„Der Kühlschrank ist leer, das Sparschwein auch, ich habe seit Wochen kein Schnitzel mehr im Bauch.“ So beginnt die tragische Geschichte des Ba-Ba-Banküberfalls, den die Erste Allgemeine Verunsicherung 1985 erstmals als Single aus dem passend betitelten Album „Geld oder Leben“ herausbrachte. Nicht nur das Schnitzel fehlt – die Mutter hat den armen Protagonisten erst kürzlich enterbt, es droht sogar die Zwangsvollstreckung. Kein Wunder, dass er auf die Idee kommt, eine Bank zu überfallen. Doch auch da hat er Pech. Seine Geschichte endet damit, dass der Kassierer „nein, was fällt Ihnen ein?“ erwidert, als der bemitleidenswerte Bankräuber ihn bedroht und Geld verlangt. Eingeschüchtert sagt er dann, „na gut, dann zahl’ ich halt was ein.“ Sogar als Bankräuber hat er also auf ganzer Linie versagt.
Aber wie wäre die Geschichte rechtlich zu beurteilen, die unser Protagonist hier erlebte? Dieser Frage soll hier auf den Grund gegangen werden. Dabei wird dem Übeltäter der Name Klaus E. gegeben, da der Frontmann der Ersten Allgemeinen Verunsicherung, Klaus Eberhartinger, in der Ich-Perspektive singt.
Zur Versuchsstrafbarkeit
Zunächst einmal ist festzuhalten, dass Klaus E. der Banküberfall nicht gelang. Er hat nämlich überhaupt keine Beute erlangt. Ein nicht vollendetes Delikt kann aber als Versuch strafbar sein und hat grundsätzlich sogar den selben Strafrahmen wie das vollendete Delikt. Warum das so ist, war in der Rechtswissenschaft längere Zeit umstritten. Herrschend wird aber heutzutage die Eindruckstheorie vertreten. Hiernach liegt der Strafgrund des Versuchs darin, dass der Täter durch sein Verhalten einen rechtsfeindlichen Willen betätigt, der das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Rechtsordnung und den Rechtsfrieden erschüttern kann.
Der Versuch ist aber nur dann strafbar, wenn es sich entweder um ein Verbrechen handelt oder die Versuchsstrafbarkeit explizit im Gesetz angelegt ist. Es ist noch ein bisschen strittig, ob es sich dabei nun um einen Raub (§ 249 StGB) oder eine räuberische Erpressung (§§ 253, 255 StGB) handelt, jedenfalls aber ist bei beiden Delikten der Versuch strafbar.
Raub oder räuberische Erpressung?
Klaus E. wollte zur Bank marschieren und sich mit einem Strumpf vom Palmers maskieren. Seinen Finger im Mantel wollte er „statt einer Buff’n“ benutzen, um den Eindruck zu vermitteln, dass er eine Waffe dabei habe. Der Grund dafür? Er kann kein Blut sehen, darum muss er „bluff’n“.
Nach der herrschenden Lehre, die die räuberische Erpressung – im Gegensatz zur Rechtsprechung – nicht als subsidiäres lex generalis zum Raub versteht, ist für die räuberische Erpressung eine sogenannte Vermögensverfügung erforderlich, beim Raub hingegen eine Wegnahme. Dabei wird die räuberische Erpressung als Selbstschädigungsdelikt verstanden, bei dem das Opfer aus seiner Sicht mitwirken muss. Meint das Opfer hingegen, dass der Verlust der Sache ganz unabhängig von der eigenen Mitwirkung eintreten wird, dann stellt dies eine Wegnahme dar und ist Teil des Tatbestands des Raubes.
