Ein DJ kann ein Künstler sein! Findet zumindest das Finanzgericht Düsseldorf…

In der Bevölkerung hält sich hartnäckig die Vorstellung, dass alle, die ein MacBook besitzen und darauf Musik abspielen können, auch grundsätzlich als DJ geeignet sind. Dem tritt das Finanzgericht Düsseldorf jetzt entgegen. Das Gericht entschied, dass es sich bei einem Diskjockey sogar um einen Künstler handelt. Hört, hört!

I am a D.J., I am what I play
Can’t turn around no, can′t turn around, no, oh, ooh
I am a D.J., I am what I play
Can′t turn around no, can’t turn around, no, oh no
I am a D.J., I am what I play
I got believers believing me, oh

David Bowie

Der Diskjockey im vorliegenden Fall spielt Musik bei Hochzeiten, Geburtstagsfeiern sowie Firmenveranstaltungen und tritt gelegentlich in Clubs auf. Im Jahr 2016 erzielte er mit seiner Tätigkeit einen Gewinn von rund 45.000 €. Seine DJ-Verträge ernhielten folgende Klausel: “Der Künstler unterliegt weder in der Programmgestaltung noch in der Darbietung Weisungen des Veranstalters oder des Auftraggebers. Stil und Art der Darbietung werden jedoch im Vorfeld abgesprochen und eingehalten.”

Finanzamt nimmt gewerbliche Tätigkeit an

Das zuständige Finanzamt qualifizierte die Auftritte als DJ als “gewerbliche Tätigkeit” und erließ 2017 einen Gewerbesteuermessbescheid gegen den Diskjockey. Dagegen legte der DJ Einspuch ein. Er behauptete, er sei künstlerisch tätig. Er spiele Lieder nicht nur ab und reihe sie aneinander, sondern verändere sie so, dass neue, eigene Musikstücke (z.B. Remixe oder Mashups) entstünden. Dies geschehe vorab zu Hause oder live vor Ort. Er lege andere Beats unter die Songs, variiere die Abspielgeschwindigkeit, verwende Spezialeffekte, spiele sog. Samples ein oder vermische mehrere Musikstücke. Bekannte Songs erhielten dadurch einen anderen, neuen Charakter.

Von dieser Argumentation ließ sich das Finanzamt jedoch nicht überzeugen und wies den Einspruch zurück. Denn: Die Tätigkeit des Klägers erreiche “nicht die nötige “Gestaltungshöhe, um als künstlerische eingestuft zu werden”. Um zu diesem Ergebnis zu kommen, hatte sich der Finanzbeamte sogar extra eine Hörprobe besorgt. Und entschied: Die übersandten Remixe würden den Originalsongs zu stark ähneln. Die Tätigkeit als DJ stelle vielmehr ein “unteilbares Konglomerat” aus künstlerischen und technischen Leistungen dar, wobei der technische Teil überwiege und ihr das Gepräge gebe.

Doch ganz so einfach ist es nicht, urteile das Finanzgericht Düsseldorf und eilte zur Rettung unseres Diskjockeys. Seine Klage sei begründet. Das Finanzamt habe die Tätigkeit als DJ zu Unrecht als gewerblich qualifiziert. Denn: Zu den freiberuflichen Tätigkeiten gehöre auch die selbständig ausgeübte künstlerische Tätigkeit (§ 18 I Nr. 1 Satz 2 EStG) und darunter falle wiederum die Arbeit als DJ.

Finanzgericht sieht “eigenschöpferische Leistung”

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes üben Steuerpflichtige eine künstlerische Tätigkeit aus, wenn sie eine “eigenschöpferische Leistung” vollbringen, in der die “individuelle Anschauungsweise und Gestaltungskraft” zum Ausdruck kommt und diese über eine hinreichende Beherrschung der Technik hinaus grundsätzlich eine gewisse künstlerische Gestaltungshöhe erreicht. Eine künstlerische Tätigkeit kann dabei auch in einer bloß reproduzierenden Betätigung liegen. Daher sind z.B. auch Musiker, die Tanz- und Unterhaltungsmusik darbieten, künstlerisch tätig, wenn die Darbietungen einen bestimmten Qualitätsstandard erreichen. Kennzeichnend für die künstlerische Qualität von Musikinterpret:innen ist, dass sie das aufzuführende Werk geistig und seelisch verarbeitet haben, um es im eigenen Stil eigenschöpferisch aufführen zu können. Und genau das sei im vorliegenden Fall gegeben, so das Finangericht Düsseldorf.

Dazu führt das Gericht aus: “Die Tätigkeit des Klägers erschöpft sich nicht im Abspielen von Tonträgern und damit Hörbarmachen von Liedern anderer Interpreten. Er verwendet vielmehr Plattenteller, Mischpult, CD-Player und Computer als “Instrumente”, um durch das Mischen und Bearbeiten von Musikstücken sowie Hinzufügen von Tönen und Geräuschen neue Musik darzubieten. Die Arbeit eines DJs hat sich in den letzten Jahren aufgrund der technischen Entwicklung verändert. Heute genügt es nicht mehr, passende Songs aneinanderzureihen und das Publikum durch eine gelungene Liederwahl, geschickte Übergänge und kreative Moderation zu unterhalten. Ein moderner DJ – wie der Kläger – nutzt vielmehr Songs, Samples, z.T. selbst hergestellte Beats und Effekte, um sie zu kombinieren und so ein neues Klangerlebnis zu erzeugen. Er bringt zwar – wie ein Instrumentenspieler – überwiegend Musikstücke anderer Urheber zu Gehör, verleiht ihnen aber durch Vermischung und Bearbeitung einen neuen Charakter. Er führt sie damit in dem ihm eigenen Stil auf und vollbringt eine eigenschöpferische Leistung.”

Und so wurde aus einem einfachen Düsseldorfer DJ ein Künstler!


Fundstelle: FG Düsseldorf, Urt. v. 12.08.2021, Az. 11 K 2430/18 G

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