Herzog, Fürstin, Baron, Gräfin und Freiherr. Im Deutschland der letzten Jahrhunderte gab es viele wunderschöne Adelstitel mit denen sich Personen mal mehr und mal weniger verdient geschmückt haben. Ob die Titel heute noch geführt werden dürfen, hängt von einigen Voraussetzungen ab. Und führt oft auch zum Streit. So auch im Fall eines rheinländischen Adeligen, der gerne weiterhin den Titel “Freiherr” führen wollte. Das Oberlandesgericht Zweibrücken musste entscheiden….
Schon im Jahr 511 wurde durch König Chlodwig I. die “Lex Salica” entwickelt. Ein Gesetz, das die Zugehörigkeit zum deutschen Adel regelte. Neben den oben aufgeführten Adelstiteln gab es außerdem sogenannte Adelsprädikate. Darunter versteht man den Namenszusatz “von” und “zu”. Wer als “adelig” galt, hatte besondere Vorrechtsstellungen inne. Beispielsweise Sonderregelungen im Prozessrecht und bei Erbschaftsfragen. Das Wichtigste: Der Adel war von der Pflicht, Steuern und Zölle zu zahlen vollkommen befreit. 1855 schuf der preußischen König mit dem “Heroldsamt” in Berlin sogar eine Behörde, die nur für Adelsangelegenheiten zuständig war. Wir sehen also: Um die Adelszugehörigkeit wurde früher ein großes Aufheben gemacht.
Abschaffung der Privilegien in der Weimarer Republik
In der Weimarer Republik war jedoch Schluss damit. Art. 109 der Weimarer Reichsverfassung sah 1918 vor: “Öffentlich-rechtliche Vorrechte oder Nachteile der Geburt und des Standes sind aufzuheben und dürfen nicht mehr verliehen werden.” Mussten jetzt etwa alle Prinzen und Prinzessinnen ihre Titel abgeben? Nein, natürlich nicht. Der vormalige Adelstitel konnte einfach als Teil des Namens weitergeführt werden. Aus einer Gräfin, die keine Steuern bezahlte, wurde also einfach eine Frau Gräfin, die Steuerzahlerin.
Und was passierte im Streitfall? Seit Ende des Zweiten Weltkriegs übernimmt der Deutsche Adelsrechtsausschuss (ARA) die Prüfung, ob ein Adelstitel in historisch richtiger Weise geführt wird. Diese Entscheidung ist rechtlich allerdings nicht bindend. Da sich Adelstitel heute nur noch im Namensrecht (§ 12 BGB) auswirken, sind juristische Entscheidungen darüber den allgemeinen Regeln des deutschen Namensrechts unterworfen. So können Adelstitel nicht nur durch Geburt, sondern auch durch Heirat (§ 1355 BGB) und Adoption (§ 1757 BGB) erworben werden.
Unseriöse Erwachsenenadoption: Prinz Marcus von Anhalt
Eine einfache Namensänderung ist hingegen nicht möglich. Es gibt jedoch die unseriöse Praxis sich durch eine vermittelte “Erwachsenenadoption” einen Adelstitel zu “kaufen”. Das bekannteste Beispiels hierfür ist der Bordellbetreiber Prinz Marcus von Anhalt. Dieser Weg ist jedoch mit erheblichen finanziellen Risiken verbunden. Denn der Bundesgerichtshof entschied bereits 1996, dass die Vermittlung einer Adoption gegen Entgelt zwecks Erwerb eines Adelstitels sittenwidrig ist (BGH, Urt. v. 10.10.1996, Az. III ZR 205/95).
Über die Frage, ob ein vermeintlicher Adeliger den Zusatz “Freiherr” tragen darf, musste jetzt sogar das OLG Zweibrücken entscheiden.
Das Geschlecht des Mannes hatte sich im 13./14. Jahrhundert in drei Linien geteilt, von denen heute nur noch eine existiert. Im 17. Jahrhundert setzte sich für den Familiennamen die Schreibweise “von …” statt “Freiherr von …” durch. Infolge der Französischen Revolution wurden die Vorrechte des Adels, seine Prädikate und Titel aufgehoben und auch die Vorfahren des Mannes verloren ihren Adelstitel. Im Zuge der Etablierung des preußischen Herrschaftssystems verfügte Friedrich Wilhelm III. jedoch 1826 die Wiedereinsetzung des ehemals linksrheinischen Adels in seine althergebrachten Rechte. Bereits damals stellte der Ur-Ur-Urgroßvater des Beschwerdeführers den Antrag auf Wiedereinsetzung in den Titel “Freiherr”. Jedoch erfolglos.
Untergang des Titels “Freiherr von…” ?
Das gleiche Begehren verfolgte nun auch sein Ur-Ur-Ur-Enkel, der Beschwerdeführer, vor dem OLG Zweibrücken. Bereits 2014 hatte der Adelsrechtsausschuss festgestellt, dass die Führung des Namens “Freiherr von …” durch den Mann adelsrechtlich nicht zu beanstanden sei. 2020 begehrte er deswegen bei der Stadt, seinen Namen im Geburtenregister entsprechend anpassen zu lassen. Dies wurde aber abgelehnt. Dagegen zog der Mann vor Gericht. Vor dem OLG Zweibrücken hatte der Mann jedoch ebenfalls keinen Erfolg.
Zur Begründung führten die Richter:innen aus, dass der Geburtsname des Beschwerdeführers im Geburtenregister nicht “unrichtig” eingetragen sei. Der Beschwerdeführer könne sich auch nicht erfolgreich auf Regelungen der Weimarer Reichsverfassung berufen, die im deutschen Recht weitergelten. Denn in Art. 109 WRV sei geregelt, dass Adelsbezeichnungen nur als Teil des Namens gelten und nicht mehr verliehen würden. Diese Regelung erlaube es Adelsfamilien allerdings nur ihre Adelstitel weiterzuführen, wenn sie diese bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Weimarer Reichsverfassung am 14. August 1919 getragen hätten. Adelsbezeichnungen werden jedenfalls dann nicht Bestandteil des Namens, wenn sie zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Weimarer Reichsverfassung “längere Zeit im Rechtsverkehr nicht mehr geführt” worden seien. Da vorliegend neben dem Ur-Ur-Urgroßvater des Beschwerdeführers drei weitere Generationen der Familie den Namen nicht mehr getragen hätten, könne sich der Beschwerdeführer nicht mehr erfolgreich darauf berufen, dass der begehrte Adelstitel Bestandteil des Namens geworden sei. Der Adelstitel sei insoweit “unter dem Regime des bürgerlichen Rechts untergegangen”.
Enstcheidung: OLG Zweibrücken, Beschl. v. 13.07.2021, Az. 3 W 98/20