Wie sich Kanzleimarketing durch die Digitalisierung verändert

Zwar ist Deutschland – und allen voran die Anwaltschaft – was die Digitalisierung angeht, noch immer ein Entwicklungsland. Doch spätestens die Coronapandemie hat auch Anwält:innen dazu gezwungen, umzudenken. Wir haben uns umgesehen, wie die Digitalisierung das Kanzleimarketing in den letzten Jahren verändert hat und wie das Kanzleimarketing der Zukunft aussieht.

Elektronische Anwaltspostfach (beA), digitale Mandantengespräche, E-Akten und Kanzlei Software. Bei der Organisation einer Anwaltskanzlei gibt es viel Digitalisierungspotential. Abläufe können so effizienter gestaltet werden – und die Arbeit wird ortsunabhängig. Das ist gerade bei vielen Gerichtsterminen und weiten Anreisewegen eine unglaubliche Entlastung. Aber auch beim Kanzleimarketing tut sich viel. Denn Covid-19 und die Wirtschaftskrise hat den Konkurrenzdruck in der Branche erhöht und die Digitalisierung befeuert.

Das Thema Marketing war in der Anwaltschaft schon immer ein diffuses Thema. Denn kaum ein Beruf ist dabei so streng reglementiert. Dabei umfasst das Kanzleimarketing alle Werkzeuge und Kommunikationsmittel, die das Marketing im online und offline Bereich zur Kundenansprache bietet und verfolgt primär zwei Ziele: die Steigerung der Sichtbarkeit der Anwält:innen mit der damit verbundenen Mandatsakquise sowie die Gewinnung neuen Personals. Denn der Anwaltschaft gehen die Fachkräfte aus – immer mehr Rechtsanwaltsfachangestellt:innen wechseln auf Grund der schlechten Bezahlung in andere Branchen, wo sie als Büropersonal gerne gesehen sind.

Das Problem? Vor der Coronapandemie wurde die Mandantenakquise in vielen Kanzleien eher beiläufig “miterledigt”. Man setzte auf sein lokales Netzwerk, Mundpropaganda und einen festen – aber wachsenden – Mandantenstamm. Werbeanzeigen waren konservativ gehalten und erschienen in der lokalen Zeitung.

Das Potential der Kanzeleiwebsite blieb oft ungenutzt

Modernere Kanzleien – und vor allem junge Anwält:innen – nutzen außerdem eine klassische Homepage. Auf dieser befand sich aber häufig nicht mehr als die Namen der Anwält:innen, die vertretenen Rechtsgebiete und die Kontaktdaten. Das Potential dieser Websites blieb dabei aber häufig ungenutzt. Das Design war eher altbacken, ein Google-Eintrag war nicht vorhanden und von Suchmaschinenoptimierung hatte man noch nie etwas gehört. Die Website enthielt weder weiterführende Informationen für die Mandantschaft, noch aktuelle Informationen in Form eines Newstickers oder Blogs, noch eine Anknüpfung an Social Media Kanäle und erst Recht kein Employer Branding.

Ein großer Fehler. Denn aus der Pandemie als Gewinner:innen hervorgegangen, sind laut Haufe vor allem diejenigen Kanzleien, die

  1. ihre Kanzleistrategie umfassend und grundlegend neu aufgestellt haben,
  2. ein darauf abgestimmtes Marketing- und Akquisekonzept entwickelt haben und
  3. mutig neue und moderne Formate außerhalb ihrer Komfortzone einfach ausprobiert haben.

Welche Marketing-Möglichkeiten gibt es für Kanzleien und Einzelanwält:innen aber konkret – abseits der statischen Kanzleiwebsite?

Blogbeiträge & Newsletter

Eine Möglichkeit, um altmodische Kanzleiwebsite “aufzupeppen” und ins 21. Jahrhundert zu bringen, sind Tools, die eine aktuellere Kommunikation mit der eigenen Mandantschaft erlauben und dabei die Sichtbarkeit im Netz erhöhen. Der Klassiker: ein eigener Blog. In diesem können Anwält:innen über aktuelle Gerichtsentscheidungen informieren und nützliche Tipps & Tricks mit ihrer Mandantschaft teilen. Eine Strafverteidigerin kann hier beispielsweise über das Schweigerecht des Mandanten aufklären. Ein auf Mietrecht spezialisierter Anwalt kann aktuelle BGH-Rechtsprechung zu Kündigung und Mängelrechten veröffentlichen. Allerdings darf die Arbeit, die ein solcher Blog verursacht, nicht unterschätzt werden. Denn nur ein aktueller Blog mit interessanten Inhalten, ist ein guter Blog. Blogbeiträge haben aber automatisch auch den Vorteil, dass Menschen – und potentielle Mandant:innen – die Website finden, die überhaupt nicht konkret nach anwaltlicher Vertretung gesucht haben. Denn Schlüsselwörter im Beitrag wie z.B. “Schweigerecht” oder “Muss ich bei der Polizei aussagen” spülen viele neue Internetnutzer:innen auf die Seite.

