sind heute jedem Kind ein Begriff. Wieso sollte man sie also nicht in Schulbüchern zu Lehrzwecken einsetzen, fragte sich ein Schulbuchverlag aus Hamburg und tat genau das. Ohne jedoch die entsprechenden Nutzungsrechte an den Harry Potter Charakteren zu haben. Sowohl der deutsche Rechteinhaber als auch die Autorin selbst fanden diese Idee eher weniger gut. Sie verklagten den Schulbuchverlag vor dem Landgericht Hamburg. Die Kläger machten marken-, urheber- und wettbewerbsrechtliche Ansprüche geltend. Autsch!

Verletzung der Marke Harry Potter?

Auf Gerichtsdeutsch hört sich der Sachverhalt übrigens so an: “Die Beklagte vertreibt Bücher in Lose-Blatt-Form als Arbeitshilfen für Lehrer, die den im Unterricht zu behandelnden Stoff aufbereiten. In den Büchern werden jeweils durch Fragen, Zeichnungen, Spielanregungen und andere Aufgabenstellungen für die Schüler Bezüge zum Roman hergestellt. In unterschiedlicher Form werden der Handlungsablauf, die handelnden Personen und ihre Namen, die Umgebungsszenerie, die Benennung der im Roman verwendeten Orte und Gegenstände, die Zaubersprüche sowie zahlreiche weitere Details in Bezug genommen.”

Die Kläger sahen ihre Rechte an den Harry Potter Romanen vor allem deswegen als verletzt an, weil die Beklagte ganze Passagen aus den Büchern übernommen habe. Der Schulbuchverlag habe lediglich die Harry Potter Romane in eine andere Buchform, nämlich ein Lehrbuch, umgeschrieben. Ohne dass irgendetwas eigenes hinzugefügt worden sei. Darin läge eine Urheberrechtsverletzung.

Das sahen die Hamburger Richter:innen jedoch anders. Sie urteilten, dass die Schulbücher keine urheberrechtlichen Verwertungsrechte der Kläger verletzen, da keine geschützten Inhalte übernommen worden seien. Es handele sich dabei vielmehr um eine freie Bearbeitung der Bücher i.S.d. § 24 I UrhG a.F. Darin hieß es bis 2021: “Ein selbständiges Werk, das in freier Benutzung des Werkes eines anderen geschaffen worden ist, darf ohne Zustimmung des Urhebers des benutzten Werkes veröffentlicht und verwertet werden.”

Längere Teile der Bücher werden nicht wiedergegeben

Zur Begründung führten die Richter:innen an: “Längere Teile des Originalromans werden […] nicht wiedergegeben. Die in der Kartei enthaltenen inhaltlichen Bezugnahmen und kurzen Beschreibungen übernehmen die dichterische Welt des Romans nicht. Die […] Kartei […] geht eigene Wege, die außerhalb der Erzählebene des Originalromans liegen. Die Kartei hat einen anderen Aussagegehalt und ersetzt nicht den Werkgenuss […] Die Fabel erschließt sich hier in verständlicher Art und Weise nicht einmal, wenn die selbständigen […] Sätze im Kopf des Lesers zu einem Ganzen zusammengeführt werden. Ohne eine Kenntnis des Originalwerkes bleibt der Inhalt der […] Kartei […] auch […] unverständlich.”

Glück gehabt! Grundsätzlich darf also auf die Namen Harry Potter, Ron Weasley, Hermine Granger Bezug genommen werden, wenn dadurch nicht der gesamte Inhalt der Harry Potter Bücher wiedergegeben wird.

Hinsichtlich der geltend gemachten markenrechtlichen Ansprüche gab das LG Hamburg den Klägern allerdings recht. Da die Marke “Harry Potter” in kennzeichenmäßiger Weise benutzt und zudem mittels Großschreibung und Fettdruck hervorgehoben werde, liege eine Markenverletzung vor.

Es ist nicht das erste mal, dass wir über Harry Potter berichten. 2018 bot ein Juniorprofessor aus Indien eine Harry-Potter-Vorlesung für angehende Jurist:innen mit dem Titel „Fiktionale Fantasy-Literatur und Recht” an. Und auch der Ford Anglia aus dem zweiten Harry Potter Film war immer wieder Gegenstand der Strafverfolgung.


Entscheidung: LG Hamburg, Urt. v. 17.09.2003, Az. 308 O 57/03
Fundstelle: https://www.dr-bahr.com/

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