Ein Geheimdienstler, der die Existenz der BRD leugnet

Da staunt man nicht schlecht. Das Bundesverwaltungsgericht hatte darüber zu entscheiden, ob die Entfernung eines Bundesbeamten aus dem Beamtenverhältnis bei Leugnung der Existenz der Bundesrepublik Deutschland rechtmäßig war.

Das Besondere in diesem Fall: Der Beamte ist als Regierungsobersekretär (Besoldungsgruppe A 7) beim Bundesnachrichtendienst tätig gewesen. Ein Geheimdienstler, der die Existenz seines eigenen Arbeitgebers infrage stellt. Quasi ein Wolf im Schafspelz, welcher den Ast sägt, auf dem er selbst sitzt? Doppelt kurios!

Der Bundesnachrichtendienst hatte im Jahr 2017 Kenntnis davon erlangt, dass der Beklagte einen Staatsangehörigkeitsausweis beantragte und dabei in vielfacher Weise die Begriffe “Königreich Bayern” und “RuStAG 1913” (Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz in der Fassung von 1913) verwendete und erhob daraufhin eine Disziplinarklage.

Freiheitlich demokratische Grundordnung verletzt

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschied nun: Die Entfernung des Bundesbeamten aus dem Beamtenverhältnis bei Leugnung der Existenz der Bundesrepublik Deutschland war rechtmäßig. Ein Beamter, der die BRD in Abrede stellt und damit die freiheitlich demokratische Grundordnung ablehnt, indem er in einem Antrag auf Erteilung eines Staatsangehörigkeitsausweises durchgehend “Königreich Bayern” statt “Bundesrepublik Deutschland” angibt, verletze seine sich aus dem Gesetz ergebene Verfassungstreuepflicht (§ 60 I 3 BBG) in schwerwiegender Weise.

Darin heißt es: “Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten.”

Zwar gab der Beklagte an, dass er kein „Reichsbürger“ sei, jedoch konnte er dem Bundesverwaltungsgericht auch in der mündlichen Verhandlung nicht plausibel erklären, warum er sich in dieser Weise verhalten hat. Das Bundesverwaltungsgericht stellt klar: Als Beamter wisse er um die Bedeutung eines so formulierten Antrags. Zugleich sei ein solches Verhalten typisch für die sogenannte Reichsbürger-Szene, die gerade durch diese Leugnung gekennzeichnet ist. Die disziplinarrechtliche Einzelfallgesamtabwägung ergab, dass ihn wegen der Schwere des in der Verletzung der Verfassungstreuepflicht liegenden Dienstvergehens auch die für ihn sprechenden Umstände nicht vor der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bewahren.

Fazit: Der Wolf ist aufgeflogen. Der Ast ist abgesägt.


Entscheidung: BVerwG, Urt. v. 02.12.2021, Az. 2 A 7.21 
Pressemitteilung: https://www.bverwg.de/de/pm/2021/78

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Roman Kollenberg
Roman Kollenberg
Roman Kollenberg ist wissenschaftlicher Assistent bei Herrn Prof. Dr. Urs Saxer, LL.M. (Columbia) – Titularprofessor für Völker-, Staats-, Verwaltungs- und Medienrecht an der Universität Zürich sowie studentische Hilfskraft am Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insbesondere Umweltrecht, und Verfassungsgeschichte (Prof. Dr. Michael Kotulla, M.A.) an der Universität Bielefeld.

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