Rezension: “Gotham City” – Was Batman mit Gerechtigkeit zu tun hat

Heute kennt sie jedes Kind: Die fiktive Großstadt “Gotham City” aus dem DC-Comic-Universum rund um Batman und den Joker. Der Autor Daniel Damler hat jetzt ein ganzes Buch über die Stadt geschrieben. In “Gotham City” untersucht er politische Krisen, die Herrschaft des Verbrechersyndikats und “die Besonderheit des Gotham’schen Notstandes”. Wir haben für Euch einen Blick in’s Buch geworfen.

Daniel Damler, geboren 1975, studierte unter anderem Rechtswissenschaften an der Eberhard-Karls-Universität im schwäbischen Tübingen. Er promovierte 2006 am Max-Planck-Institut für Europäische Rechtsgeschichte in Frankfurt a.M. Heute ist er Habilitat an der Universität Tübingen und Anwalt im Bereich Aktien-, GmbH- und Konzernrecht. Beim Campus-Verlag veröffentlichte er im März 2022 das Buch “Gotham City – Architektur des Ausnahmezsutandes” und erhielt dafür wohlwollende Kritiken.

Warum sich Jurist:innen für Batman interessieren sollten

Die Metropole Gotham City taucht erstmals 1941 im Comic Detective Comics #48 auf. Seitdem wurde sie der Leserschaft vor allem als Heimatstadt des Superhelden Batman aka. Bruce Wayne und seiner Widersache (Joker, Pinguin, Two-Face, Catwoman, Poison Ivy und Co.) bekannt. Der Name ist eine Anspielung auf den Spitznamen von New York City im 18. Jahrhundert. In den Comics wird die Stadt als düstere, anonyme, korrupte Großstadt beschrieben, in der die Schere zwischen Arm und Reich deutlich zu spüren ist und das Verbrechen blüht. Seit 1939 sorgt dort das Alter Ego des Millionärs Bruce Wayne zumindest temporär für Gerechtigkeit. Oder ist das, was Batman macht, nicht eher Selbstjustiz?

Gotham City Sirens von brinx-II

Das Buch “Gotham City” eignet sich deswegen vor allem für Leser:innen, die zumindest über grundlegende Kentnisse des Batman-Universums verfügen. Zwar beginnt das Werk mit einer Einleitung, in der die verschiedenen Hollywood-Epochen unseres Superhelden vorgestellt werden, um beim Lesen das richtige “feeling” zu haben, sollte man aber selbst zumindest einige der Verfilmungen gesehen haben. Für einen einfachen, kurzen Einstieg legen wir hier allen die The-Dark-Knight-Trilogie von Christopher Nolan ans Herz.

“Gotham City ist eine fortwährend bedrohte Stadt, sie befindet sich in einem permanenten Ausnahmezustand. Sie hat mit einer überwältigenden Kriminalität zu kämpfen. In den Straßen der Stadt wird zerstört, geraubt und gemordet. Die Polizei kommt kaum hinterher und ist auch noch überwiegend korrupt. Zu diesen Dauerkrisen gesellen sich punktuelle Gefährdungen, etwa Terrorakte.”

LTO-Interview mit Daniel Damler

Zur Architektur des Ausnahmezustandes

Ab Seite 37 geht es für juristisch interessierte Leser:innen dann auch schon voll zur Sache. Damler analysiert “Gothams Geist der Gesetze” und stellt dabei zunächst fest, dass sich Nicht-Jurist:innen viel zu selten mit Politik, Staat und Gesetz befassen und deswegen das so wichtige “Rechtsbewusstsein” ein Nieschendasein fristet. Und genau hier kann die Beschäftigung mit dem fiktiven Recht in der Pop-Kultur weiterhelfen. Denn Filme können starke “normative Botschaften” vermitteln. Wie das Recht in Filmen dargestellt wird, hat Einfluss darauf, wie wir Recht wahrnehmen. Gleichzeitig erörtert der Autor aber auch an bekannten Juristen wie Schmitt, Agamben und Foucault den Begriff des “Ausnahmezustandes”, der auch in Gotham City vorherrscht und um den es im Buch hauptsächlich geht. Wo, wenn nicht in den Batman Filmen ist zu sehen, wie die langfristige Aufrechterhaltung eines eigenlich als “Ausnahme” gedachten “Ausnahmezustandes” dem Machtmissbrauch durch die herrschende Elite Tür und Tor öffnet. Bildlich vefestigt sich der Kontrollverlust in Gotham City unter anderem im Blackgate Prison und im Arkham Asylum, die Bösewichte wie den Joker und Two-Face hervorbringen.

“Die Figur des Batmans ist offenkundig hoch problematisch, da sie im Graubereich zwischen Rache, Selbstjustiz und zivilgesellschaftlichem Engagement operiert. Eine wirkliche demokratische Legitimation kann Batman nicht vorweisen. Es handelt sich zwar nur um Filme, aber immerhin um Filme, die ein Millionen- und Milliardenpublikum erreichen. Auch Filme können in der Bevölkerung Rechtsvorstellungen erzeugen, die langfristig das Rechtsbewusstsein prägen.”

LTO-Interview mit Daniel Damler

Doch wie der Titel schon verrät, geht es in “Gotham City – Architektur des Ausnahmezustandes” schwerpunktmäßig nicht um Jura. Der Autor wirft vielmehr einen besonderen Blick auf die Architektur – und damit tatsächlich nicht nur auf die gesellschaftlichen und politischen Gegebenheiten – sondern auf die Gebäude in Gotham City. Denn Batmans Heimatstadt ist zwar (noch) wenig realistisch, es gibt aber Aspekte, die irgendwann real werden könnten. So wird schätzungsweise 80 Prozent der Weltbevölkerung irgendwann in den 100 größten Städten der Erde leben. Und so viele Menschen auf so engem Raum führt zu Konflikten – im schlimmsten Fall zu Kriminalität.

Fazit: Das Buch regt Juristisch interessierte Leser:innen dazu an, sich über Recht und Gesetz in Gotham City Gedanken zu machen. An vielen Stellen lassen sich diese Gedanken erschreckend gut auf unseren Staat übertragen. Aber auch die Wechselwirkungen zwischen Kriminalität und Architektur sind interessant. Man denke nur an die auch im Jurastudium gelehrte “Broken Window Theorie”, die einen Zusammenhang zwischen dem optischen Verfall einer Stadt und der zunehmenden Kriminalität herstellt. Wir finden: Bei “Gotham City” handelt es sich um ein kurzweiliges, facettenreiches und vielschichtiges Buch für echte Film-Nerds-


Interview mit dem Autor: https://www.lto.de/

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