Justitia trägt Kopftuch: berühmte Juristinnen mit Kopftuch

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In Deutschland werden Jurastudentinnen, Referendarinnen und Juristinnen mit Kopftuch immer noch künstlich zum Feindbild der Demokratie erklärt. Während das Selbstbestimmungsrecht der Frau hierzulande hinter männlichen Allmachtsfantasien zurücktreten muss, sind andere Länder da glücklicherweise schon weiter. Wir stellen Euch einige kluge Juristinnen vor, die während ihrer Berufsausübung Kopftuch tragen.

Egal, wie Frau es macht, sie kann es dem Deutschen Michel nicht recht machen. Bedeckt eine Frau freiwillig ihr Haar mit einem Tuch, wird sie als rückständig wahrgenommen. Man spricht ihr ab, intelligent und selbstbewusst zu sein. Denn das Kopftuch – so die Meinung in Deutschland – kann nur Ausdruck der Unterdrückung der Frau sein. Gleichzeitig herrscht hierzulande immer noch die Stammtischmeinung vor, dass Frauen, die einen Minirock tragen, irgendwie selbst an ihrer Vergewaltigung Schuld seien. Immer, wenn eine Frau Opfer einer Straftat wird, fragt der fleißige BILD-Leser als erstes, ob das Opfer irgendetwas getan hat, das den männlichen Täter möglicherweise provoziert haben könnte.

BVerfG erlaubt Kopftuchverbot für Rechtsreferendarin

In dieser frauenfeindlichen Rhetorik wird das Patriarchat dabei auch noch von unseren Gerichten unterstützt. So waren Kopftuch und Burkini schon Gegenstand zahlreicher Entscheidungen. Besonders bedauerlich ist das im Fall von Jurastudentinnen, Referendarinnen und Juristinnen, die Kopftuch tragen. Denn diese Frauen haben alleine durch ihre Studienwahl, durch das Bestehen des Staatsexamens und durch die Ausübung ihres Berufes aller Welt gezeigt, was sie können. Sie sind keine unterdrückten Frauen, die auf die Rettung durch einen deutschen Mann warten. Vielmehr handelt es sich bei ihnen um intelligente, selbstständige und beruflich erfolgreiche Säulen unserer Gesellschaft.

Trotzdem hat das Bundesverfassungsgericht das Kopftuchverbot für Referendarinnen im Jahr 2022 für verfassungsgemäß erklärt. Eine hessische Referendarin hat kein Recht, während ihrer Referendarstätigkeit aus Glaubensgründen ein Kopftuch zu tragen. Das Verbot verletze die Referendarin nicht in ihrer Glaubensfreiheit aus Art. 4 GG. Ein Eingriff in die Religionsfreiheit der Rechtsreferendarin sei durch die Grundsätze der weltanschaulich-religiösen Neutralität des Staates, der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege und möglichen Kollisionen mit der negativen Religionsfreiheit Dritter gerechtfertigt (BVerfG, Beschl. v. 14.01.2020, Az. 2 BvR 1333/17).

Um starke Vorbilder für Jurist:innen mit Kopftuch zu finden, muss man sich deswegen am besten außerhalb Deutschlands umsehen.

Sultana Tafadar – Strafverteidigerin im Queen’s Counsel

Sultana Tafadar ist eine Strafverteidigerin aus Großbritannien. Am 21. März 2022 wurde sie als zweite muslimische Anwältin und erste Strafverteidigerin mit Kopftuch ins „Queen’s Counsel“ berufen. Der Titel des Kronanwaltes und der Kronanwältin wird nur an besonders erfahrene und erfolgreiche Rechtsanwält:innen verliehen. Über ihre Ernennung sagt die Anwältin mit Wurzeln aus Bangladesch: „Es ist eine surreale Erfahrung. Ich bin hocherfreut.” Sie hofft, dass ihre Ernennung dazu beiträgt, dass ab jetzt mehr Frauen mit Kopftuch ins Queen’s Counsel berufen werden. “Repräsentation ist wichtig, und die Anwaltschaft kann ein schwieriges Terrain für diejenigen von uns sein, die aus nicht-traditionellen Verhältnissen kommen, aber das ändert sich. Vor sechzehn Jahren, als ich als Anwältin anfing, war es ein einsamer Ort: Es gab nur wenige schwarze Frauen und Frauen aus ethnischen Minderheiten und keine anderen Hidschab-tragenden Anwältinnen in Strafsachen. Wir sind dabei, diese Barrieren zu überwinden, und ich hoffe, dass viele andere junge Frauen nun das Gefühl haben, dass auch sie in diesem Beruf sehr erfolgreich sein können, unabhängig von ihrer Rasse oder Religion.”