Fraglich ist also, welche der beiden Alternativen für unseren Protagonisten am treffendsten ist. Zuerst versucht er es so: Er steht vor der Bank und schreit „Hände hoch, das ist ein Überfall! Und seid ihr nicht willig, dann gibt’s an Krawall!“ Allerdings interessiert dies zu diesem Zeitpunkt niemanden. Lediglich eine Oma dreht sich um und ermahnt ihn, sich doch bitte hinten anzustellen. Dabei wäre nach seiner Vorstellung die Mitwirkung der Bankangestellten erforderlich gewesen, weil er nicht wusste, wo sich das Bargeld befindet.
Danach, als er länger anstand und sein Fakewaffen-Finger schon steif wurde von der „blöden Warterei“, gelangte er an den Schalter und dem signalisierte dem Kassierer, er müsse ihm nun das Geld geben. Wortwörtlich sagte er zuerst: „Jetzt oder nie, her mit der Marie“. Doch der Mitarbeiter kannte wohl dieses österreichische Wort für Geld nicht, das auf den Maria-Theresien-Taler, eine seit 1741 in Österreich geprägte Silbermünze, zurückzuführen ist. Als er nachfragt, was Klaus E. denn habe, antwortet dieser: „An Hunger und an Durst und keinen Plärrer, ich bin der böse Kassenentleerer!“ Auch bei dieser Interaktion wäre die Mitwirkung des Bankangestellten erforderlich gewesen. Demnach muss es sich um eine versuchte räuberische Erpressung handeln.
Tatentschluss und unmittelbares Ansetzen
Für die Versuchstrafbarkeit wäre somit zuerst erforderlich, dass der Täter mit Tatentschluss handelt. Dies setzt Vorsatz bezüglich aller objektiven Tatbestandsmerkmale voraus. Davon ist bei Klaus E. sicherlich auszugehen. Er müsste auch unmittelbar angesetzt haben. Das liegt vor, wenn er subjektiv die Schwelle zum „jetzt geht es los“ überschritten und objektiv zur tatbestandsmäßigen Handlung angesetzt hat. Der „jetzt geht es los“-Moment wurde in dem Lied sogar wörtlich festgehalten. Der Protagonist steht mit seinem Strumpf vom Palmers vor der Bank und sagt zu sich selbst, „überfall ma’s“. Dabei überschreitet er klar die Grenze zum Jetzt-geht-es-los. Er startet sogar zweimal einen Versuch, den Banküberfall endlich zu beginnen. Zum einen schreit er vor der Bank, „Hände hoch, das ist ein Überfall“. Als dies an der Oma in der Schlange vor ihm scheitert, wartet er geduldig, bis er den Bankmitarbeiter selber nochmal in seiner Rolle als „böser Kassenentleerer“ bedrohen kann. Dabei sagt er explizit, er solle die „Marie“ hergeben, also das Geld. Eindeutig setzte er damit zur tatbestandsmäßigen Handlung an.
Der Finger als “gefährliches Werkzeug”?
Klaus E. könnte sogar noch eine Qualifikation der räuberischen Erpressung versucht haben, da er den Finger im Mantel als Scheinwaffe benutzte. In § 250 I StGB finden sich mehrere Möglichkeiten dafür. In Nr. 1 a) ist das Mitführen von Waffen oder sonstigen gefährlichen Werkzeugen aufgeführt. Unter Waffen werden in dieser Norm nur Waffen im technischen Sinne gesehen, also Gegenstände, die objektiv gefährlich und sowohl ihrer Art als auch ihrer Bestimmung nach zur Herbeiführung erheblicher Verletzungen grundsätzlich geeignet sind. Bei dem Finger des Protagonisten scheitert dies aber. Ein sonstiges gefährliches Werkzeug ist ein Gegenstand, der objektiv waffengleich und verletzungsgeeignet ist. Eine einschränkende Ansicht verlangt, dass es aus Sicht eines objektiven Betrachters keine andere Funktion gehabt haben darf, als zu Verletzungszwecken eingesetzt zu werden. Auch das ist bei dem Finger zu verneinen.
