Der Bundesverband rechtswissenschaftlicher Fachschaften e.V. fordert in einer Stellungnahme, Pflichtpraktika im Jurastudium nicht nur in der vorlesungsfreien Zeit, sondern auch während des Semesters, ableisten zu dürfen.
Bereits vor der Coronapandemie beklagten Jurastudierende in allen Bundesländern, dass es schwierig sei, die in den Studienordnungen aller Bundesländer vorgesehenen drei Pflicchtpraktika rechtzeitig zu absolvieren. Probleme gibt es dabei vor allem mit den Verwaltungspraktikas. Die Juristenausbildungsgesetze in Nordrhein-Westfalen und Thüringen verpflichten die Studierenden dazu, einen Teil der praktischen Studienzeit in der Verwaltung zu absolvieren. Und hier sind die Plätze rar und die Aufgaben besonders zeitintensiv. Die Jurastudierenden kämpfen also um die wenigen Plätze und müssen sich teils Jahre vorher bewerben. Oft steht dies im krassen Gegensatz zum Wunsch, das Jurastudium möglichst zügig zu beenden und früh in die Examensvorbereitung zu starten.
Flexibilisierung der Pflichtpraktika
“Viele Studierende sind aus diesen Gründen gezwungen bis kurz vor der staatlichen Pflichtfachprüfung fehlende Praktika zu absolvieren und so gegebenenfalls ihr Examen zu Lasten des Freischusses gänzlich zu verschieben. Noch größer ist die Belastung für Studierende mit Kind oder pflegebedürftigen Angehörigen”, so die Bundesfachschaft in ihrer Stellungnahme.
Erschwerden hinzu kam, dass die meisten Verwaltungen während Corona über Monate hinweg, wenige bis hin zu keinen Plätzen angeboten haben. Hier kam es deswegen zu einem “Rückstau”. Das bedeutet: Noch mehr Bewerber:innen auf sowieso schon wenige Plätze. Die Studierenden sind verzweifelt.
Einer Flexibilisierung steht hier bisher aber die Gesetzeslage entgegen. Das deutsche Richtergesetz sieht bisher vor, dass die praktische Studienzeit während der vorlesungsfreien Zeit abgeleistet werden muss (vgl. § 5a Abs. 3 S. 2 DRiG). Dabei sehen einige Juristenausbildungsgesetze etwa in Baden-Württemberg oder künftig auch in Nordrhein-Westfalen sogar fünf bis sieben Hausarbeiten und Seminararbeiten vor, die in ebenjener vorlesungsfreien Zeit abgearbeitet werden müssen. Ein nicht zu unterschätzender zeitlicher Aufwand.
Nicht auf Kosten der Vorlesungen
Allerdings gibt es Bedenken, dass Studierende während ihres Praktikums den Vorlesungsbetrieb nicht besuchen. Doch auch darin sieht die Bundesfachschaft kein Problem. “Für jene Studierende, die allerdings ein Interesse am Besuch des Vorlesungsbetriebs aufweisen, können qualitativ gleichwertige Teilzeit-Lösungen erwirkt werden, die eine Kollision mit den Vorlesungen verhindern. Studierende, die bereits jetzt den Besuch von orlesungen als für sich nicht förderliche Lernmethode eingeordnet haben, werden dies auch künftig so handhaben und sich weiterhin die Vorlesungsinhalte mittels Selbststudiums selbst erarbeiten.”
Daher fordert die Bundesfachschaft eine Änderung des § 5a III 2 DRiG dahingehend, dass die praktische Studienzeit auch während der Vorlesungszeit absolviert werden kann. Zur Begründung führt die Bundesfachschaft aus: “Dies ermöglicht den Studierenden nicht nur mehr Flexibilität in ihrer Studienplanung, vielmehr würde dies eine stärkere Auseinandersetzung mit dem fachlichen Arbeiten ermöglichen. Hinzukommend würden von einer solchen Änderung die Personengruppen profitieren, die anderweitige Belastungen im Studium erfahren.” Die Bundesfachschaft regt außerdem an, verpflichtende Verwaltungspraktika zugunsten einer vollen Wahlfreiheit abzuschaffen.
Fundstelle: Stellungnahme der Bundesfachschaft zum coronabedingten Rückstau
der Verwaltungspraktika vom 3. April 2022