Reichsbürger: Ein Notar, der keiner mehr ist und ein gefeuerter Polizist

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Unter Reichsbürgern finden sich Verschwörungstheoretiker, Populisten und Rechtsextreme. Sie alle haben eines gemeinsam: Sie lehnen die Existenz des deutschen Staates und unsere demokratischen Grundwerte ab. Dafür berufen sie sich auf die verrücktesten Begründungen und ziehen beispielsweise altes Besatzungsrecht heran. Für Behörden und Gerichte werden die radikalen Reichsbürger (ja, es sind überwiegend Männer) immer mehr zum Problem. Wie jetzt auch zwei kuriose Fälle zeigen, in denen es um einen Notar und einen Polizisten ging.

Abgabe an die zuständige Militärgerichtsbarkeit

Ein Jurist, der zur Reichsbürger-Szene gehört, darf die Bezeichnung “Notar außer Dienst” nicht mehr führen. Das bestätigte inzwischen auch der Bundesgerichtshof (BGH, Beschl. v. 14.03.2022, AZ. NotZ(Brfg) 1/22).

Was war geschehen? Der Kläger war Notar und durfte ab 2015 seine frühere Amtsbezeichnung mit dem Zusatz “außer Dienst” führen. 2020 wurde diese Erlaubnis widerrufen, weil der Mann der Reichsbürgerszene zuzuordnen war. Die gegen diesen Bescheid erhobene Klage hat das Oberlandesgericht Celle abgewiesen, wobei es tragend auf die inzwischen erfolgte Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gegen den Mann abgestellt hatte. Der Kläger, der sich als Staatsangehöriger des Königreichs Preußen bezeichnet, beantragte, die Berufung gegen dieses Urteil zuzulassen. Zur Begründung führt er aus, es gebe “keinerlei Nachweis der Legitimität und Legalität aus einem nicht nachgewiesenen hoheitlichen Bereich, der die Legitimität jeglicher hoheitlicher Handlungen gegenüber dem Unterzeichner rechtfertigen würde.” Es sei die Abgabe an die zuständige Militärgerichtsbarkeit verlangt worden. Derzeit seien ausschließlich die Alliierten zuständig. Spätestens seit dem Jahre 1990 habe das Grundgesetz mangels konkreten Geltungsbereichs keine Gültigkeit mehr. Die Bundesrepublik Deutschland existiere nicht als Staat, sie habe vielmehr den Charakter einer Firma. Reichsbürger Talk in Reinform also!

Aber es wird noch kurioser. Der BGH wies die Berufungszulassung in exakt einem – sehr eindeutigem – Satz zurück. Dieser lautet: “Dies ist schlicht absurd und nicht geeignet, einen Berufungszulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 111d BNotO darzutun.” Chapeau! Wir verneigen uns, liebe BGH-Richter:innen.

Migrant:innen im Berliner Flughafen und im Stuttgarter Bahnhof

Ganz ähnlich erging es auch einem Hauptkommissar, der jetzt kein Beamter mehr ist. Das Verwaltungsgericht Hannover entfernte ihn wegen seiner Nähe zur Reichsbürger-Bewegung aus seinem Beamtenverhältnis. Das VG gab einer Disziplinarklage statt (VG Hannover, Urt. v. 28.04.2022, Az. 18 A 3735/21).

Und wieso? Der Mann hatte auf verschiedenen öffentlichen Veranstaltungen unter anderem der „Querdenkerszene“ Verschwörungstheorien verbreitet sowie staatliche Institutionen und deren Organe verunglimpft. Unter anderem hatte er einen Staatsangehörigkeitsausweis verlang, in dem als Geburtsland “Preußen” angegeben sein sollte. Damit habe der Polizeibeamte gegen die Pflicht, sich als Beamter zur freiheitlich demokratischen Grundordnung zu bekennen, verstoßen. Denn er habe ein besonderes Dienst- und Treueverhältnis zum Staat.

Außerdem habe der Kriminalhauptkommissar seine Kolleg:innen aufgefordert, sich in der Coronakrise mehr ihrem Gewissen als dem Gehorsam verpflichtet zu fühlen. Zudem habe er beispielsweise behauptet, dass unter dem Flughafen in Berlin und dem Bahnhof in Stuttgart Bunker errichtet werden, in denen sich Migrant:innen aufhalten, die darauf vorbereitet werden, gegen das deutsche Volk aufzubegehren. Zur Überzeugung der Disziplinarkammer stand deswegen fest, dass der Beamte gegen seine Treuepflicht, gegen das Mäßigungs- und Zurückhaltungsgebot und gegen die Wohlverhaltenspflicht verstoßen und ein schweres Dienstvergehen begangen habe. Das Gericht entfernte den Mann aus dem Beamtenverhältnis. Zu Recht!


Es ist nicht das erste Mal, dass wir über Reichsbürger:innen berichten. So wurde in Baden-Württemberg ein Reichsbürger wegen Urkundenfälschung verurteilt, weil er einen Pass vom “Deutschen Reich” hatte. Vor dem BGH scheiterte derweil ein Reichsbürger, der seine Zulassung als Rechtsanwalt zurückhaben wollte. Und einer pensionierte Lehrerin aus Rheinland-Pfalz wurde ihr Ruhegehalt gestrichen, weil sie Reichsbürger-Äußerungen tätigte.

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