Über den Valentinstag als außerbetriebliche Sondersituation und die Eigentumslage von Liebesschlössern

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Die Bedeutungen der Emotion „Liebe“ und des in ihrem Zusammenhang gefeierten Valentinstages im juristischen Verständnis sollen Gegenstand dieser Besprechung sein. Ihre Relevanz reicht nämlich im Leben eines:einer (angehenden) Jurist:in gelegentlich – tatsächlich – weiter als bis zu der Frage, ob das Ganze eine Relevanz für die Fristberechnung hat oder wie man seine Emotion am besten mit § 984 BGB [Schatzfund] in eine witzige Caption bzw. kreative Liebesbekundung verpacken könnte.

Hierfür werden im Folgenden zwei Gerichtsentscheidungen herangezogen, die – fast schon kontraintuitiv – keinen familienrechtlichen Hintergrund, sondern vielmehr arbeits- und sachenrechtliche Bezüge aufweisen.

Die Bedeutung von Liebesschlössern und deren Auswirkung auf die Eigentumslage

In einem Urteil des AG Köln vom 10.08.2012 (Az. 526 Ds 395/12) wurde ein Angeklagter wegen Diebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt (§§ 242 I, 303 I, 25 II, 52 StGB, 17 II BZRG).

Laut Gericht traf sich der Angeklagte eines Nachts gegen 04:15 Uhr auf der Südseite der Hohenzollernbrücke in Köln mit seinem späteren Mittäter. Die beiden entfernten daraufhin mehrere Streben des Gitterzaunes, der den Fußweg und die Bahngleise auf der Mitte der Brücke voneinander trennen. Dies geschah, um 53 „größtenteils individuell gravierte Vorhängeschlösser (sog. Liebesschlösser)“ zu entfernen und später zu einem Kilopreis von 3,20 €/Kilogramm an einen Schrotthändler zu verkaufen.

Innerhalb der Prüfung des objektiven Tatbestandes zur Begründung der Strafbarkeit nach § 242 I StGB stellt das AG fest, dass es sich bei den Tatobjekten, den Liebesschlössern, um fremde Sachen handelt. Diese standen nämlich nach Überzeugung des Gerichts zum Zeitpunkt der Wegnahme noch im Eigentum derjenigen, die die Schlösser angeschlossen hatten.

An dieser Stelle begründet das AG recht hübsch, warum eine Dereliktion nach § 959 BGB ausscheidet und die Liebesschlösser gerade nicht herrenlos geworden sind. So führt es zu dem erforderlichen rechtsgeschäftlichen Willen, das Eigentum aufgeben zu wollen, aus: Liebesschlösser „werden dem Brauch nach am Brückengeländer angebracht um als Symbol für ewige Liebe für immer dort hängen zu bleiben. Diejenigen, die „Liebesschlösser“ an das Brückengeländer anbringen, wollen diese gerade nicht dauerhaft loswerden. Sie wollen sie nur an diesem speziellen Ort deponieren. Das weitere rechtliche Schicksal der Schlösser war [ihnen] daher nicht völlig gleichgültig.“

Die Liebesschlösser als quasi eiserne Manifestation einer Emotion, als Symbol für ewige Liebe, wurden somit durch diese inhärente Bestimmung in ihrer rechtlichen Beziehung zu den ursprünglichen Eigentümer:innen konserviert.

Tatsächlich meldeten sich auch, in Reaktion auf eine Presseberichterstattung, „mehrere Personen[, die] ihre „Liebesschlösser“ erkannten und heraus verlangten („N & N“; „S + U 4ever“)“. Das ist deswegen besonders schön, weil es zeigt, wie wichtig manchen Betroffenen die Erhaltung dieser öffentlichen Geste ist.

Ob es vor diesem Hintergrund noch der durch das Gericht angestrengten Argumentation bedurfte, das Gewahrsam an den Schlössern würde durch den „jeweilige[n] Eigentümer der Hohenzollernbrücke“ ausgeübt, oder ob man unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung ausnahmsweise einen gelockerten Gewahrsam der Anbringenden annehmen könnte, kann an dieser Stelle dahinstehen.

