Skandal: “Cham­pagner Sorbet” vom Discounter ent­hält zu wenig Cham­pagner!

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Darf’s noch ein Sektchen sein? Oder vielleicht doch lieber einen Prosecco oder einen Champagner? Aber Moment mal: Was ist eigentlich der Unterschied? Damit musste sich indirekt auch das Oberlandesgericht München (wer hätte es gedacht?) befassen. Konkret ging es um das “Champagner Sorbet”, also eine Eissorte, von Aldi. Hält das Produkt, was der Name verspricht?

An Silvester sowie bei besonderen Anlässen wie Hochzeiten haben Schaumweine Hochsaison. Laut Stiftung Warentest gönnt sich jede:r Deutsche im Jahr 3,9 Liter Schaumwein. Doch die Unterschiede zwischen Sekt, Prosecco, Champagner und Co. sind groß. Am größten sind sie beim Preis: Eine billige Flasche Prosecco vom Discounter gibt es für schlappe drei €. Eine Flasche des Champagne Goût de Diamants wird für rund 1,8 Millionen € gehandelt. Auch bei der Gärzeit, den Zutaten und der Herkunft unterscheiden sich die Schaumweine ganz erheblich. Sekt besteht aus Grundweinen, denen Hefezellen und Zucker zugesetzt werden. Der Alkoholgehalt muss mindestens zehn Prozent betragen. Prosecco kommt aus Italien und besteht aus den Weinen der Rebsorte Glera. Champagner darf sich das Getränk nur nennen, wenn es aus der Region Champagne (Frankreich) stammt und mindestens 15 Monate gereift ist. Die verwendeten Rebsorten beschränken sich auf Chardonnay, Pinot Meunier und Pinot Noir.

Champagner ist geschütze Ursprungsbezeichnung

Aber natürlich können es auch deutsche Supermärkte nicht lassen, im Champagner-Geschäft mitzumischen. Und was ist noch leckerer als Schaumwein? Richtig: ein Champagner-Eis! Doch Frankreichs Champagnerhersteller fanden das überhaupt nicht lustig. Sie verklagten Aldi kurzerhand vor dem Landgericht München I. Und hatten Erfolg!

Die Champagnerhersteller hatten vor Gericht argumentiert: Aldi verletze mit dem Vertrieb einer Eissorte unter dem Namen „Champagner Sorbet“ die Rechte an der geschützten Ursprungsbezeichnung und qualifizierten geographischen Herkunftsangabe „Champagne“. Die Verarbeitung von Champagner berechtige Aldi nicht, die Ursprungsbezeichnung für ihre Produkte zu verwenden. Dieser Argumentation schlossen sich die Richter:innen des LG und auch des OLG München in der zweiten Instanz an.

Dazu erörterte das Gericht zunächst den Ursprung des Wortes “Champagner Sorbet”: “Dabei ist der Begriff „Champagner-Sorbet“ keine Erfindung der Beklagten bzw. der Streitverkündeten, sondern ausweislich der von beiden Streitparteien vorgelegten Rezepte in der deutschen Sprache und in der deutschen Küchenliteratur eine feststehende Bezeichnung für eine halbgefrorene Süßspeise mit Champagnerzusatz. Das „ChampagnerSorbet“ steht damit in einer Reihe anderer bekannter Süßspeisen wie zum Beispiel „Mousse au chocolat“, „Crème brûlée“ oder „Panna cotta“. Die Beklagte verwendet mithin für ihr Tiefkühlprodukt eben diejenige Bezeichnung, unter der dem Verkehr eine solche Speise bekannt ist; insofern unterscheidet sich das hier zu beurteilende Produkt auch von Lebensmitteln, wie sie von der Klägerin angeführt werden, die möglicherweise unter Zugabe von Markenprodukten wie „Coca-Cola“ oder „Hohes C“ hergestellt werden könnten.”

Champagner-Eis muss nach Champagner schmecken

Dann führten die Richter:innen aus, wieso die Benennung des Tiefkühleises das Ansehen der geschützten Ursprungsbezeichnung “Champagne” in unzulässiger Weise ausnutze. Maßgeblich sei, dass das Sorbet gar nicht wirklich nach Champagner schmecke. Das dominante Aroma des Aldi-Produkts sei nämlich Birne, “gefolgt von Zucker, Zitronensäure und einem Hauch Alkohol.”

Grundlage dieser Entscheidung war ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes aus dem Jahr 2017. Diesem hatten die deutschen Richter:innen den Fall zur Entscheidung vorgelegt. Der EuGH hatte geurteilt, dass eine geschützte Ursprungsbezeichnung dann verletzt sei, “wenn das Lebensmittel nicht als wesentliche Eigenschaft einen Geschmack aufweist, der hauptsächlich durch das Vorhandensein dieser Zutat in seiner Zusammensetzung hervorgerufen wird.”

Das Tragische? Eine Verkostung des Champagner Sorbets war weder den deutschen noch den europäischen Richter:innen möglich gewesen. Denn das Eis war schon seit 2014 abgelaufen und wurde inzwischen nicht mehr nachproduziert.


Entscheidung: OLG München, Urt. v. 01.07.2021, Az. 29 U 1698/14
EU: EuGH, Urt. v. 20.12.2017, Az. C-393/16 

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