Dass es in den deutschen Amateurligen nicht immer glimpflich von statten läuft, ist mittlerweile keine Neuheit. Schlägereien, Pöbeleien und laute Schiedsrichterpfiffe bilden das Maß der Dinge. Einen Moment: Schiedsrichterpfiffe? Ja, da habt ihr richtig gelesen. Auch Schiedsrichter:innen müssen sich neuerdings zurückhaltender mit ihren Trillern verhalten. Ein ehrenamtlicher Schiedsrichter aus Wiesbaden dürfte das erste Opfer seiner Art sein.
Der Vorfall dreht sich um den deutschen Amateurschiedsrichter Pierre Hackler. Er leitete an einem Sonntagnachmittag im Oktober 2018 ein Kreisliga Spiel zwischen dem SpVgg Sonnenberg II und dem DJK 1. SC Klarenthal II. Als es im Verlauf des Fußballspiels zu einer Rudelbildung kam, griff der Unparteiische zu seiner Trillerpfeife und setzte sie zur Beruhigung des Spiels ein. In unmittelbarer Nähe befand sich ein Spieler der Gäste, der durch den Pfiff nachweislich bleibende Schäden – einen sog. Tinnitus – im linken Ohr trug.
„So einen lauten Pfiff hatte ich noch nie gehört. Ich habe den Schiedsrichter angeschrien und mehrmals gefragt, was das soll“, äußerte der Betroffene, der nach diesem Vorfall wegen einer Beleidigung vom Platz geschickt wurde. So die hessenschau. Daraufhin verklagte der Spieler den Unparteiischen wegen Körperverletzung und zur Zahlung von Schadensersatz.
Keine Nachsicht mit dem Schiedsrichter
In einem ersten Prozess im Jahre 2020 wurde Hackler zur Leistung von 80 Sozialstunden verurteilt, die er bei seinem Heimatverein ableistete. In einem weiteren zivilrechtlichen Verfahren forderte der Kläger eine Schadensersatzzahlung in Höhe von 2.500 Euro – einer zwischenzeitlich erhöhten Forderung von 5.000 Euro bewilligte das Gericht nicht. Zu Beginn des Zivilverfahrens erhoffte sich der ehrenamtliche Schiedsrichter laut kicker.de ein schnelles und befriedigendes Ende: „Der Richter hat das ganze zunächst belächelt, da dachte ich, das könnte auf einen Freispruch hinauslaufen. Aber ich hatte das Gefühl, er wollte das ganze Verfahren nicht in die Länge ziehen, also hat er uns einen Vergleich nahegelegt.“
Im Verlauf des Prozesses äußerte sich Hackler kritisch zur Situation und verwies darauf, dass er sich nicht bei jedem Pfiff nach links und rechts umschauen könne und es ein Unding sei, Schiedsrichter wegen Pfiffen im Rahmen ihrer Spielleitung anzuklagen oder zu verklagen. Nach einem Gespräch mit seinem Anwalt entschied er sich dazu, dem empfohlenen Vergleich des Richters nachzukommen: Geeinigt wurde sich auf eine Entschädigung in Höhe von 2.500 Euro. Ein weiterer Gerichtsgang bürge die Gefahr eines zu hohen finanziellen Aufwands. „Das war dann wohl der teuerste Pfiff Deutschlands“, gab er ironisch zum Ende des Zivilprozesses von sich.
Keine Rückendeckung des Verbands
Doch neben dem ganzen Prozess enttäuschte den Unparteiischen viel mehr die mangelnde Unterstützung seines Verbandes. „Vom Verband kam keine Reaktion. Es wäre doch gut, wenn sie kommen und sagen: ‘Wir stehen zu unseren Schiedsrichtern’. Das wollen ja auch alle anderen Schiedsrichter sehen, die am Wochenende wieder überall in Deutschland auf dem Platz stehen werden“, berichtete fumsmagazin.de.
Ein Pfiff veränderte die Laufbahn des Amateurschiedsrichters Hackler. Neben 80 zu leistenden Sozialstunden und einer Schadenskompensierung in Höhe von 2.500 Euro, stand er zum Ende hin allein ohne Rückendeckung durch seinen Verband da. Auf das Ende des Prozesses folgte der Rücktritt von einer langen Schiedsrichterlaufbahn. Seit dem Vorfall hat Hackler die Trillerpfeife zur Seite gelegt.
Nicht kurios genug? „Grobes Foulspiel begründet Anspruch auf Schmerzensgeld“ (JURios berichtet).
Fundstelle: https://www.hessenschau.de/