Spongebob: Ohhhh, wo ist der rechtsfreie Raum, ganz tief im Meer?

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Wenn man sich an die Glanzzeiten der Nickelodeon Serie Spongebob Schwammkopf, zwischen den Jahren 1999 und 2003, zurückerinnert, merkt man schnell, dass neben dem stumpfsinnigen, aber herausragenden Humor auch einige rechtliche Problematiken zu finden sind, die man als Kind glücklicherweise nicht auf dem Schirm hatte. Stephen Hillenburg, als genialer Kopf der Serie, hat daher 1998 nicht nur eine prägende Serie geschaffen, sondern für das geschulte (juristische) Auge auch Futter geboten.

Sehen wir uns also eine Szene aus der Folge „Die Schatzsuche“ (St. 1, Ep. 17a) genauer an:

Mr. Krabs zu Patrick, nachdem dieser ihm in einem Brettspiel zum Aussetzen bestimmt hat: “Patrick, du bist gefeuert!”
Patrick: “Aber ich arbeite doch gar nicht hier.”
Mr. Krabs zieht Patrick die offizielle Arbeitsbekleidung (Mütze) auf den Kopf und sagt: “Möchtest du einen Job, ab sofort?“
Patrick: „Aber klar doch!“
Mr. Krabs zieht ihm die Mütze wieder herunter und sagt: „Du bist gefeuert!“

In dieser einen Szene ist bereits einiges geboten, weil man sich in die drei Kernbereiche des Jurastudiums vertiefen kann. Diese sind das öffentliche Recht, das Strafrecht und das Zivilrecht. Nach der exponierten Stellung der Burgerbude Krossen Krabbe könnte man sich fragen, ob Mr. Krabs eventuell ein staatliches Unternehmen führt. Dies kann jedoch getrost abgelehnt werden, nachdem wir wenigstens mit dem Abfalleimer auf der anderen Straßenseite eine einigermaßen gleichwertige Wettbewerbssituation haben.

Vorliegen eines Arbeitsvertragsangebots?

Wie sieht es jetzt aber mit dem Strafrecht bzw. dem Zivilrecht aus? Es ist wohl recht sicher, dass Mr. Krabs sich über Patrick sehr geärgert hat. War das aber ausreichend, um einen Beleidigungstatbestand zu erfüllen? Wahrscheinlich nicht. Andere Delikte sind auch eher abwegig.

Kommen wir also zu dem, was Mr. Krabs eigentlich gesagt und getan hat. Er hat Patrick gefragt, ob er einen Job „ab sofort“ haben möchte. Das könnte das Antragen eines Arbeitsangebots nach §§ 611 ff. BGB sein. Nun ist Mr. Krabs nicht für seine Freigiebigkeit bekannt. Wenn es wirklich ein Arbeitsvertragsangebot sein sollte, könnte Patrick eventuell für nicht empfangenen Arbeitslohn Ausgleichsansprüche geltend machen. Dabei ist jedoch zu fragen, ob dies wirklich gewollt sein kann. Als Spongebob bei Mr. Krabs angefangen hat (St. 2, Ep. 23a), musste dieser ihm 100 Dollar die Stunde zahlen. Eine Arbeitslohnzahlung seitens Mr. Krabs ist wohl bei Arbeitsantritt generell nicht einkalkuliert.

Wie ist jetzt aber wirklich das Verhalten von Mr. Krabs einzuschätzen und welche Interpretationsmöglichkeiten gibt das deutsche Recht her? Es könnte zunächst eine reguläre Willenserklärung sein, welche abgegeben und zugegangen sein muss. Abgegeben wurde etwas und zugegangen ist das Gesagte auch. Fraglich ist nur, was eigentlich gesagt worden ist. Mr. Krabs wollte Patrick nie einstellen. Demgemäß könnte man sagen, dass es sich um eine Scherzerklärung gem. § 118 BGB handelte. Problematisch dabei ist jedoch, dass Patrick stadtbekannt für seine nicht immer gegebenen, geistigen Leistungsfähigkeiten ist. Man erinnere – an der Stelle – nur an den Flohmarkt (St. 3, Ep. 46b), bei dem Mr. Krabs Patrick einen Pömpel für fünf Dollar angeboten hat. Patrick gab Mr. Krabs mit den Worten: „Ich hab‘ aber nur 7!“, 2 Dollar mehr als Mr. Krabs verlangt hat.

