Es weihnachtet sehr! Wir hoffen, alle JURios-Leser:innen haben ihre Weihnachtsgeschenke schon beisammen. Sonst wird es nämlich knapp. Zumindest, wenn man die Geschenke nicht im lokalen Einzelhandel erwirbt, sondern im Internet bestellen will. Denn die Lieferzeiten von Amazon und Co. lagen schon Anfang Dezember weit über dem Durchschnitt. Das bekommt dann auch der:die Endverbraucher:in zu spüren. Der US-Versandhändler Amazon bekam bereits im letzten Jahr eine Absage durch das Bundesverwaltungsgericht bezüglich Sonntagsarbeit in der Weihnachtszeit.
Fleißige Helferlein
Die Tochtergesellschaft des wohl größten Online-Versandhändlers war im vorliegenden Fall Beigeladene. Sie beantragte im November 2015 beim Beklagten für zwei Adventssonntage eine Bewilligung zur Beschäftigung von jeweils 800 fleißigen Helferlein, alias Arbeitnehmer:innen gem. § 13 III Nr. 2 b) ArbZG. Da mit einem deutlich erhöhten Bestelleingang zu rechnen sei, müssten zusätzliche Arbeitskräfte eingestellt werden.
Nachdem die Beklagte Anfang Dezember 2015 die Bewilligung erteilte, klagte die Gewerkschaft für Dienstleistungsberufe (Verdi) beim Verwaltungsgericht die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Bewilligung ein.
Keine Ausnahme zu Weihnachten
Das Oberverwaltungsgericht Münster hielt die Klage für begründet, was der Beklagte und die Beigeladene jedoch nicht akzeptieren wollten. Sie legten Revision ein und machten bereits die Unzulässigkeit der Klage mangels Klagebefugnis nach § 42 II VwGO geltend, da § 13 III Nr. 2 b ArbZG nur die Interessen der Arbeitnehmer:innen, nicht aber die der Gewerkschaften schütze.
Das Bundesverwaltungsgericht erteilte Beklagtem und Beigeladener aber eine Abfuhr und stellte in der Revision fest, dass das Urteil kein Bundesrecht verletzt, § 137 I VwGO. Und: Entgegen der Beklagtenansicht schützt § 13 III Nr. 2 b ArbZG auch das Interesse der Gewerkschaften.
Das BVerwG hielt eine Verletzung von § 13 III Nr. 2 b ArbZG durch die angegriffene Bewilligung für möglich, da hierfür notwendig, aber auch hinreichend, die Betroffenheit der Gewerkschaft in ihrem Tätigkeitsbereich durch den angegriffenen Hoheitsakt sei. Indem die Bewilligung in den Schutz der Sonntagsruhe eingreift, sei dies hier gegeben.
Amazon hat Lieferengpässe selbst verschuldet
Letztlich hat die Vorinstanz laut BVerwG auch zutreffend die Bewilligung der Beschäftigung an den beiden Sonntagen abgelehnt. Voraussetzung hierfür wäre ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den besonderen Verhältnissen und dem drohenden unverhältnismäßigen Schaden. Die beantragte Sonntagsarbeit müsse gerade erforderlich sein, um diesen drohenden Schaden abzuwenden. Zwar käme es hier zu Lieferengpässen. Allerdings habe, laut Bundesverwaltungsgericht, der Arbeitgeber diese Situation selbst herbeigeführt. Entsprechend der Systematik und der Entstehungsgeschichte des Arbeitszeitgesetzes soll die Beschränkung gerade auf solche Sondersituationen Anwendung finden, die eine außerbetriebliche und keine innerbetriebliche Ursache haben.
Vorliegend sollen durch den Beklagten und die Beigeladene trotz bestehender Lieferversprechen, die kostenlos noch am selben Tag erfolgen sollten („Same day delivery“), weitere Bestellungen provoziert worden sein. Damit wurde die Ursache für die Lieferprobleme und die Überlastung der Arbeitgeber:innen innerbetrieblich durch den Arbeitgeber selbst geschaffen.
Und deswegen sollte auch Amazon, ein Unternehmen, das sich gerne als (Weihnachts)man(n) aufspielt, keine Versprechen abgeben, die man nicht halten kann. Frohes Fest!
BVerwG, Urt. v. 27.01.2021, Az. 8 C 3.20, Urt. v. 27.01.2021
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