Völlig daneben gegrätscht: Grobes Foulspiel begründet Anspruch auf Schmerzensgeld

Ein Fußballspiel verläuft nicht immer reibungslos. Unsportliches Verhalten in Form von Beleidigungen, Provokationen oder Fouls gehört zur Tagesordnung. Das kann mal milder, mal schwerwiegender ausfallen. So erlitt ein Verbandsspieler nach einem Foul erhebliche Verletzungen und erhob Klage auf Schmerzensgeldzahlung.

Vom Spielfeld ins Krankenhaus

Der Kläger war Stürmer, der Beklagte Verteidiger der gegnerischen Mannschaft. Beide Spieler trafen im Mai 2017 aufeinander. In der 8. Spielminute nahm der Kläger auf der Höhe des Mittelpunktes den Ball an sich und wollte ihn seinem Mitspieler zuspielen – dazu kam er aber nicht. Er wurde vom Beklagten gefoult. Der Schiedsrichter verwies ihn daraufhin des Feldes. Der Kläger erlitt schwere Verletzungen und war in seiner Bewegungsfreiheit für einen längeren Zeitraum beschränkt. Er klagte auf Zahlung von Schmerzensgeld und der Feststellung, dass der Beklagte ihm zukünftige Schäden zu ersetzen hat.

Das Landgericht Kiel (Urt. vom 21.05.2017, Az. 13 o 66/19) wies die Klage zunächst ab. Es bestanden nicht genügend Beweise, um die Tat als „grobes Foulspiel“ im Sinne der Regeln des DFB zu qualifizieren. Der Kläger beanstandete die Beweiswürdigung und ging daraufhin in Berufung.

Grobes Foulspiel in der 8. Spielminute

Das Oberlandesgericht Schleswig gab der Berufung statt. Der 7. Zivilsenat schloss sich zunächst der allgemeinen Auffassung an, dass die Haftung für Verletzungen bei Wettkämpfen mit erhöhtem Gefährdungspotenzial, wie bei einem Fußballspiel, reduziert ist. Es ist davon auszugehen, dass jede:r Teilnehmer:in die Möglichkeit von Verletzungen in Kauf nimmt, die sich durch Befolgung der anerkannten Regeln der jeweiligen Sportart nicht vermeiden lassen. Liegt ein Verbandsspiel vor, so bietet sich ein anderer Maßstab, nämlich die Fußballregeln des Deutschen Fußball-Bundes, an. Danach ist ein grobes Foulspiel im Sinne der Regel 12 Nr. 3 des DFB wie folgt definiert:

„Tacklings oder Angriffe, die eine Gefahr für den Gegner darstellen oder übermäßig hart oder brutal ausgeführt werden, sind als grobes Foul zu ahnden. Ein Spieler, der im Kampf um den Ball von vorne, von der Seite oder von hinten mit einem oder beiden Beinen in einen Gegner übermäßig hart hineinspringt oder die Gesundheit des Gegners gefährdet, begeht ein grobes Foul”.

Nach Ansicht der 7. Zivilkammer beging der Beklagte das Foul „grob“. Insbesondere sprach der Platzverweis des Schiedsrichters für das Vorliegen eines ungewöhnlichen Foulspiels. „Das ist übertrieben hart gewesen. In meinen 28 Jahren als Schiedsrichter habe ich ein solches Tackling noch nicht erlebt“, gab der Schiedsrichter in seiner Anhörung vor Gericht zu Protokoll.

Der Senat war überzeugt, dass der Beklagte einen erheblichen Rechtsverstoß begangen und die daraus resultierende Verletzung des Klägers billigend in Kauf genommen hat. Die Rücksichtslosigkeit des Beklagten zeige sich vor allem an dem offenen Schienbeinbruch, den der Kläger erlitt. Dieses Tackling kann laut der Richter:innen auch nicht durch „Spieleifer, Unüberlegtheit, technisches Unvermögen oder Müdigkeit“, entschuldigt werden. Das Spiel befand sich noch im Anfangsstadium. Einen Anlass für das Foulspiel bot die Spielsituation mithin nicht.

Der Beklagte hat dem Kläger Schadensersatz nebst Zinsen in Höhe von 7.500 € sowie künftige, aus dem Ereignis resultierende Schäden zu ersetzen.


Entscheidung: OLG Schleswig, Urt. v. 19.11.2020, Az. 7 U 214/19
Pressemitteilung: https://www.schleswig-holstein.de

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