Hire and fire Mentalität in den USA

Den spitzfindigen Leser:innen brennt wohl nun eine Sache unter den Fingernägeln: „Hey, das ist eine US-amerikanische Serie, Stephen Hillenburg hat sich bestimmt vom US-amerikanischen Recht inspirieren lassen!“ Und ja, das ist absolut richtig. Stephen Hillenburg lebte lange in Kalifornien und hatte mit deutschem Recht wohl wenig am Hut. Woran wir erkennen können, dass das anglo-amerikanische Rechtssystem in Bikini Bottom vorherrscht, ist wohl auch zweifelsohne das Court House (sichtbar in etlichen Folgen, u.a. in der Folge „Krabs gegen Plankton“ (St. 4, Ep. 62b). Es gibt dort eine Geschworenen-Jury, Richter mit einem gavel (Richterhammer) und auch der ganze Gerichtsprozess selbst, sprich die Kreuzverhörsituation etc., erinnert stark an US-amerikanische Krimiserien.

Doch wie sieht es denn nun aus? Hätte Mr. Krabs Probleme in den USA? Wenn wir nur über das gängige labor law nachdenken, ist unsere Antwort darauf definitiv ein fast klares “Nein”. In den USA gibt es ähnlich wie in Deutschland keine Vorschrift, die für eine legale Arbeit einen schriftlichen Arbeitsvertrag voraussetzt. Der Kündigungsschutz wiederum ist – anders als in Deutschland – in keinem allgemeinen Gesetz verankert. Dafür gibt es in fast allen US-Staaten, außer in Montana, das Prinzip des at-will employment. Dieses Prinzip bietet u.a. den Arbeitgeber:innen die Möglichkeit, Arbeiternehmer:innen jederzeit – also frei von Kündigungsfristen oder anderer Absicherungen – zu feuern, ohne einen triftigen Grund dafür zu haben.

Ausnahmen bestehen insoweit, dass keine schriftlichen Vertragsklauseln gebrochen werden dürfen oder der „Rauswurf“ keinerlei diskriminierende bzw. rassistische Gründe aufweisen darf. Einen schriftlichen Vertrag zwischen Patrick und Mr. Krabs gab es nicht und übergreifende, niedergeschriebene Einstellungsrichtlinien für die Krosse Krabbe existieren in der Serie nicht. Wenn wir also weiterhin davon ausgehen, dass Mr. Krabs Patrick nur deswegen einstellen wollte, um ihn danach zu feuern, war seine Intention sowieso nicht darauf gerichtet „legal consequences“ daraus folgen zu lassen. Nichtsdestoweniger ist aber auch der Fall, dass er „legal consequences“ beabsichtigte, vom amerikanischen Arbeitsrecht – wie oben beschrieben – abgedeckt.

Mr. Krabs sollte sich im Arbeitsrecht beraten lassen

Abfindungen kennt das US-Recht grundsätzlich in solchen Fällen auch nicht. Lediglich in Situationen, in denen ein:e Arbeitnehmer:in viele Kosten auf sich genommen hat, um den Job anzutreten, der am Ende ohne Arbeitsaufnahme gekündigt wird, kann es in manchen Staaten zu positiv verlaufenen Gerichtsverhandlungen seitens der Arbeitnehmer:innen kommen. Doch das alles ist bei Patrick nicht der Fall. Lediglich eine konstruierte Argumentation, die entweder den Ausnahmegrund „terminating an employee with malicious intent“ umfasst oder eine Diskriminierung im Rahmen von „disability“ (Patrick ist – wie oben beschrieben – nicht die hellste Kerze auf der Torte…) vorbringt, könnte Patrick hier noch zu einem Job in der Krossen Krabbe bringen! Danach besiegt er den kleinen, bösen Monkey-Man und rettet die achte Dim… ach lassen wir das!

Zusammenfassend kann man wohl sagen, dass Mr. Krabs nach jedem Rechtskreis Probleme haben könnte. In Deutschland nur, wenn auch tatsächlich ein Angebot vorgelegen hätte. In einem solchen Fall kommt es dann nicht darauf an, ob es ein böser Scherz, eine Scherzerklärung oder was auch immer war. Mr. Krabs hat Patrick nur einen Job angeboten. Unklar geblieben ist jedoch für welche Tätigkeit und zu welchen Konditionen. Jedenfalls vor diesem Hintergrund ist das Verhalten von Mr. Krabs nicht so gewesen, dass ein Zahlungsanspruch von Patrick bestehen könnte. Wenn es denn so gewesen sein sollte, müsste man über Kündigungsgründe und Aufhebungsmöglichkeiten sinnieren. Das ist jedoch ein Thema für einen anderen Artikel.


Kevin Frank hat den Bereich „Gedanken zum deutschen Recht, insb. Arbeitsrecht“ bearbeitet. Alexander Vogel hat den Bereich „Gedanken zum amerikanischen Recht, inbs. Arbeitsrecht“ bearbeitet.

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