Ein Mann nannte einen Richter “menschlicher Abschaum”. Und muss dafür jetzt in Haft. Denn die Bezeichnung als “menschlicher Abschaum” gilt auch gegenüber Richter:innen als Beleidigung. Das entschied das Bayerische Oberlandesgericht als Revisionsinstanz.
Der vierte Strafsenat des Bayerischen Oberlandesgericht in Nürnberg hat die Verurteilung des Mannes wegen Beleidigung nach § 185 I StGB bestätigt. Zwar gehöre die Kritik an gerichtlichen Entscheidungen zum Kernbereich der Meinungsfreiheit. Art. 5 I GG gelte aber auch hier nicht schrankenlos. Wenn eine Äußerung als “äußerst grob herabwürdigend” zu werten ist und damit eine sogenannte “Formalbeleidigung” darstellt, findet auch die Meinungsfreiheit einmal ihre Grenzen. Laut Gericht trifft der Begriff “menschlicher Abschaum” ausschließlich die Person des Richters und nicht dessen Tätigkeiten oder Verhaltensweisen. In diesem Fall trete die Meinungsfreiheit ohne weitere Gewichtung und Einzelfallabwägung hinter den Ehrenschutz zurück. Der Mann hätte auf andere Worte zurückgreifen müssen, um seinen Unmut zu äußern.
Fünf Monate Haft ohne Bewährung
Bei der Strafzumessung berücksichtigten die Richter:innen, dass der Mann mit Vorbedacht und nicht etwa in einer hitzigen Debatte zur Beleidigung gegriffen hatte. Die Beschimpfung lasse das absolute Mindestmaß menschlichen Respekts vermissen. Die Bezeichnung als “menschlicher Abschaum” stelle eine kontextunabhängig gesellschaftlich absolut missbilligte und tabuisierte Begrifflichkeit dar.
Das Bayerische Oberste Landesgericht in Nürnberg bestätigte damit ein entsprechendes Urteil des Amtsgerichts Weißenburg aus dem Juli 2021 wegen Beleidigung in zwei Fällen. Der Mann muss jetzt für fünf Monate ins Gefängnis. Ohne Bewährung.
Juristische stellt der Fall unter anderem deswegen eine Besonderheit dar, weil kurze Freiheitsstrafen verpöhnt sind. In § 47 I StGB heißt es dazu: “Eine Freiheitsstrafe unter sechs Monaten verhängt das Gericht nur, wenn besondere Umstände, die in der Tat oder der Persönlichkeit des Täters liegen, die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unerläßlich machen.” Hintergrund ist der Gedanke, dass die Gesamtwirkung der kurzen Freiheitsstrafen auf die Persönlichkeit des Täters eher negativ wirkt, weil der Täter seinem gesamten persönlichen Umfeld entrissen wird und in so kurzer Zeit keine Resozialisierung möglich bzw. in den meisten Fällen auch nicht nötig ist. Außerdem wird der Betroffene voraussichtlich seinen Arbeitsplatz verlieren, was destabilisierend wirkt und zu weiterer Kriminalität führen kann. Üblicherweise werden derart kurze Freiheitsstrafen deswegen zur Bewährung ausgesetzt.
Entscheidung: BayOLG, Beschl. v. 03.02.2022, Az. 204 StRR 20/22
Pressemitteilung: https://www.justiz.bayern.de/