Harry Potter und das Sorgerecht der Muggel

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Der Junge, der überlebte: Mit gerade einmal 15 Monaten wurde Harry Potter Vollwaise, nachdem seine Eltern Lily und James Potter in ihrem Versteck von Voldemort aufgespürt und getötet wurden. Statt in behördliche Obhut gegeben zu werden, wird Harry kurzerhand auf einem fliegenden Motorrad in die Muggel-Welt gebracht. Dort wächst er ohne Wissen um seine Geschichte und die Zaubereiwelt in eher elenden Verhältnissen bei den Dursleys auf.

„Potterheads“ (Fans der Potter-Saga) kennen die Geschichte des berühmten Zauberlehrlings nur allzu gut, aber wie sieht es mit dem Sorgerecht für Harry Potter aus? Höchste Zeit also für einen weiteren Beitrag aus der Reihe „Recht und Literatur“, diesmal in Muggel(rechts)kunde. Obwohl sich die Handlung in England abspielt, gehen wir hier von deutschem Familienrecht aus.

Wer hätte eigentlich das Sorgerecht für Harry Potter bekommen sollen?

Lange glaubt Harry, dass die Dursleys seine einzigen Verwandten sind. Erst in seinem dritten Schuljahr in Hogwarts trifft er auf Sirius Black – er ist nicht nur der beste Freund seines verstorbenen Vaters, sondern auch Harrys Patenonkel und der Wunsch-Vormund:

„Deine Eltern haben mich zu deinem Vormund ernannt…wenn ihnen irgendetwas zustoßen sollte.“

Sirius zu Harry im 3. Band „Harry Potter und der Gefangene von Askaban“.

Eltern können in einer sogenannten “Sorgerechtsverfügung” einen Vormund für ihre Kinder für den Fall der Fälle bestimmen. Dann bekommt dieser Vormund das Sorgerecht, wenn beide Elternteile sterben. Lily und James Potter versteckten sich vor Voldemort und sie wussten, dass sie in Lebensgefahr schwebten. Sie sorgten finanziell gut vor und machten mit Sirius Black ab, dass dieser sich um Harry kümmern solle. Eine schriftliche Sorgerechtsverfügung gab es jedoch nicht.

Moment. War Sirius nicht in Askaban, dem magischen Hochsicherheitsgefängnis? Ja, und solch eine Haftstrafe könnte natürlich dem Sorgerecht entgegenstehen. Immerhin wurde Sirius für seinen Angriff auf Peter Pettigrew und den Tod von dreizehn unschuldigen Muggel verhaftet. Später stellt sich jedoch heraus, dass Pettigrew und die Muggel nicht von Sirius in die Luft gejagt wurden, sondern er seinen Tod lediglich vortäuschte, nachdem Pettigrew Lily und James Potter an Voldemort verraten hatte.

Harry zumindest hat sich in Band drei bereits ausgemalt, wie es wäre, mit in das Familienanwesen der Blacks zu ziehen und nicht zu den Dursleys zurückkehren zu müssen. Dazu kommt es jedoch nie. Er rätselt noch einige Jahre, wieso Dumbledore, der mächtigste Zauberer der magischen Welt und sein Beschützer, ihn so einer Kindheit ausgeliefert hat.

Denn: Statt einem Familiengericht entscheidet Dumledore ohne behördliche Autorität, dass Harry in der Muggel-Welt bei den Dursleys aufwachsen soll. Wo war das Zaubereiministerium? Nun, als Harry Vollwaise wurde, herrschte der Erste Zaubererkrieg und die Todesser, die Gefolgsleute von Voldemort, hatten das Ministerium bereits übernommen. Diesen hätte man Harry ohnehin nicht anvertrauen wollen. Der Vollständigkeit halber sei trotzdem erwähnt, dass das Zaubereiministerium sieben Abteilungen hat, darunter auch das höchste Gericht, den Zaubergamot. Ob es auch ein Familiengericht gibt, das für Sorgerechtsfragen zuständig ist, bleibt unklar.

Schutzzauber vs. Mobbing durch die Dursleys – Wie steht es um das Kindeswohl?