Sultana Tafadar, die in den Legal 500 aufgeführt wird, ist neben ihrer Tätigkeit als Strafverteidigerin auch als Anwältin für Menschenrechte tätig. Außerdem berät sie große multinationale Unternehmen in den Bereichen Gleichstellung, Vielfalt und Integration. Mit “Women’s Empower Trip” hat sie eine Plattform gegründet, die Frauen mit unterschiedlichem Hintergrund inspirieren, befähigen und weiterbilden will. Tafadar, die 2005 als Anwältin für Strafrecht zugelassen wurde, ist in Bedfordshire geboren und aufgewachsen. Ihre Familie stammt aus Bangladesch. Sie studierte unter anderem in Oxford. Mehr über Sultana Tafadar: https://www.sultanatafadar.com/

Carolyn Walker-Diallo – Richterin in den USA

Carolyn Walker-Diallo ist eine amerikanische Richterin. Sie war die erste Muslimin, die im Staat New York zur Richterin gewählt wurde. Im Jahr 2015 wurde Walker-Diallo in das Zivilgericht von New York City gewählt. Ihren Amtseid leistete sie auf den Koran ab. Daraufhin erhielten sie und ihre Familie Todesdrohungen. Im November 2021 wurde sie zur Richterin am Obersten Gerichtshof des Staates New York gewählt. Ihre Amtszeit endet im Jahr 2035.

Carolyn Walker-Diallo studierte Politikwissenschaft und Betriebswirtschaft an der Lincoln Universität von Pennsylvania. Ihren Doktor der Rechte erhielt sie 2003 von der New York Law School. Danach arbeitete sie als Anwältin bei der Internationalen Großkanzlei Milbank LLP. Vor ihrer Ernennung zur Richterin arbeitete sie in der New Yorker Stadtverwaltung. Mehr über Carolyn Walker-Diallo: https://nycourts.gov/

Shaheed Fatima – Anwältin im Queen’s Counsel

Shaheed Fatima ist die erste kopftuchtragende Anwältin überhaupt, die in Großbritannien ins Queen’s Counsel berufen wurde, sich also Kronanwältin nennen darf. Sie studierte unter anderem in Harvard, wo sie später auch als Dozentin tätig war. Sie ist Autorin der Bücher “Protecting Children in Armed Conflict” und “Using International Law in Domestic Courts”. Heute arbeitet sie auch als Anwältin für Handelsrecht und öffentliches Recht in der angesehenen Londoner Kanzlei Blackstone Chambers. Sie ist zudem im Bereich der Freiheits- und Menschenrechte tätig.

Große internationale Bekanntheit erlangte sie als Anwältin von Prinz Harry. Der britische Thronfolger beauftragte Shaheed Fatima, nachdem er mit seiner Frau Meghan Markle und dem gemeinsamen Sohn in die USA ausgewandert war. Grund hierfür waren die Anfeindungen, die Meghan Markle wegen ihrer Herkunft im Vereinigten Königreich erfahren hatte. Shaheed Fatima teilte dem Gericht mit, dass Prinz Harry in seinem Heimatland um die Sicherheit seiner Familie fürchte. Deswegen will er gerichtlich durchsetzen, dass seine Familie bei Besuchen in der Heimat Polizeischutz erhalte. Für die Kosten will der Prinz sogar selbst aufkommen. Weitere Details zum Verfahren werden bis jetzt vertraulich behandelt. Eine Entscheidung steht noch aus. Mehr über Shaheed Fatima: https://www.blackstonechambers.com/

