Der neugewählte Bundesjustizminister, Marco Buschmann (FDP), hat wohl jahrelang gegen sein anwaltliches Berufsrecht verstoßen. Er hatte trotz Zulassung als Anwalt kein beA-Konto eingerichtet.
Seit Dezember 2021 ist Marco Buschmann neuer Bundesjustizminister im Kabinett von Olaf Scholz (SPD). Der Nachfolger von Christine Lambrecht (SPD) studierte Rechtswissenschaft an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn. Sein Zweites Staatsexamen legte er 2007 am Oberlandesgericht Hamm ab. Bevor er 2009 zum ersten Mal für die FDP in den Bundestag gewählt wurde, arbeitete der Jurist als Rechtsanwalt für White & Case LLP Düsseldorf. Seit 2014 ist er selbstständiger Rechtsanwalt.
Und damit dem anwaltlichen Berufsrecht unterlegen. Zu diesem gehört auch die Nutzung des sogenannten “Besondere elektronischen Anwaltspostfachs” (beA). Seit dem 1. Januar 2018 besteht für alle Anwält:innen, also auch für Buschmann, die sogenannte passive Nutzungspflicht des beA. Darunter versteht man die berufsrechtliche Verpflichtung zur Kenntnisnahme von Zustellungen und Mitteilungen über das beA. Und seit heute – dem 1. Januar 2022 – gilt sogar die aktive Nutzungspflicht. Das bedeutet: Die elektronische Einreichung von Schriftsätzen, Anträgen und Erklärungen bei den Gerichten ist für die Anwaltschaft verpflichtend.
Ein Bundesjustizminister und Anwalt ohne BeA?
Im Dezember sorgte Marco Buschmann als neuer Bundesjustizminister direkt für mediale Aufmerksamkeit. Es kam heraus, dass der FDP’ler – eine Partei, die sich seit Jahren für die Digitalisierung einsetzt – selbst das beA noch nicht installiert hatte. Bereits seit 2018 wurden die rund 166.000 Anwält:innen in Deutschland dazu angehalten, den von der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) zur Verfügung gestellten beA-Zugang einzurichten. Im November 2021 gab die BRAK bekannt, dass noch immer rund 23.000 Anwält:innen keinen beA-Zugang hätten.
Gegen diejenigen, die bisher auf wiederholte Aufforderung zur Durchführung der Erstregistrierung nicht reagiert hatten, wurden inzwischen teilweise schon berufsrechtliche Verfahren eingeleitet. Hartnäckigen BeA-Verweigerern droht außerdem ein Bußgeld.
Nach Recherchen von LTO gehört zu diesen Anwält:innen auch Marco Buschmann, unser neuer Bundesjustizminister. Denn der ist – neben seiner Tätigkeit als Politiker – weiterhin als Rechtsanwalt zugelassen. Und müsste somit eigentlich seinen Berufspflichten nachkommen. Zu denen bisher die passive Nutzungspflicht des beA und seit dem 1. Januar 2022 die aktive Nutzungspflicht gehört. Noch im Dezember 2020 erklärte Buschmanns Ministeriumssprecher gegenüber LTO: Dr. Marco Buschmann werde die Aktivierung des elektronischen Postfachs “unmittelbar vornehmen”. Er sei in den letzten Jahren nicht aktiv als Rechtsanwalt tätig gewesen und habe als Mitglied des Deutschen Bundestages keine Mandanten gehabt.
Bundesjustizminister darf nicht als Anwalt tätig sein
Und jetzt? Dass Buschmann bisher gegen Berufsrecht verstoßen hat, ist wohl nicht ganz so schlimm. Denn als Bundesjustizminister darf er sowieso nicht mehr als Anwalt tätig sein. Denn gem. Art. 66 GG Gilt: “Der Bundeskanzler und die Bundesminister dürfen kein anderes besoldetes Amt, kein Gewerbe und keinen Beruf ausüben und weder der Leitung noch ohne Zustimmung des Bundestages dem Aufsichtsrate eines auf Erwerb gerichteten Unternehmens angehören.” Unabhängig davon, ob Buschmann sein beA inzwischen eingerichtet hat, braucht er es jetzt jedenfalls nicht mehr. Das bestätigte auch Buschmanns Sprecher gegenüber LTO: “Als Minister darf er nicht als Rechtsanwalt tätig sein. Eine entsprechende Eintragung im Anwaltsverzeichnis wird unverzüglich erfolgen. Er ist dazu im Austausch mit der Rechtsanwaltskammer Hamm”.
Ende gut, alles gut? Zumindest für Marco Buschmann. Die anderen 23.000 Anwält:innen, die bisher noch gegen ihre Berufspflicht verstoßen haben, sollten ihre beA-Registrierung jetzt schnell nachholen. Die Frist ist schließlich bereits verstrichen.