In seinem 5. Schuljahr gelingt es Harry, Dumbledore zur Rede zu stellen. So erfährt er Dumbledores Beweggründe für dessen Sorgerechtsentscheidung:

„Ich brachte dich zu ihrer [Lily Potters] Schwester [Petunia Dursley], ihrer einzigen lebenden Verwandten… Sie nahm dich bei ihr auf und dadurch versiegelte sie den Zauber, den ich dir auferlegte. Das Opfer deiner Mutter macht das Band des Blutes zum stärksten Schild, das ich dir geben konnte… solange du den Ort, an dem das Blut deiner Mutter noch rinnt, dein Zuhause nennen kannst, kannst du dort nicht von Voldemort berührt oder verletzt werden.“

Dumbledore zu Harry in Band 5 „Harry Potter und der Orden des Phönix“.

Rechtlich betrachtet erhalten Verwandte nicht automatisch das Sorgerecht, wenn ein Kind Vollwaise wird. Auch wenn es Großeltern oder Tante bzw. Onkel gibt, überträgt das Familiengericht diesen nicht ohne weitere Prüfung das Sorgerecht. Es geht vielmehr darum, den Vormund zu finden, der sich am besten um das Kind kümmern kann. Dabei kann natürlich eine bereits bestehende Bindung zu einem Familienmitglied eine Rolle spielen. So eine bestand hier jedoch nicht, da Petunia Dursley schon lange keinen Kontakt mehr zu ihrer Schwester Lily Potter und deren Familie hatte. Und auch Harrys Großeltern mütterlicher- und väterlicherseits waren leider bereits seit Jahren verstorben.

War bei den Dursleys wenigstens das Kindeswohl gesichert? Wohl kaum. Harry musste die ersten Jahre über in einer Besenkammer unter der Treppe hausen, bekam nicht genug zu essen und wurde ständig von seinem Cousin Dudley tyrannisiert. Allerdings schien ein noch größeres Übel zu lauern. Immerhin trachtete Lord Voldemort Harry weiter nach dem Leben. Schließlich war er der Einzige, der je den unverzeihlichen Todesfluch “Avada Kedavra” überlebte.

Die Durspleys und Tante Magda – VladislavPantic (DeviantArt)

Entscheidend ist wohl dieser Aspekt: Harry selbst überlebte den Angriff von Voldemort als Baby nur dank eines uralten Zaubers – durch ihre Liebe und Aufopferung für ihren Sohn zu sterben, gelang es Lily Potter, den Todesfluch abzuwehren. Dumbledores Schutzzauber knüpfte genau daran an. Um diesen aufrecht zu erhalten, musste Harry jedes Jahr für eine Zeit zu den Dursleys zurückkehren. Stellt man das Leben der körperlichen und seelischen Unversehrtheit von Harry gegenüber, mag Dumbledore den Umständen entsprechend zu seinem Besten gehandelt haben.

Accio magisches Wechselmodell!

Ob von einem derart weisen und mächtigen Zauberer in den Details eine noch raffiniertere Lösung mit weniger Leid für Harry erwartet werden konnte, ist an dieser Stelle nicht aufzuklären. Wir erlauben es uns jedenfalls ein besonderes Betreuungsmodell vorzuschlagen: Das sogenannte Wechselmodell. Klassischerweise teilen sich dabei zwei Elternteile die Betreuung ihres gemeinsamen Kindes.

In diesem Fall wäre es also ein magisches Wechselmodell, bei dem die Dursleys als Vormund in der Muggelwelt und Sirius als Vormund in der magischen Welt fungieren. Das Sorgerecht würde entsprechend der beiden Welten geteilt. Harry könnte jeden Sommer für eine kurze Zeit zu den Dursleys zurückkehren, um den Schutzzauber aufrechtzuerhalten und die restliche Zeit mit Sirius verbringen.

Für Risiken und Nebenwirkungen solch einer Abänderung des auferlegten Zaubers fragt Eure Hexe oder Euren Zauberer des Vertrauens. Und wie sieht es in England/USA aus? Mehr dazu: https://www.deviantart.com


Dieser Artikel ist Teil unserer Serie “Recht und Literatur”. Auf JURios haben wir noch weitere Beiträge zum Recht in den Harry Potter Büchern veröffentlicht. So beispielsweise:

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Cathleen Meiling Krohn
Cathleen Meiling Krohnhttp://www.scheidung.de
Frau Ass. jur. Cathleen Meiling Krohn B.A. verfasst auf dem Blog von scheidung.de Artikel zu Online-Scheidung, Unterhaltsfragen und anderen Themen des Familienrechts.

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