Song “Richtig scheiße” – Sind die “Killerpilze” Stalker?

Damals – im Jahr 2006 – schaffte eine kleine Band mit ihrer Debütsingle “Richtig scheiße (auf ‘ne schöne Art und Weise)” auf dem deutschen Musikmarkt den Durchbruch. Die Rede ist von vier Jungs aus Dillingen an der Donau, die sich die “Killerpilze” nannten.

Die Killerpilze wurden schon 2002 von Johannes Halbig, Andreas Schlagenhaft, Maximilian Schlichter und Fabian Halbig als Schülerband gegründet. Nach vielen Auftritten in ihrer schwäbischen Heimat wurde die Band 2005 bei Universal Music unter Vertrag genommen und erreichte deutschlandweite Bekanntheit. Das Album Invasion der Killerpilze erhielt eine Gold-Auszeichnung und wurde mittlerweile über 140.000 Mal verkauft. 2009 gründeten die Killerpilze sogar ihr eigenes Plattenlabel killerpilzerecords. Bis 2019 tourte die Band mehrmals durch Europa und spielte auf über 750 Konzerten. Unter anderem auf den Festivals Rock am Ring, NovaRock und Frequency. Am 6. September 2019 wurde das achte Album Nichts ist für immer veröffentlicht. Gleichzeitig kündigte die Band an, man wolle auf unbestimmte Zeit eine Pause einlegen. Ihre Fans, die “KP-Family”, bleiben den Jungs aus Baden-Württemberg jedoch treu und warten sehnsüchtig auf ein neues Album.

Die Killerpilze als Stalker iSd. § 238 StGB?

Aber genug der Vorrede. Der Song “Richtig Scheiße” ist nicht nur ein richtiger Ohrwurm, sondern auch juristisch höchst interessant. Denn wir stellen die ungemütliche Behauptung auf: Bei den Killerpilzen handelt es sich um Stalker im Sinne des § 238 StGB. Wer den Straftatbestand der sogenannten “Nachstellung” erfüllt, dem droht in Deutschland eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe. Strafbar macht sich nach § 238 I StGB, “wer einer anderen Person in einer Weise unbefugt nachstellt, die geeignet ist, deren Lebensgestaltung schwerwiegend zu beeinträchtigen, indem er beharrlich” eine der dort aufgezählten Tathandlungen vornimmt, also wer (gekürzt):

  • die räumliche Nähe dieser Person aufsucht,
  • unter Verwendung von Telekommunikationsmitteln oder über Dritte Kontakt zu dieser Person herzustellen versucht,
  • unter missbräuchlicher Verwendung von personenbezogenen Daten dieser Person Bestellungen für sie aufgibt,
  • diese Person oder eine ihr nehestehende Person bedroht.

Der Song “Richtig Scheiße” beginnt damit, dass der Hauptcharakter der Liedes vor dem Haus eines Mädchens, das er nicht kennt, Gitarre spielt. So weit so harmlos:

“Ich steh in deinem Garten
Und spiel ein Lied für dich
Du schlägst die Fenster zu
Es interessiert dich nicht”

Wer einmalig vor dem Fenster seiner Liebsten ein Liedchen trällert, sucht zwar deren “räumliche Nähe” im Sinne des § 238 I Nr. 1 StGB auf. Dabei handelt man aber noch lange nicht “beharrlich und wiederholt” und die Handlung ist auch noch nicht dazu geeignet, die Lebensgestaltung der betroffenen Person “schwerwiegend zu beeinträchtigen”.

Telefonterror als strafbare Nachstellung

Im Song heißt es aber weiter:

“Deine Mailbox ist schon voll
Tausend Mal Ich liebe dich
Warum rufst du nicht zurück?
Warum ignorierst du mich?”

Und jetzt wird es problematisch, denn dieses Verhalten könnte § 238 I Nr. 2 StGB erfüllen. Danach macht sich strafbar, wer unter unter Verwendung von Telekommunikationsmitteln Kontakt zu dieser Person herzustellen versucht. Und genau das passiert hier: Der namenlose Hauptcharakter des Songs ruft seine Liebste so oft (“beharrlich”) an, dass deren Mailbox bereits voll ist. Sie hingegen ignoriert ihn, woraus geschlossen werden kann, dass sie keinen Kontakt mit ihm möchte. Die Tathandlung ist also erfüllt. Die Anrufe müssten aber außerdem geeignet sein, die Lebensgestaltung des Opfers schwerwiegend zu beeinträchtigen.

Der Begriff der Lebensgestaltung umfasst allgemein die Freiheit der menschlichen Entschlüsse und Handlungen, die beeinträchtigt wird, wenn es durch die Handlungen des Täters zu einer (erzwungenen) Veränderung der bisherigen Lebensumstände und so zumindest zu einer Einbuße von Lebensqualität kommt. Mit dem Merkmal „schwerwiegend“ werden objektivierbare im Einzelfall gravierende, ins Gewicht fallende und ernstzunehmende Beeinträchtigungen von solchen, die lediglich zu einer durchschnittlichen, regelmäßig hinzunehmenden und zumutbaren Veränderungen der Lebensumstände führen, abgegrenzt.

Fazit: Ohrwurm-Garantie, aber nicht nachmachen!

Und hier wird es interessant: Auch die Änderung der Telefonnummer gegebenenfalls unter Beantragung einer Geheimnummer kann wegen des damit regelmäßig zumindest zeitweise verbundenen Verlustes von Kommunikation hierunter fallen. Die Änderung der E-Mail-Adresse, die wesentlich leichter möglich ist, genügt hierfür hingegen nicht.

Das beharrliche Anrufen – auch “Telefonterror” genannt – kann also unter Umständen als strafbare Handlung iSd. § 238 StGB gewertet werden. Im echten Leben sollte man es also dabei belassen, seiner Liebsten einen Liebesbrief zu schreiben oder sie ein paar Mal anzurufen. Das Vollquasseln der Mailbox ist nicht nur unter Umständen strafbar, sondern auch eher wenig erfolgversprechend. Der Ohrwurm-Refrain des Songs lautet übrigens:

“Mir geht es richtig scheiße!
(Na, na, na) Auf ne schöne Art und Weise
Na, na, na, na, na, na, na, na, na, na
Ich frag mich, was mach ich eigentlich hier?”


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