JVA-Bedienstete dürfen Haftraum nicht während des Toilettenganges betreten

Im Gefängnis gibt es bekannterweise keine Privatsphäre. Wörtlich nahmen das zwei Vollzugsbeamte einer Justizvollzugsanstalt in Bayern. Diese betraten den Haftraum, als der Insasse sich gerade auf der Toilette befand. Nicht cool, sagt dazu das Landgericht Regensburg.

Hintergrund des Vorfalls, der sich gegen zehn Uhr Morgens ereignete, ist die Entscheidung der JVA-Bediensteten, eine Kontrolle des Haftraumes vorzunehmen. Die beiden Beamten wollten dabei kontrollieren, ob der Gefangene einer Anweisung nachgekommen und verbotene Poster abgehängt hatte. Der Insasse befand sich zu diesem Zeitpunkt auf der Toilette direkt neben der Tür zum Haftraum. Das hatte er den JVA-Bediensteten auch durch Zurufen durch die geschlossene Tür mitegeteilt. Trotzdem stieß einer der Vollzugsbeamten ohne Abzuwarten die Haftraumtür auf, betrat den Haftraum und konnte den Mann dabei beobachten, wie sich dieser noch auf der Toilette befand.

Eingriff in privatsphäre des Gefangenen

Gegen dieses Verhalten zog der Gefangene vor Gericht. Er sah darin einen massiven, ungerechtfertigten und unverhältnismäßigen Eingriff in seine Privatsphäre. Er sei gezielt erniedrigt und in seiner Würde herabgesetzt worden. Die Beamten gaben hingegen an, das sofortige Betreten des Haftraumes sei notwendig gewesen, um illegale Handlungen des Insassen wie zum Beispiel die Vernichtung von unerlaubten Gegenständen zu verhindern.

Das Landgericht Regensburg gab dem Strafgefangenen Recht. Das Betreten des Haftraums während des Toilettengangs sei rechtswidrig gewesen. Zwar ergebe sich aus dem Hausrecht der Anstalt grundsätzlich die Befugnis der Anstaltsmitarbeiter:innen, die Hafträume jederzeit unabhängig vom Einverständnis der dort untergebrachten Gefangenen zu betreten, dem seien jedoch Grenzen gesetzt. Denn eine Grundrechtsverletzung könne sich aus der Art und Weise ergeben, wie sich der Beamte dabei verhält. Beim Toilettengang sei regelmäßig die durch Art. 2 I, Art. 1 I GG geschützten Intimsphäre beeinträchtigt.

Toilettengang betrifft besonders sensible Intimsphäre

“Der Gefangene, in dessen Haftraum die Toilette nicht mit ausreichendem Sichtschutz versehen ist, hat insoweit Anspruch auf besondere Rücksichtnahme durch das Personal. Ein Bediensteter, der den Haftraum betreten will, muss sein Kommen hierbei – etwa durch Anklopfen oder ausreichend vernehmbare Schließgeräusche beim Öffnen der Tür […] in einer Weise ankündigen, die dem Gefangenen im Falle der Benutzung der Toilette einen rechtzeitigen Hinweis ermöglicht, und hat in diesem Fall vom Betreten des Raumes, wenn dieses nicht ausnahmsweise dringend geboten erscheint, für eine den Umständen angemessene Zeitspanne abzusehen.”

In dem vorliegenden Verhalten sei ein unverhältnismäßigen Eingriff in die Intimsphäre des Insassen zu sehen. Ihm hätte genügend Zeit eingeräumt werden müssen, seinen Toilettengang zu beenden. Es sei ersichtlich, dass die Benutzung der Toilette nicht augenblicklich abgebrochen werden könne. Eine Rechtfertigung ergebe sich auch nicht aus der Sicherheit und Ordnung der Anstalt. “Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin genügen nämlich allgemeine Sicherheitsbedenken für das sofortige Betreten des Haftraumes nicht, wenn der Gefangene deutlich zu erkennen gibt, dass er sich gerade auf der Toilette befindet. […] Ein etwaiger konkreter Verdacht, der zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung der Anstalt ein sofortiges Einschreiten der Vollzugsbeamten erforderlich gemacht hätte, bestand nicht.”


Entscheidung: Landgericht Regensburg, Beschl. v. 20.01.2022, Az. SR StVK 245/21
Fundstelle: https://blog.burhoff.de/category/haftrecht/strafvollzug/

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