Busfahrer wird von Nebenbuhler angegriffen – kein Arbeitsunfall

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Wird ein Busfahrer während seiner Arbeitszeit von dem eifersüchtigen Ehemann seiner Geliebten mit einem Messer angegriffen, stellt dies keinen Arbeitsunfall dar. Dieser kuriose Fall wurde vom Landessozialgericht München entschieden.

Der Hintergrund des Urteils ist ernst: Im Sommer 2015 wurde ein Busfahrer am frühen Morgen auf einem Busbahnhof in seinem eigenen Bus von einem Mann mit einem Messer angegriffen und verletzt. Später stellte sich heraus, dass es sich bei dem Angreifer um den Ehemann seiner Geliebten handelt. Der Busfahrer hatte 1-2 Monate vor der Attacke ein sexuelles Verhältnis mit der Ehefrau des späteren Täters begonnen. Diese hatte mit ihrem Ehemann eine „offene Ehe“ vereinbart.

Und jetzt wird es skurril: Vor der Tat war es zu drei Treffen der beiden Geliebten gekommen. Unter anderem auch in der Familienwohnung des Angreifers und seiner Frau. Der Ehemann erfuhr von der Beziehung, weil er eine Wildkamera zunächst im Garten und dann in der Familienwohnung aufgestellt und dabei beide im Wohnzimmer beobachtet hatte, wie sie Kaffee getrunken, sich geküsst und auch Familienfotos angesehen hatten.

Wildkamera filmt Liebespaar

Aber damit noch nicht genug: Am Freitag vor der Tat brachte der Täter seine damals 12-jährige Tochter R zum Schulbus. Und hier passierte das Unwahrscheinliche: Er erkannte den geliebten seiner Ehefrau in dessen Bus wieder. Daraufhin kam es am Samstag zu einer familiären Aussprache zwischen dem Ehepaar. Gemeinsam mit seiner Ehefrau fuhr der Täter am Montag zum Busbahnhof, um dort auf den Nebenbuhler zu warten. Nachdem der Busfahrer seinen Bus abgestellt hatte, wurde er angesprochen und mit drei Messerstichen in den Brust- und Bauchbereich niedergestochen. Zwar konnte der Busfahrer gerettet werden, er entwickelte nach der Tat aber unter anderem eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS). Der Angreifer wurde wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt.

Und jetzt wird es arbeitsrechtlich interessant: Der Busfahrer versuchte, den Angriff als Arbeitsunfall anerkennen zu lassen. Das lehnte sein Arbeitgeber jedoch mit der Begründung ab, dass der Grund für den Angriff die Liebesaffäre des Busfahrers mit einer verheirateten Frau gewesen sei. Der Angriff habe gerade nicht mit der Arbeit des Busfahrers in Zusammenhang gestanden. Dagegen klagte der Busfahrer erfolglos vor dem Sozialgericht Nürnberg und zog sodann vor das Landessozialgericht München. Seine Berufung hatte jedoch ebenfalls keinen Erfolg.

Vom Ehemann der Geliebtene erkannt zu werden, ist keine “beschäftigungstypische Gefahr”

Denn: Wie das Sozialgericht bereits richtig ausgeführt habe, sei Voraussetzung der Anerkennung als Arbeitsunfall, dass ein sachliche Zusammenhang zwischen der versicherten Arbeitstätigkeit und dem Unfall bzw. Angriff bestünde. Und an diesem Zusammenhang fehle es hier.

Dazu führt das gericht aus: “Zwar ist es der Tätigkeit als Busfahrer immanent, dass Kontakt zu vielen Personen besteht. Wenn diese Kontaktmöglichkeiten jedoch für private Treffen/Verabredungen genützt werden, ist dies mangels entsprechender vertraglicher Verpflichtung nicht mehr der versicherten Tätigkeit zuzurechnen. Insoweit hat das BSG bereits im Fall einer aus enttäuschter Liebe bzw. Rache in einem Lokal angegriffenen Büffethilfe entschieden, dass allein die Tatsache, dass ein Versicherter jemanden auf der Betriebsstätte kennenlernt und dann nähere Beziehungen knüpft, keine wesentlich der versicherten Tätigkeit zuzurechnende Bedingung darstellt (BSG, Urteil vom 23.4.1975 – 2 RU 211/74 -, juris Rn. 20).”

Und weiter: “Gleiches gilt für die Tatsache, dass der Kläger durch den Täter erst im Rahmen seiner Tätigkeit als Busfahrer erkannt wurde. Zwar ist der Tätigkeit als Busfahrer immanent, dass man von vielen Personen auch gesehen wird. Das Risiko, dabei vom Ehemann der Frau erkannt zu werden, mit der man ein Verhältnis hat, ist jedoch keine beschäftigungstypische Gefahr, sondern wurzelt allein in den privaten Umständen des Versicherten.”


Entscheidung: LSG München, Urteil v. 14.04.2021, Az. L 3 U 344/17

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