Kein Schadensersatz für „unwürdige Rechtsreferendarin“, die ihre Ausbilder beleidigte

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Eine Rechtsreferendarin hatte 2010 ihren Ausbilder mehrfach beleidigt. Deswegen verweigerte ihr die Anwaltskammer trotz bestandener Examina 2015 die Zulassung zur Anwaltschaft. Die Juristin sei „unwürdig“. Dagegen klagte die Juristin und zog bis vor das Bundesverfassungsgericht. Die Richter:innen in Karlsruhe gaben ihr Recht. Die Entscheidung verletze die Juristin in ihrer Berufsfreiheit. Der Rechtsstreit hatte sich jedoch über mehrere Jahre hingezogen. In dieser Zeit konnte und durfte die Juristin nicht als Anwältin arbeiten. Deswegen verklagte sie die Rechtsanwaltskammer Köln vor dem Landgericht Köln auf Schadensersatz.

Jedoch erfolglos. Das LG Köln entschied, dass der Juristin für das zwischenzeitlich entgangene Honorar kein Schadensersatzanspruch aus § 839 I BGB i.V.m. Art. 34 GG zustehe. Die Juristin hatte ausgeführt, sie habe im Jahre 2019 einen Nettogewinn in Höhe von 8.484 €, im Jahre 2020 von 15.029 € und im ersten Halbjahr 2021 von 12.033€ erzielt. Daraus leitete sie einen Schadensersatzanspruch i.H.v. 75.000 € ab. Leider jedoch zu spät. Die Forderung sei gem. § 214 I BGB verjährt, so das LG Köln. Denn: Der Amtshaftungsanspruch verjährt gemäß § 195 BGB in drei Jahren. Die Anwältin hätte diesen bis zum Ende des Jahres 2018 geltend machen müssen. Außerdem habe die Rechtsanwaltskammer damals nicht schuldhaft gehandelt, sodass ein Schadensersatzanspruch auch aus diesem Grund ausscheiden würde. Die Kammer habe damals weder gegen den klaren, bestimmten, unzweideutigen Wortlaut der Vorschriften noch gegen eine eindeutige höchstrichterliche Rechtsprechung verstoßen.

Die Vorgeschichte: Referendarin beleidigt Ausbilder!

Die Frau war im Rahmen ihres Rechtsreferendariats 2010 einem Staatsanwalt zur Einzelausbildung in Strafsachen zugewiesenen worden. Zwischen der Referendarin und ihrem Ausbilder kam es mehrfach zu Auseinandersetzungen. Die junge Frau erhielt in ihrem Stationszeugnis deswegen nur ein „befriedigend“. In einer E-Mail an ihren Ausbilder schrieb sie deswegen unter anderem: „Sie sind ein provinzieller Staatsanwalt, der nie aus dem Kaff rausgekommen ist, in dem er versauert. Ihr Weltbild entspricht dem des typischen deutschen Staatsbürgers von 1940. Mit Ihrem Leben und Ihrer Person sind Sie so zufrieden wie das Loch vom Plumpsklo“. Und weiter: „Als sie mich vor sich hatten, sind sie von Neid fasst erblasst. Ich konnte Ihren Hass geradezu sinnlich wahrnehmen. Am liebsten hätten sie mich vergast, aber das ist ja heute out.“

Der Ausbilder zeigte die Rechtsreferendarin daraufhin an und die Staatsanwaltschaft ermittelte wegen Beleidigung. Letztendlich wurde die Frau wegen § 185 StGB zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt. Zuvor hatte sie der verantwortlichen Oberstaatsanwältin geschrieben: „Sollte das eine Frage der inneren Einstellung sein, gehören Sie nicht in den Justizdienst. Sollte das intellektuell bedingt sein, so besuchen Sie doch noch einmal eine Grundstudiumsvorlesung“.

Nach dem erfolgreichen Bestehen der Zweiten Juristischen Staatsprüfung beantragte die Frau 2015 die Zulassung zu Anwaltschaft. Diese wurde ihr von der zuständigen Rechtsanwaltskammer jedoch versagt. Zur Begründung führte die Kammer an: Auf Grund ihres Verhaltens gegenüber ihrem Ausbilder und der darauf gründenden Verurteilung wegen Beleidigung sei sie für eine Tätigkeit als Rechtsanwältin nicht geeignet.

Das Gerichtsverfahren: Der lange Kampf um Anerkennung!

Gegen den Ablehnungsbescheid der Rechtsanwaltskammer klagte die Frau vor dem nordrhein-westfälischen Anwaltsgerichtshof. Jedoch ohne Erfolg. Die Richter:innen lehnten ihr Ansinnen ab (AGH Hamm, Urteil v. 30.10.2015, Az. 1 AGH 25/15). Ein Antrag auf Zulassung der Revision wurde vom BGH abgelehnt. Damit durfte die Juristin nach rund 7 Jahren Ausbildung nicht Anwältin werden. Ein harter Schlag ins Gesicht. Den sich die Frau nicht gefallen ließ und vor das Bundesverfassungsgericht zog. Dieses urteilte, dass die Verweigerung der Zulassung zur Anwaltschaft die Berufsfreiheit (Art. 12 GG) der Juristin verletze. Ihr werde durch die Ablehnung die Wahl eines Berufes verwehrt, für den sie die fachlichen Voraussetzungen habe und dessen Ausübung sie als Grundlage ihrer Lebensführung anstrebe.

Zwar sei ein solches Berufsverbot gem. § 7 Nr. 5 BRAO grundsätzlich rechtlich zulässig ist, wenn die Bewerberin sich als unwürdig für den Beruf der Rechtsanwältin erweise. Die Norm müsse jedoch eng ausgelegt werden. Das Verhalten der ehemaligen Rechtsreferendarin sei zwar falsch gewesen. Dadurch werde das Vertrauen in die Rechtspflege und in die Integrität des Anwaltsstandes jedoch nicht unmittelbar gefährdet (BVerfG, Beschluss v. 22.10.2017, Az. 1 BvR 1822/16).

Auch wenn die Juristin für die lange Wartezeit nun nicht entschädigt wird, kann sie dafür jetzt zumindest voll im Beruf der Anwältin aufgehen.


Entscheidung: LG Köln, Urt. v. 03.08.2021, Az. 5 O 341/20
Fundstelle: https://www.lto.de/

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