Mandant:innen, die mit der Arbeit ihrer Anwält:innen zufrieden sind und nach ein paar Jahren erneut mit einem neuen Fall in der Kanzlei aufschlagen, sind in der Anwaltschaft gerne gesehen. Den Kontakt mit solchen Mandat:innen hält man beispielsweise sehr einfach über einen Newsletter. Interessierte Mandant:innen hinterlassen ihre E-Mail-Adresse und werden so z.B. einmal im Monat über Neuigkeiten juristischer oder organisatorischer Art informiert.

Social Media & Personal Branding

Die neue Generation der Jurist:innen ist mit den Sozialen Medien aufgewachsen. Sie wissen, was Lawfluencer und Studygrams sind. Nämlich Jurastudent:innen und/oder Jurist:innen, die über das Jurastudium oder ihren Beruf in den Sozialen Netzwerken berichten. Meist ausgeschmückt mit schicken Fotos und peppigen Texten. Ganz so unseriös sollte es in der Anwaltschaft natürlich nicht zugehen. Trotzdem ist das Thema Social Media auch aus dem Kanzleimarketing nicht mehr wegzudenken. Viele moderne, junge – und bundesweit tätige – Anwaltskanzleien haben ihre Mandantschaft inzwischen über die Sozialen Medien gewonnen. Man denke nur an den Youtube-Anwalt “Herr Anwalt”, den Youtube-Kanal der Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE oder den Instagram-Auftritt von “Clever Law”.

Durch den strategischen Aufbau der eigenen Person oder der eigenen Kanzlei in den Sozialen Netzwerken kann man eine enorme Sichtbarkeit und Reichweite generieren. Und damit sowohl Mandant:innen als auch Personal gewinnen. Und das völlig ortsunabhängig. Auf diesem Weg kann auch eine Dorf-Kanzlei die eigene Mandantschaft auf ganz Deutschland ausdehnen – falls gewünscht. Und auch die Vernetzung mit den juristischen Kolleg:innen ist ein großer Gewinn. Ein großer Vorteil: Social Media Präsenzen sind grundsätzlich komplett kostenlos. Damit sind Social Media Kanäle ein unglaublich effizientes, aber gleichzeitig kostenloses Werbemittel – lediglich Zeit muss in die Kanäle natürlich investiert werden.

Webinare, Vorträge und Podcasts

Beim Kochen, im Zug und zum Einschlafen: Podcasts waren noch nie so beliebt wie heute! Und ein Medium, das viele Menschen erreicht, ist ein gutes Marketing-Instrument. Kein Wunder, dass es inzwischen auch diverse Kanzleipodcasts gibt. In diesem plaudern Anwält:innen aus dem Nähkästchen und besprechen aktuelle Rechtsthemen. Das kann auch für Laien interessant sein. Deswegen hat JURios 2021 auch erstmals einen deutschlandweiten Podcast-Preis für Kanzleien, Lawfluencer und Co. vergeben.

Aber auch Webinare und Live-Netzwerktreffen haben während Corona einen wahren Ansturm erlebt. Anwält:innen können sich dort entweder unterschwellig mit Kolleg:innen austauschen oder die digitalen Treffen nutzen, um Mandantenfragen zu beantworten. Gerade “Erklärvideos” bezüglich einfacher Rechtsfragen erreichen eine enorme Reichweite. Der Vorteil: Diese Inhalte sind auch noch nach Monaten im Netz zu finden. Ein einmal produzierter Inhalt verliert nicht an Qualität, sondern lockt auch noch nach einiger Zeit neue Mandant:innen an. Dabei gilt: je höher das Ranking bei Google, desto eher werden die Inhalte gefunden. Und desto größer der Nutzen für das Kanzleimarketing.

Langfristig online relevant bleiben!

Kanzleien, die über die reine Mundpropaganda hinaus neue Mandat:innen im Internet gewinnen wollen, kommen heute also nicht drumherum, sich mit dem digitalen Kanzleimarketing vertraut zu machen. Eine aktuelle (!) Website sollte inzwischen jede Kanzlei haben. Darüber hinaus ist es aber gut, wenn man gleich mehrere verschiedene Werbe-Tools benutzt. Also beispielsweise einen Blog und ein Instagram-Profil. Oder einen Newsletter und einen Youtube Kanal. Je mehr Kanäle bespielt werden, desto größer die Reichweite. Die wahre Herausforderung: guten, authentischen Content für diese vielen Profile zu kreieren. Denn ein Podcasts, der sterbenslangweilig ist, wird nicht gehört und erstrecht nicht weiterempfohlen. Ein Blog oder eine Facebookseite, die sind aktuell sind, locken keine Leser:innen an.

Die nächste Frage, die sich Anwält:innen deswegen stellen sollten, ist die, wer die juristischen Inhalte für sie konzipiert, schreibt und veröffentlicht. Dabei können Marketing-Agenturen helfen. Oft genügt es aber auch bereits, sich dabei tatkräftig von einer wissenschaftlichen Hilfskraft unterstützen zu lassen.


JURios wünscht viel Freude und Erfolg mit dem Kanzleimarketing. Sie haben Fragen oder benötigen Unterstützung bei der Erstellung von qualitativ hochwertigen Juratexten? Schreiben Sie uns unverbindlich unter: info@jurios.de

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Redaktion
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JURios. Kuriose Rechtsnachrichten. Kontakt: redaktion@jurios.de

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