In Frage kommt somit nur noch Nr. 1 b). Dies betrifft das Beisichführen von Gegenständen, die nicht unter Nr. 1 a) fallen, wie etwa Tücher oder Klebebänder. Auch Scheinwaffen sind erfasst. Allerdings müsste dafür auch ein konkreter Gegenstand bei sich geführt worden sein, nicht nur der eigene Finger. Somit scheidet eine Qualifikation aus.
“Unterschnitzelung” als Entschuldigungs- oder Rechtfertigungsgrund?
Außerdem müsste unser Klaus E. auch rechtswidrig und schuldhaft gehandelt haben. Vorliegend ist vielleicht mildernd zu berücksichtigen, dass der arme Protagonist doch seit Wochen schon kein Schnitzel mehr im Bauch hatte. Eine akute “Unterschnitzelung” ist allerdings nicht als Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrund im deutschen Recht anerkannt. Insbesondere scheiden Rechtfertigungsgründe wie etwa Notwehr aus, da das – auch noch selbst verschuldete – Fehlen des als einzig adäquat angesehenen Nahrungsmittels kein gegenwärtiger rechtswidriger Angriff auf Leben oder Gesundheit des Klaus E. ist. (Die Autorin kann aus erster Hand bestätigen, dass ein Verzicht auf Schnitzel und andere Fleischprodukte auch über Jahre hin die Gesundheit nicht schädigt.) Die Schuld könnte nur dann ausgeschlossen sein, wenn es an der Fähigkeit zur Einsicht der Strafbarkeit des Handelns und der Steuerungsfähigkeit fehlen würde. Dies wurde etwa bei akuter Unterzuckerung bereits bejaht, ist im Zusammenhang mit dem Luxusgut Schnitzel aber dann doch zu verneinen.
Vielleicht würde ein gnädiger Richter, der auch Fan des feinen Wiener Gerichts ist, dies im Zusammenspiel mit seinen finanziellen Schwierigkeiten, die schon so groß sind, dass der Exekutor (österreichisch für Gerichtsvollzieher) unmittelbar vor der Tür steht, und den familiären Problemen (enterbt wurde er auch noch!) mildernd berücksichtigen.
Keine Versuchsprüfung ohne Rücktritt
Als der Kassierer am Ende des Lieds auf den „bösen Kassenentleerer“ mit „nein, was fällt Ihnen ein?“ reagiert, erwidert dieser nur noch ganz kleinlaut „Na gut, dann zahl ich halt was ein!“ So könnte er strafbefreiend vom Versuch zurückgetreten sein, da er ja Abstand von der weiteren Tatbegehung nimmt. Dafür dürfte der Versuch aber nicht schon fehlgeschlagen sein. Fehlgeschlagen ist er dann, wenn der Täter davon ausgeht, er könne den Erfolg mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln nicht oder nicht mehr ohne zeitliche Zäsur herbeiführen. Allerdings hatte Klaus E. hier schon alles versucht. Zum einen mit Schreien vor der Bank, zum anderen das Bedrohen des Kassierers. Viel mehr akzeptiert er nun sein Scheitern und dass er an seine „Marie“ nicht mehr kommen würde, konnte aber deswegen nicht mehr zurücktreten.
Fazit: Klaus E. hat sich deswegen der versuchten räuberischen Erpressung gem. §§ 253, 255, 22, 23 StGB strafbar gemacht. Weitere Delikte wurden nicht untersucht. Er hätte sich wohl lieber an den Rat halten sollen, den er als Sänger der Band in „Geld oder Leben“ auf dem gleichen Album selber gibt: „Butterbrot statt Schnitzel kaue!“ Und: „Das Böse ist immer und überall!“.
EAV ist übrigens nicht die einzige Band, deren Songs wir juristisch unter die Lupe genommen haben. Auch das Lied “richtig scheiße” der “Killerpilze” wurde von uns bereits strafrechtlich begutachtet.
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“Geld oder Leben” auf der Bandhomepage: http://www.eav.at/album/geld-oder-leben/