Valentinstag als lange historische Tradition

Nachdem wir nun festgestellt haben, dass die Emotion Liebe und deren Ausdruck durchaus auch abseits der hierfür prädestinierten Rechtsgebiete juristisches Gewicht entfalten können, wenden wir uns im Folgenden einem besonderen Tag zu, der bereits im 14. Jahrhundert mit der romantischen Liebe assoziiert wurde: Dem Valentinstag.

Dieser wird, abhängig von der jeweiligen Gemeinschaft, traditionell am 14. Februar begangen und geht unter anderem auf den heiligen Valentin von Terni (je nach Überlieferung auch Valentin von Rom) zurück. Dieser soll im 3. Jahrhundert nach Christus Bischof von Interamna, dem heutigen Terni, gewesen sein und in dieser Funktion, trotz eines Verbotes des Kaisers Claudius II., Liebespaare nach christlichem Zeremoniell getraut haben, was zu seiner Enthauptung führte. Zudem soll der Märtyrer bei den verschiedensten Gelegenheiten Blumen aus seinem eigenen Garten verschenkt haben.

Eines der ihm zugeschriebenen Relikte, seine Gebeine, liegen heute in einer kleinen Kapelle im linken Seitenschiff der Basilica minor Santa Maria in Cosmedin, Rom. Sie sind mit Blumen geschmückt.

Blumenbestellungen am Valentinstag als außerbetriebliche Sondersituation

Blumen, genauer die „Vermittlung von Blumen, Blumensträußen und Blumenarrangements“, sind auch das Gewerbe der Antragstellerin unserer nächsten Gerichtsentscheidung. In einem Beschluss vom 01.02.2021 (Az. 4 L 25/21) stellt das Verwaltungsgericht Berlin fest, dass es sich bei dem Valentinstag für das beschriebene Gewerbe um eine außerbetriebliche Sondersituation handelt, „die einen Anspruch auf eine Ausnahmebewilligung für die sonntägliche Beschäftigung von Arbeitskräften […] begründen kann.“ Zuvor hatte das zuständige Bezirksamt den Antrag auf Ausnahmebewilligung abgelehnt, womit es vorerst bei dem Beschäftigungsverbot nach § 9 I ArbZG blieb.

Das VG begründet die einstweilige Anordnung nach § 123 I S. 1 VwGO zur Erteilung der Bewilligung damit, dass das „der Behörde nach § 13 III Nr. 2 Buchst. b ArbZG zustehende Ermessen […] hier auf Null reduziert“ ist, da ansonsten die Berufsfreiheit (Art. 12 I GG) der Antragstellerin „schwerwiegend beeinträchtigt“ würde.

Zu dem Merkmal der Sondersituation führt das Gericht aus: „Der vorliegende Fall ist dadurch gekennzeichnet, dass die Nachfrage nach dem von der Ast. vermittelten Warensortiment an bestimmten (wenigen) Tagen besonders hoch ist. Zweifellos gilt dies in besonderer Weise für den Valentinstag, an dem sich Liebende traditionell Blumen als Zeichen ihrer Verbundenheit zukommen lassen. Der Valentinstag ist damit ein besonderer Tag, der einen spezifischen saisonalen Spitzenbedarf an Blumen auslöst.“

Der Valentinstag erhält also in concreto unter anderem deswegen eine herausgehobene Bewertung für das Blumengewerbe, weil das durch die Antragstellerin vermittelte Produkt als Symbol der Liebe und Verbundenheit an gerade diesem besonderen Tag Bedeutung erlangt.

Zusammenfassend können wir feststellen, dass die Liebe als Emotion, ihre Symbole und Feste nicht nur gesellschaftliche, sondern auch juristische Relevanz entfalten – und dies selbst in ungewohnten Zusammenhängen. Und vielleicht trägt auch dieser Beitrag dazu bei, dass in den folgenden Tagen, insbesondere an dem besonderen Valentinstag, ein saisonaler Spitzenbedarf an Blumen ausgelöst wird…


Dieser Artikel entstand im Rahmen unseres Essay-Wettbewerbs “recht lieblich”, der zum Valentinstag 2022 hier auf JURios veranstaltet wurde. Platz 1: “Valentinstag: Die Liebe & das Strafrecht” Platz 3: “Der juristische Valentinstag – Wie aus Romantik ein Rechtsstreit wird!”.

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