Jedes Bonbon zählt: Stückzahlangabe auf Süßigkeitenverpackung!

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Kennst du diese ungezügelte Freude, wenn in einer Bonbon-Verpackung 31 Stück statt der versprochenen 30 Bonbons enthalten sind? Wir auch! Damit es beim Naschen nicht zu Enttäuschungen kommt, hat jetzt auch das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz entschieden: Auf Süßigkeitenverpackungen muss die genaue Anzahl der darin enthaltenen Waren angegeben werden.

Wie kam es dazu, dass hier ein Gericht das Machtwort sprechen musste? Geklagt hatte eine Süßigkeitenherstellerin, die unter anderem Familienverpackungen ihrer Süßwaren herstellt und verkauft. Ebenjene Süßigkeitenproduzentin hatte 2019 Besuch vom Landesamt für Mess- und Eichwesen Rheinland-Pfalz bekommen. Das Amt stellte fest, dass die Süßigkeitenverpackungen unzureichend gekennzeichnet waren. Es fehlte die Stückzahlangabe. Das Amt leitete deswegen ein Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen die Süßigkeitenherstellerin ein. Dagegen klagte diese 2020 vor dem Verwaltungsgericht Koblenz. Jedoch ohne Erfolg. Die Süßwarenproduzentin legte deswegen Berufung zum Oberverwaltungsgericht ein. Ebenfalls erfolglos.

Definition der “Verpackung” nach EU-Recht

Die Klägerin unterfalle mit ihren Produkten der Lebensmittelinformationsverordnung der EU. Denn: Der aus der Definition des “vorverpackten Lebensmittels” zu entnehmende Begriff der “Verpackung” unterliege einem “weiten Verständnis, bei dem die Art der jeweiligen Verpackung und deren Zweckbestimmung vielgestaltig sein kann”. Es sei insbesondere “unerheblich, ob die Verpackung das Lebensmittel ganz oder teilweise umschließt”. Entscheidend sei alleine, “dass der Inhalt nicht verändert werden kann, ohne dass die Verpackung geöffnet werden muss oder eine Veränderung erfährt.”

Nach der deswegen hier einschlägigen Lebensmittelinformationsverordnung muss auf Süßigkeitenverpackungen der Klägerin die Gesamtnettofüllmenge und auch die Gesamtzahl der Einzelpackungen stehen. Diese sog. Stückzahlkennzeichnungspflicht verstoße auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Es entstehe kein “sinnloser” und nicht zu rechtfertigender Informationsüberschuss, sondern ein ergänzender Informationswert, so das Gericht.

Anlassbezogene Kaufentscheidung und Umweltaspekte

“Die Anzahl der in einer Vorverpackung enthaltenen Artikel gibt dem Käufer durchaus eine weitere Orientierungshilfe, die ihm die Kaufentscheidung erleichtern kann. Insbesondere bei Produkten, die in unterschiedlich großen Vorverpackungen – mithin in unterschiedlichen Gesamtnettofüllmengen – angeboten werden, kann die Angabe der enthaltenen Stückzahl die Kaufentscheidung beeinflussen. Neben dem vom Beklagten angeführten gewerblichen Nutzen – der Verwendung von Einzelpackungen als „Betthupferl“ in Hotels oder als Schokoladenbeigabe zum Heißgetränk etwa in Cafés – steht auch der Endverbraucher einer solchen (zusätzlichen) Information nicht denknotwendig gleichgültig gegenüber.”

So beispielsweise bei einer feststehenden Anzahl an Gästen (Kindergeburtstag) oder bei besonderen Anlässen (Adventskalender). Der Verordnungsgeber habe mit der Lebensmittelinformationsverordnung offensichtlich bezweckt, die Verbraucher:innen in die Lage zu versetzen, „eine Wahl zu treffen, die ihren individuellen Ernährungsbedürfnissen entspricht“, so das OVG. Zudem helfe die Angabe auch, um die Kaufentscheidung von umweltbezogenen Aspekten abhängig zu machen. Dieser Punkt rechtfertige auch die von der Klägerin aufgeworfene Frage, warum ein Bonbonbeutel, der gewickelte Bonbons enthält, mit einer Stückzahl gekennzeichnet werden muss, während für das identische, ungewickelte Erzeugnis keine Stückzahl anzugeben ist.


Entscheidung: OVG RLP, Urt. v. 02.11.2021, Az. 6 A 10695/21.OVG

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