Umgangsrecht der Großeltern? Nicht, wenn diese als Akademiker:innen die “Biographie” der Mutter ablehnen

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Das Oberlandesgericht Braunschweig hatte Mitte dieses Jahres über die Frage zu entscheiden, ob ein Umgangsrechts der Großeltern mit ihrem Enkelkind auch dann besteht, wenn ihr Verhältnis zur Kindesmutter stark belastet ist. Hintergrund des Rechtsstreits: Die Großeltern väterlicherseits hatten ein Problem damit, dass die Familie der Mutter aus dem Osten stammte und die Großmutter mütterlicherseits als Putzkraft tätig war. Die Großeltern väterlicherseits waren der Ansicht, dass sie als Akademiker:innen zur Erziehung des Kindes besser geeignet seien.

Die Eltern des Kindes waren zum Zeitpunkt des Rechtsstreits getrennt lebend. Während der Vater des Kindes seinen Eltern auch weiterhin den Umgang mit dem Kind erlauben wollte, widersprach die Kindesmutter dem Umgangsrecht.

Umgangsrecht auch für andere Bezugspersonen

Grundsätzlich können auch andere Bezugspersonen als die Eltern des Kindes ein Umgangsrecht geltend machen. So heißt es in § 1685 I BGB, dass auch Großeltern und Geschwister ein Recht auf Umgang mit dem Kind haben, wenn dieser dem Wohl des Kindes dient.

Gemäß § 1685 II BGB steht ein Umgangsrecht auch (anderen) engen Bezugspersonen des Kindes zu, wenn diese für das Kind tatsächliche Verantwortung tragen oder getragen haben. Dies ist gem. § 1685 I BGB regelmäßig der Fall, wenn die Person mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat.

Wohl des Kindes gefährdet

Das Gericht sah vorliegend nicht, dass ein Umgangsrecht dem Wohle des Kindes diene. Das Verhältnis zwischen den Großeltern und der Kindesmutter sei zu stark zerrüttet. In der Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Braunschweig heißt es hierzu, dass sich die Großeltern „wiederholt abwertend über die Kindesmutter“ geäußert und „auch ihre Erziehungseignung in Frage gestellt“ hätten, „ohne dass dazu ein berechtigter Anlass bestanden hätte“. Schon die Tatsache, dass die Familie der Kindesmutter aus dem Osten stammte, stellte für die Großeltern ein Problem dar. Ebenso taten sie ihr Missbehagen dahingehend kund, dass die Großmutter mütterlicherseits als Reinigungskraft tätig war. Als Akademiker:innen sahen sie sich als geeigneter an, ihr Enkelkind zu fördern. Das OLG war deswegen der Ansicht, dass der Umgang mit den Großeltern die Gefahr eines Loyalitätskonfliktes begründe.

Der Bundesgerichtshof hat in einer früheren Entscheidung bereits festgestellt, wann ein Umgang der Großeltern nicht dem Kindeswohl dient. In dem Leitsatz seines Beschlusses vom 12.07.2017 (Az.: XII ZB 350/16) heißt es, der „Umgang der Großeltern mit dem Kind dient regelmäßig nicht seinem Wohl, wenn die – einen solchen Umgang ablehnenden – Eltern und die Großeltern so zerstritten sind, dass das Kind bei einem Umgang in einen Loyalitätskonflikt geriete.“

Nach diesem Maßstab war eine Ablehnung eines Umgangsrechts der Großeltern im vorliegenden Fall nur konsequent.


Entscheidung: OLG Braunschweig, Beschl. v. 30.06.2021, Az. 2 UF 47/21

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