Raffia Arshard – Richterin in Großbritannien

Die Richterin Raffia Arshard wuchs in Yorkshire auf. Als Erste ihrer pakistanischen Familie besuchte sie eine Universität. Ihr Studium der Rechtswissenschaften an der Oxford Brookes Universität schloss sie 2001 ab. Im Jahr 2003 erwarb sie einen LL.M in Internationalem Recht und Europäischem Wirtschaftsrecht an der Universität Leeds. Heute hat Raffia Arshard drei Kinder und kann auf eine 17-jährige Karriere im Familienrecht zurückblicken. 2010 veröffentlichte sie das Fachbuch “Islamic Family Law”, in dem es unter anderem um Zwangsehen und weibliche Genitalverstümmelung geht. Themen, mit denen Raffia Arshard in ihrer Karriere als Barrister immer wieder konfrontiert wurde. Sie spricht Urdu, Punjabi und Arabisch. Raffia Arshad in der Vogue: https://en.vogue.me/

Sarah Asmeta – kämpft für ihr Kopftuch in Frankreich

Noch nicht geschafft, hat es Sarah Asmeta. Die 30-Jährige Anwältin kämpft in Frankreich dafür, im Gerichtsaal ein Kopftuch tragen zu dürfen. Sarah Asmeta war die Erste in ihrer Familie, die ein Studium der Rechtswissenschaften aufnahm. Die syrischstämmige Studentin war außerdem die erste Person an ihrer Hochschule, die einen Hidschab trug. Als sie 2019 ihr Rechtsreferendariat beginnen wollte, gab es für Rechtsreferendar:innen keine besondere Kleiderordnung. Erst nach ihrem Antritt teilte die Anwaltskammer von Lille ihren Mitgliedern plötzlich mit, dass es ihnen untersagt sei, neben ihrer Robe religiöse Symbole zu tragen. Für Sarah Asmeta eine diskriminierende Regelung. “Ich kann mich nicht mit der Vorstellung abfinden, dass ich mich ausziehen muss, um einen Beruf auszuüben, in dem ich erfolgreich bin”, so die Juristin gegenüber Reuters.

Sie ging gerichtlich gegen die Kleidervorschrift vor. Jedoch erfolglos. 2020 verlor sie ihren Fall vor dem Berufungsgericht. Im März 2022 wurde dieses Urteil von Frankreichs höchstem Gericht bestätigt. In seinem Urteil erklärte der Kassationsgerichtshof, das Verbot sei “notwendig und angemessen, um einerseits die Unabhängigkeit des Anwalts zu wahren und andererseits das Recht auf ein faires Verfahren zu gewährleisten”. Asmeta zieht es jetzt in Betracht, den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anzurufen. Zur Entscheidung: https://www.jurist.org//

Karlia Lykourgou und Maryam Mir – designen Kopftuch für Gerichtsalltag

Karlia Lykourgou und Maryam Mir entwerfen Hidschabs für den Gerichtsalltag. Die beiden Rechtsreferendarinnen aus Großbritannien möchten damit muslimischen Frauen helfen, die richtige Kleidung für den Gerichtssaal zu finden. Die beiden lernten sich während ihres Jurastudiums in Leeds kennen und arbeiten inzwischen beide in der auf Strafrecht spezialisierten Kanzlei Doughty Street Chambers. Ihr Hijab speziell für Juristinnen kam im März 2021 auf den Markt und wird über die Website von Ivy & Normanton (https://ivyandnormanton.com/) verkauft.

“Um die Vielfalt in der Anwaltschaft weiter zu fördern, müssen wir sicherstellen, dass diejenigen, die nicht dem weißen, männlichen Stereotyp entsprechen, das nötige Handwerkszeug haben, damit andere junge Menschen sie sehen und glauben können, dass auch sie einen Platz in diesem Beruf haben”, so die beiden Juristinnen.

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