Grenzenloses Sexualleben nicht vom Grundgesetz geschützt: Sexspiele nur bei Zimmerlautstärke

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Recht schlüpfrig: Lautes Stöhnen und laute Yippie-Rufe beim Sex stellen eine unzumutbare Belästigung der Nachbarschaft dar. Dies hat das Amtsgericht Warendorf im Jahr 1997 entschieden.

In einem Sechsfamilienhaus in Warendorf (Nordrhein-Westfalen) trug sich im Jahr 1996 gar ungeheuerliches zu! Nachdem eine lüsterne Dame und ihr Partner in eine der beiden Erdgeschosswohnungen gezogen waren, kam es zu diversen Lärmbelästigungen. Der Herr in der Wohnung über unseren Neuankömmlingen fühlte sich davon belästigt, dass es in der Nachbarwohnung zu “überlauten Geräuschen beim Sexualverkehr” kam. Der Mann fühlte sich von den Sex-Geräuschen zu angeblich “jeder Tages- und Nachtzeit” erheblich gestört. Er verklagte seine neuen Nachbar:innen deswegen vor dem Amtsgericht Warendorf. Vor Gericht gab der Mann an, dass ihn die Lustgeräusche mehrfach am Einschlafen gehindert hätten und er im Schlaf gestört worden sei. Er verlangte von seinen Nachbar:innen deswegen gerichtlich, dass sie die lauten Geräusche beim Sex – zu denen auch Yippie-Rufe gehörten – unterlassen sollen.

Das Amtsgericht Warendorf erhob Beweis und entschied, dass die Klage nach § 862 I 2 BGB begründet sei. Zeug:innen hatten bestätigt, dass sich das Paar oft stundenlang stritt und laute Musik hörte. Die anderen Bewohner:innen hätten oft mit Ohropax schlafen müssen, um nicht durch den Lärm geweckt zu werden. Auch durch das Stöhnen beim Sexualverkehr und durch hierbei ausgestoßene Yippie-Rufe seien sie regelmäßig wach geworden. So bekundeten die Zeug:innen man habe über das Sex-Gestöhne zunächst gelacht. Der Spaß habe allerdings dann aufgehört, als die Störungen regelmäßig stattgefunden hätten.

Verkehrsgeräusche sind unzumutbare Störung

Der klagende Mann hat laut AG Warendorf einen Unterlassungsanspruch aus § 862 I 2 BGB, weil er Besitzer der von ihm angemieteten Wohnung sei. Bei dem aktiven Pärchen unter ihm handele es sich um “Störer” im Sinne dieser Vorschrift. Der Mann könne den Unterlassungsanspruch geltend machen, weil weitere Lärmbelästigungen (Wiederholungsgefahr) zu erwarten seien.

Weiter heißt es: “Hinsichtlich der Störungen ist auch kein Unterschied zu machen, ob die Lärmverursachung tagsüber oder bei Nacht erfolgte. Zwar sind die nächtlichen Belästigungen noch intensiver, weil sie die Mitbewohner im Schlafe stört oder am Einschlafen hindert. Aber auch die regelmäßigen Wahrnehmungen der überlauten Geräusche bei Tage stellen sich als erhebliche Störungen bei der Ausübung des Besitzrechtes durch den Kl. dar. Dieser wird in seiner Besitzausübung beeinträchtigt, wenn er die ständigen lautstarken Streitereien der Bekl. anhören muß. Die gleiche Peinlichkeit wird ihm zugemutet, wenn zu jeder beliebigen Zeit die beim Sexualverkehr verursachten Geräusche in seine Wohnung dringen. Die Bekl. waren und sind verpflichtet, jegliche Geräuschentwicklung auf Zimmerlautstärke zu halten. Dies gilt auch für die Geräusche, welche die Bekl. bei Ausübung des Sexualverkehrs von sich geben.”

Die Beschränkung der Geräuschentwicklung auf das bezeichnete Maß stellt laut Gericht auch keinerlei Einschränkung des Rechtes des Pärchens auf freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit gemäß Art. 2 GG dar. “Die Bekl. sind als erwachsene Menschen auch bei der Ausübung ihres Sexualverkehrs in der Lage, ihr Handeln zumindest insoweit zu steuern, daß sie keinen Lärm verursachen, der so laut ist, daß er in die Nachbarwohnung dringt. Sie haben zwar selbstverständlich das Recht, die Sexualität in der von ihnen gewünschten Form zu leben. Das Recht zur freien Entfaltung der Persönlichkeit gemäß Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes findet aber seine Einschränkung an den Rechten anderer.”


Entscheidung: AG Warendorf, Urt. v. 19.08.1997, Az. 5 C 414/97
Fundstelle: https://wissmit.com/

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